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EIDOLON: …wenn man sich vom eigenen Album überraschen lassen kann

Viele Jahre hat EIDOLON-Schlagzeuger Shawn Drover an der Karriere seiner Band gearbeitet. Dabei konnte er deren Bekanntheitsgrad immer weiter ausbauen, musste gleichzeitig aber mit vielen Schwierigkeiten kämpfen – nicht zuletzt ist in der Band mit Nils K. Rue bereits der dritte Sänger am Start. Nachdem seit dem letzten Album "Apostles of Defiance" drei Jahre vergangen sind – für EIDOLON-Verhältnisse eine ungewöhnlich lange Zeit -, hat man es im Jahr 2006 mit einem rundum glücklichen Musiker zu tun. Durch seinen Einstieg bei MEGADETH ist er in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit der Musik zu bestreiten, mit dem neuen Frontmann haben EIDOLON einen echten Wunschkandidat gefunden, das neue Album bekommt hervorragende Kritiken und am Tag unseres Interviews kann Shawn seine nunmehr 18-jährige Tochter zu deren Schulabschlussveranstaltung begleiten. Es scheint die beste Zeit seines Lebens und vielleicht ist das einzige, was er momentan zu befürchten hat die Tatsache, dass sein 15-jähriger Sohn derzeit hart daran arbeitet, seinen Drummer-Posten bei MEGADETH zu übernehmen…

Viele Jahre hat EIDOLON-Schlagzeuger Shawn Drover an der Karriere seiner Band gearbeitet. Dabei konnte er deren Bekanntheitsgrad immer weiter ausbauen, musste gleichzeitig aber mit vielen Schwierigkeiten kämpfen – nicht zuletzt ist in der Band mit Nils K. Rue bereits der dritte Sänger am Start. Nachdem seit dem letzten Album Apostles of Defiance drei Jahre vergangen sind – für EIDOLON-Verhältnisse eine ungewöhnlich lange Zeit -, hat man es im Jahr 2006 mit einem rundum glücklichen Musiker zu tun. Durch seinen Einstieg bei MEGADETH ist er in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit der Musik zu bestreiten, mit dem neuen Frontmann haben EIDOLON einen echten Wunschkandidat gefunden, das neue Album bekommt hervorragende Kritiken und am Tag unseres Interviews kann Shawn seine nunmehr 18-jährige Tochter zu deren Schulabschlussveranstaltung begleiten. Es scheint die beste Zeit seines Lebens und vielleicht ist das einzige, was er momentan zu befürchten hat die Tatsache, dass sein 15-jähriger Sohn derzeit hart daran arbeitet, seinen Drummer-Posten bei MEGADETH zu übernehmen…

Das neue Album birgt einige Überraschungen…

Oh ja, um ehrlich zu sein auch für uns. Ich habe das Album geschrieben, wir haben die Musik aufgenommen und die Sachen dann an Nils verschickt, damit er die Vocals einsingen kann. Das hatten wir zuvor noch nie gemacht, ich habe mich bislang um alle Melodien und Texte gekümmert. Ich wusste, dass Nils sehr gut im Schreiben von Gesangslinien und Lyrics ist, und ich habe ihn gebeten auch das dieses Mal zu übernehmen. Er hätte das eh machen wollen. Als wir das Album von ihm zurückbekamen, hatten wir es selbst noch nie zuvor gehört. Wenn du von dem Album also überrascht warst, dann kann ich nur sagen, dass es mir genauso ging. Ich habe auch meine Zeit gebraucht, bis ich mich an einige Sachen gewöhnt habe, weil sie einfach anders sind als das, was wir bislang gemacht haben. Aber je öfter ich es mir angehört habe, desto großartiger fand ich es. Viele Dinge hätte ich selbst so nie machen können. Nils ist vieles ganz anders angegangen als ich. Er hat eine hervorragende Arbeit abgeliefert – ich könnte nicht glücklicher damit sein. Aber es braucht einige Durchläufe, weil er einige recht abgedrehte Sachen eingebaut hat. Du kannst dir das keine zwei Mal anhören und glauben, du hättest das gesamte Album begriffen. Aber genau so soll es auch sein.

Das neue Album ist definitiv vielschichtiger als alle anderen zuvor, teilweise könnte man es auch schon problemlos in die Prog-Schublade stecken. Wie sehr hat Nils aber tatsächlich diese Entwicklung beeinflusst? Oder sagen wir so: Als ihr die Zusage von Nils hattet, war sofort klar, dass das Album diese Richtung einschlagen wird?

Der Unterschied war der, dass – auch wenn ich unsere ehemaligen Sänger nach wie vor als hervorragende Sänger betrachte – sie doch nur bis zu einem bestimmten Punkt gehen konnten. Brian ist ein sehr melodischer Sänger, aber er konnte heftige oder verrückte Sachen nur begrenzt singen. Pats Repertoire ging ein Stück weiter, aber auch er kam nur bis zu einer bestimmten Grenze. Von daher war ich limitiert, weil ich beim Songwriting auf die Reichweite der Sänger achten musste. Deshalb war für uns klar, dass es beim nächsten Sänger keine Rolle spielt, wo er wohnt oder ob wir gemeinsam proben können, sondern er sollte genau das umsetzen können, was wir wollten. Um deine Frage zu beantworten: Als er zusagte, wusste ich, dass ich schreiben kann, was auch immer ich wollte, und er würde das singen können. Und wenn du dir das Album anhörst, dann spricht das Ergebnis für sich selbst. In der Vergangenheit konnte ich nicht immer machen, was ich wollte, verstehst du?

Absolut, denn letztendlich habt ihr jetzt sogar einen Sänger in der Band, mit dem ihr sogar MERCYFUL FATE covern könnt. Ganz ehrlich: Ist das wirklich Nils, der da singt?

(lacht) Ist das nicht unglaublich?

Ziemlich. Ich habe noch nie einen Sänger gehört, der so nahe an den King rankommt.

Und genau deshalb haben wir den Song gecovert. Wie viele Bands könnten einen MERCYFUL FATE– oder KING DIAMOND-Song covern und dabei so nah an das Original rankommen? Sie könnten ihre eigene Version machen. Speziell da Glen bei KING DIAMOND spielte, gebot es der Respekt, dass wir versuchten, so nah wie möglich am Original zu bleiben. Ansonsten hätte ich es nicht machen wollen. Wenn wir einen Coversong spielen, dann wollen wir das so gut wie möglich machen und da wir wussten, dass Nils wie King Diamond singen kann, haben wir es getan. Und erneut waren wir total aus dem Häuschen, als wir die Aufnahmen zurückbekamen – Jesus Christus, das ist verrückt! Wir sind total glücklich damit, wie es geworden ist.

Ich war ehrlich gesagt auch ziemlich überrascht, dass Nils sich wirklich komplett für die Lyrics verantwortlich zeigt. Warst du tatsächlich überhaupt nicht involviert oder hast du Nils eventuell Themen vorgegeben, die er dann umsetzen sollte?

Als wir darüber geredet haben – und ich kenne seine Herangehensweise an die Texte von PAGAN´S MIND her -, habe ich ihm einfach gesagt: Weißt du was, kümmere du dich einfach darum. Es ist mir egal, ich bin mir sicher, dass es großartig wird, nimm es auf uns schick es uns. Und als wir die Sachen bekamen wussten wir natürlich nicht, was auf uns zukommt. Tief in mir war ich sicher, dass es klasse werden wird, aber ich wusste nicht, dass es so großartig werden würde. Ich würde absolut nichts auf dem Album ändern wollen. Alles was du hörst, kommt genau so von Nils, wir wollten nichts daran verändern.

Dennoch erscheinen die Texte sehr stark in der Tradition des bisherigen EIDOLON-Schaffens.

Wir haben ihm im Vorfeld unsere Alben geschickt und ich denke, er wusste, in welche Richtung wir gehen. Ihm war klar, dass unsere Musik düsterer ist als die von PAGAN´S MIND, und er wollte sicher genauso eine Trennung zwischen seiner Band und EIDOLON. Es hätte keinen Sinn ergeben, über die gleichen Themen zu singen. Wir haben ihm da auch ganz vertraut, dass er nicht mit Texten über Weiber aufreißen und diesem ganzen Rock´n´Roll-Bullshit ankommt. Unsere Lyrics waren schon immer so, dass der Zuhörer nicht sicher ist, ob er genau weiß, um was es geht. Ich mag das und Nils hat das genau so umgesetzt.

Welches sind deine textlichen Favoriten?

Um ehrlich zu sein, habe ich keinen Favoriten. Ich betrachte mehr das Album im Ganzen. Es ist kein Konzept-Album, aber ich könnte mich da jetzt nicht für einen bestimmten Song entscheiden. Ich mag alle Themen. Ich gehe an das Album nicht derart ran, dass ich mir einen bestimmten Song herauspicke und den vor die anderen stelle. Mir geht es um das Album im Ganzen.

Eidolon
Als wir das Album von ihm (Nils) also zurückbekommen haben, hatten wir es selbst noch nie zuvor gehört. Wenn du von dem Album also überrascht warst, dann kann ich nur sagen, dass ich das genauso war. – Shawn Drover

Habt ihr euch über die Texte unterhalten? Hast du mit Nils schon mal über die Geschichten geredet?

Eigentlich nein. Wir sind nie hingesessen und haben über die Texte diskutiert, weder zuvor, noch danach. Im Grunde habe ich ihm einfach gesagt, dass er einen fantastischen Job abgeliefert hat und das war´s.

Nun war das Texte schreiben für dich ja aber schon immer ein Ventil. Vermisst du das nicht?

Eigentlich nicht. Es war schön, dass es jemand anderer gemacht hat. Ich habe jetzt für sechs oder sieben Alben die Texte geschrieben; ich habe mich um alles gekümmert und das ist sehr viel Arbeit. Als ich die Musik für das Album geschrieben und die Drums in Schweden eingespielt habe, bin ich eine Woche später bei MEGADETH eingestiegen. Ab diesem Zeitpunkt spielte alles verrückt. Ich hätte gar nicht genug Zeit gehabt, um mich derart um die Lyrics zu kümmern, wie das hätte sein müssen. Da Nils das eh übernehmen wollte und ich nicht die Zeit hatte, war es die richtige Entscheidung. So haben wir auch vermieden, dass Nils eventuell Probleme gehabt hätte, sich in die Lyrics reinzufinden. Es ist besser für ihn: Er schreibt die Texte, schreibt die Melodielinien und singt alles ein – es ist seine Vision. Ich war sehr glücklich darüber, dass ich diesbezüglich eine Pause einlegen konnte und hatte überhaupt keine Probleme damit.

Wir haben uns eigentlich schon in jedem Interview über die Coverartworks unterhalten und auch dieses Mal möchte ich die Frage danach stellen. Was ich auf dem Cover sehe, ist erneut der Chain-Guy, der endgültig die Grenze zwischen dieser parallelen Anderswelt, die ihr kreiert habt, zu unserer realen Welt durchbrochen hat.

Ich denke, damit bist du sehr nah dran. Wir haben Nils darum gebeten, uns einige Titel für das Album vorzuschlagen, und er kam mit acht oder zehn Stück an. Der erste Song hat den Titel Parallel Otherworld und den fand ich hervorragend. Ich gab Jan den Titel und er kam mit ein paar sehr coolen Ideen an. Wie du sagst, kommt der Chain Guy aus dem Wasser in unsere reale Welt und sieht dabei sehr menschlich aus. Unterhalb des Wassers siehst du aber diese Tentakeln und Ketten. Es ist, als hätte er sich befreit, aber man weiß nicht, ob es wirklich so ist. Du solltest mich beim nächsten Album fragen, was aus ihm geworden ist (lacht).

Die letzten EIDOLON-Alben erschienen alle innerhalb einer sehr kurzen Zeit. Abgesehen davon, dass ihr bei MEGADETH eingestiegen seid und einen neuen Sänger finden musstet, der nun in einem ganz anderen Teil der Welt wohnt, dauerte es bis zur Fertigstellung des Albums doch sehr lange. Wie würdest du die Arbeit an diesem Album aus deiner persönlichen Sicht beschreiben?

Es war natürlich ganz anders. Bei Metal Blade haben wir vier Alben in vier Jahren veröffentlicht; wenn man den Zero Hour-Re-Release dazuzählt, waren es fünf. Und das war unser 5-Album-Deal mit Metal Blade. Nachdem wir damit fertig waren, wollten wir erst einmal ein Jahr Pause einlegen. 2003 waren wir in Wacken, und wie du weißt, haben wir dort auch Nils zum ersten Mal getroffen. Nachdem wir dann ein Jahr pausiert hatten, gingen Glen und ich ans Songwriting und alles war wie üblich durchgeplant. Das Label hatte allerdings vorgeschlagen, dass ich die Drums in Schweden aufnehmen sollte, und so haben wir das auch gemacht. Genau zu diesem Zeitpunkt fing dann der verrückte Teil an, Glen stieg einen Tag vor meinem Abflug nach Schweden bei MEGADETH ein, ich spielte das Schlagzeug ein und fünf oder sechs Tage, nachdem ich wieder zu Hause war, war ich ebenfalls bei MEGADETH. Wir mussten die Aufnahmen für eine Weile beenden, da wir sofort auf Tour gingen – ich flog gleich für fünf Tage nach Phoenix/Arizona um zu proben und dann ging es los. Sobald wir eine kurze Pause hatten, kümmerte sich Glen um die Gitarrenaufnahmen. Bei jeder Tourunterbrechung nahmen wir ein weiteres Stück auf. Als die Tour ein Jahr später beendet war, kümmerten wir uns darum, die Aufnahmen abzuschließen. Genau deshalb dauerte es etwas länger. Wir wollten nichts überstützen, einfach um ein Album aufzunehmen, sondern wir wollten uns die notwendige Zeit dafür nehmen. Durch die Tour mit MEGADETH hatten wir viel Zeit, uns die Sachen immer wieder anzuhören. Insgesamt waren es fast drei Jahre, die wir für das Album benötigten, und meiner Meinung nach war es das wert, denn es ist aus meiner Sicht in jedem Fall unser bislang bestes Album. Die Arbeiten waren aber definitiv anders als je zuvor. Bislang haben wir innerhalb von zwölf Monaten ein Album aufgenommen, aber in unserem Leben hat sich einfach auch alles verändert.

Die bisherigen Aufnahmen waren ja aber immer sehr konzentriert – da gab es EIDOLON und nichts anderes. Denkst du im Nachhinein, dass es für ein Album gut ist, wenn man ab und zu mal Abstand bekommt und nochmal darüber nachdenken kann, was man bislang für das Album gemacht hat?

Natürlich. Es ist immer besser, wenn man mehr Zeit hat und sich die Sachen nochmals anhören kann, um dann vielleicht die ein oder andere Änderung vorzunehmen. Bislang ging immer alles sehr schnell, aber letztendlich verlangte unser Vertrag mit Metal Blade auch, dass wir alle zwölf Monate ein Album veröffentlichen. Und genau das haben wir gemacht. Das war kein besonderer Druck, wir waren es gewohnt so zu arbeiten. Jetzt würde ich mir zurückblickend wünschen, dass wir uns manchmal mehr Zeit genommen hätten. Es war dieses Mal einfach so viel anders. Auf Tour hatten wir immer die aktuellen Aufnahmen auf CD dabei und konnten uns darüber unterhalten, was wir vielleicht anders machen sollten. Das hat wirklich sehr gut funktioniert. Wir waren sehr glücklich, dass wir so viel Zeit hatten.

Eidolon
Wie du sagst, kommt der Chain Guy aus dem Wasser in unsere reale Welt und sieht dabei sehr menschlich aus. Unterhalb des Wassers siehst du aber diese Tentakeln und Ketten. Es ist, als hätte er sich befreit, aber man weiß nicht, ob es wirklich so ist. Du solltest mich beim nächsten Album fragen, was aus ihm geworden ist. – Shawn Drover zum Coverartwork des neuen Albums

Wenn ich die News auf eurer Homepage durchgelesen habe, hatte ich manchmal das Gefühl, dass wenn man zwischen den Zeilen liest, man den Eindruck gewinnen konnte, als wäre Parallel Otherworld eventuell das letzte EIDOLON-Album für eine sehr lange Zeit. Täusche ich mich da oder gab es eine Zeit, als ihr vielleicht selbst nicht so recht wusstet, wie es mit EIDOLON in Zukunft weiter gehen wird?

Eigentlich nicht. Du hast Recht, nach diesem Album werden wir eine Pause einlegen. Wir sind mit MEGADETH wirklich sehr beschäftigt und ebenso hat Nils sehr viel zu tun – er ist neben PAGAN´S MIND auch noch bei einem Musical engagiert. Ich denke, es wäre nicht richtig, jetzt ein EIDOLON-Album zu machen, weil wir es unbedingt wollen oder weil die Fans angepisst sind, wenn wir es nicht machen. Es ist gut, dass wir dieses Album gemacht haben, der Vertrag mit Escapi beläuft sich auf ein Album und nach Parallel Otherworld werden wir genau wie nach dem letzten Album eine Pause einlegen und sehen, wie es dann weiter geht. Ich werde nicht sagen, dass wir kein Album mehr veröffentlichen, denn natürlich werden wir das tun. Aber ich weiß nicht, ob es in zwei oder fünf Jahren der Fall sein wird. Es gibt keine Notwendigkeit, dass wir nächstes Jahr ein Album veröffentlichen. Wir sind so beschäftigt, dass momentan die Zeit nicht da wäre, ein sauberes EIDOLON-Album zu machen. Es ist meiner Meinung nach besser, wenn wir uns Zeit lassen.

Nachdem ihr mit EIDOLON ja schon sehr lange im Geschäft seid und ihr ja auch immer sehr hart an eurer Karriere gearbeitet habt – wie sehen eure Ziele heutzutage aus? Sind sie anders, als vielleicht 5-10 Jahre zuvor?

Ja sicherlich. Ich denke, unser erstes Gespräch fand zum Release von Nightmare World statt und damals wollte ich unbedingt eine Tour in Europa. Eine Tour oder viele Festivals – das war das Hauptziel. Wir konnten Metal Blade nie dazu bringen, dass sie das für uns organisiert haben. Wir gaben ihnen ein neues Album und fragten: Was wollt ihr, dass wir tun sollen? Sie ermöglichten uns nie einen Tour-Support. Nach drei bis vier Alben war uns klar, dass Metal Blade eine EIDOLON-Tour nicht finanzieren werden. Wir haben das BANG YOUR HEAD-Festival und WACKEN gespielt und das war alles – und das ist eine Schande, denn wir wollten spielen! Metal Blade hatten keinen Platz für uns in ihrem Haushalt, um uns eine Tour zu ermöglichen, wie es bei anderen Bands der Fall war, die ständig unterwegs waren. Zu der Zeit hätten wir einfach nicht selbst dafür aufkommen können, wir hätten tausende Dollar verloren, nur um in ein paar Clubs zu spielen. Wir kamen also irgendwann an den Punkt, an dem wir schlicht hofften, dass wir vielleicht das ein oder andere Festival spielen werden. Jetzt ist es so, dass sich unsere Sichtweise komplett geändert hat – mit MEGADETH touren wir auf der ganzen Welt, spielen auf großen Bühnen und schlafen in Hotels. Das ist genau das, was Glen und ich immer machen wollten und es wird uns nun mit MEGADETH ermöglicht. Natürlich hat sich meine Sichtweise dadurch geändert – wenn wir die Möglichkeit haben, mit EIDOLON auf einem Festival zu spielen, dann tun wir das natürlich gerne. Aber da es keine Angebote gibt und wir eh nicht die Zeit haben… vielleicht ergibt sich ja irgendwann wieder die Möglichkeit, wenn wir mit MEGADETH eine Pause haben. Man wird sehen…

Ihr habt wie gesagt immer sehr hart an EIDOLON gearbeitet, der große Erfolg hat sich aber nie eingestellt. Wie war das für dich, als du bei MEGADETH eingestiegen bist und plötzlich am eigenen Leib erfahren hast, dass das Business auch ganz anders funktionieren kann?

Ich betrachte das nicht auf diese Weise. Ich bin jetzt in einer Band, die auf ihre Art legendär ist und nun schon seit zwanzig Jahren in diesem Business bestehen konnte. Killing Is My Business kam 1985 raus und Dave hat sich damals seinen Arsch abgearbeitet, um diesen Erfolg zu erhalten. Ich habe das Glück, dass ich in eine Band einsteigen konnte, die bereits rund um den Globus etabliert ist. Ich käme nie auf die Idee zu fragen, warum MEGADETH so populär ist und wir nicht. Ich bin in eine Band eingestiegen, bei der ich die Musik liebe und jeder in dieser MEGADETH-Organisation ist einfach klasse. Letztendlich konnte ich so einen Wunschtraum erfüllen, denn dieser Touraspekt hat uns auch immer bei EIDOLON angetrieben. Wir wollten immer touren und das können wir jetzt und dazu auch noch auf einem höheren Level, als wie wir es mit EIDOLON je hätten erreichen können. Es fällt schwer, sich darüber zu beklagen. Ich bin glücklich und weiß es zu schätzen.

Zumal es ja eine sehr gute Position ist. Du kannst jetzt von dem Leben, was dir am meisten Spaß macht und was EIDOLON betrifft, hast du weitaus mehr künstlerische Freiheit als je zuvor.

Exakt. Bei EIDOLON mussten wir immer arbeiten. Wir haben nie genug Geld verdient, um davon leben zu können oder eine Familie zu ernähren. Wir mussten immer nebenher arbeiten um unseren Lebensstandard halten zu können. Jetzt hat sich alles geändert und das ist unglaublich. Wenn ich zu Hause bin kann ich mich stets auf EIDOLON konzentrieren, wenn ich das möchte. Ich muss nicht arbeiten und bin dann abends zu müde, um etwas zu tun. Das ist cool. Mit MEGADETH kann ich von der Musik leben und das ist der Wahnsinn, denn die wenigsten Leute können das. Die meisten müssen kämpfen und haben nach einer Tour enorme finanzielle Probleme. Anstatt Geld damit zu verdienen, müssen sie schauen, wie sie die Schulden abzahlen.

Eidolon
Ich weiß nicht, ob es in zwei oder fünf Jahren der Fall sein wird. Es gibt keine Notwendigkeit, dass wir nächstes Jahr ein Album veröffentlichen. Wir sind so beschäftigt, dass momentan die Zeit nicht da wäre, ein sauberes EIDOLON-Album zu machen. – Shawn und sein Bruder Glen (Bild) sind im Herbst 2004 bei MEGADETH eingestiegen

Du kennst nun also diese Major-Seite, aber du kennst auch die Underground-Seite des Businesses durch EIDOLON. Gab es da eine Veränderung in deiner Denkweise, wenn du das Business betrachtest?

Ich sehe es von beiden Seiten. Bei EIDOLON musste ich mich um alles kümmern, bei MEGADETH bin ich überhaupt nicht in die Business-Seite involviert. Dave macht da sehr viel und er hat ein Management und Anwälte – all so verrückte Dinge, von denen ich auf keinen Fall etwas wissen möchte. Ich konzentriere mich auf die Dinge, dich ich zu tun habe. Ich bin froh, dass ich das tun kann und nicht in diese MEGADETH-Maschinerie einsteigen muss, jede Woche freitags zu 5-stündigen Business-Meetings zu gehen und so weiter. Ich würde es eh nicht verstehen. Wenn ich in eine andere Band einsteigen würde, bei der jeder gleichberechtigt ist und jeder sich um alles kümmert, dann wäre das für mich sehr seltsam. Wie gesagt ist MEGADETH etabliert und vieles läuft über Anwälte und Business-Menschen. Ich kann mich bis zu einem gewissen Punkt in geschäftliche Dinge einmischen, aber ich möchte das gar nicht. Ich will mich auf die Musik konzentrieren. Damit bin ich sehr glücklich. Wie du sagst: Das Business ist abgefuckt. Viele wollen dich über den Tisch ziehen und es gibt viele Beispiele dafür, wie Bands auf diese Weise ruiniert wurden. Viele haben trotz vieler Plattenverkäufe nie Geld mit ihrer Musik verdient. Mir hat dieser Scheiß schon immer bei EIDOLON gereicht, ich würde das nie bei MEGADETH machen wollen (lacht).

Mit EIDOLON musstet ihr aber ein paar Business-Entscheidungen treffen. Parallel Otherworld erscheint als erstes Album nicht bei Metal Blade – eine weitere Lektion in Sachen Musik-Zirkus?

Sicher. Aber das gute daran ist, dass wir uns da auf den KING DIAMOND/MERCYFUL FATE-Manager verlassen konnten. Wir kennen ihn seit Jahren, eben seit Glen bei KING DIAMOND spielte, und wir baten ihn, für uns einen Plattenvertrag auszuhandeln. Für mich war das klasse. Wir legten einen bestimmten Prozentsatz für den Deal fest und er besorgte uns innerhalb weniger Monate einen Vertrag. In der Vergangenheit haben Glen und ich das alles selbst gemacht, aber wir haben inzwischen gelernt, dass wenn du einen besseren Vertrag haben möchtest, du besser ein Management oder Anwälte involvierst. Wir haben Ole vollkommen vertraut. Er ist ein prima Kerl und würde uns nie verarschen. Ich bin glücklich, dass er uns geholfen hat.

Ich habe gelesen, dass es sich beim Escapi-Vertrag um einen CD/DVD-Deal handelt. Plant ihr einen DVD-Release?

Das könnte sein, aber ich denke, das müsste etwas sein, wo wir auf irgendeinem Festival spielen. Escapi haben das mit CANDLEMASS oder FORCE OF EVIL gemacht: Sie haben eine Show aufgenommen und das auf DVD veröffentlicht. Wir könnten das auf Grund der ganzen anderen Sachen momentan nicht tun. Ich denke, dieses Thema liegt momentan auf Eis, aber der Deal steht und wenn es eine Gelegenheit gäbe, dann könnte das passieren. Man muss sehen. Momentan ist aber nichts geplant.

Mit diesem Line-Up seid ihr eigentlich exakt seit 3 Jahren zusammen. Ich bin überrascht, dass ihr es bis jetzt noch nicht geschafft habt, zu einer Fotosession zusammen zu kommen. Ihr benutzt immer noch diese alten Bilder, die ihr zu Bandpics zusammenfügt.

Wir mussten das so tun. Es wäre bei uns so, dass wir drei Leute durch die Gegend fliegen müssten, ein Hotel buchen usw. Das wäre alles sehr teuer, nur um ein paar Bilder zu haben. Die Alternative war einfach, ein Bild von uns drei zu nehmen und Nils darin einzufügen. Mit den Computern heutzutage ist das sehr einfach und man bekommt ganz ordentliche Ergebnisse. Wir hätten das sehr gerne getan, aber es wäre auch auf Grund unserer Terminplanungen sehr schwer geworden. Das ist einfach eines der wenigen Probleme, das wir mit einem Sänger haben, der auf der anderen Seite der Welt wohnt.

Eidolon
Es war uns egal, woher dieser Typ kam, wir wollten den Sänger, den wir uns immer vorgestellt haben. Wir mussten die Möglichkeit, zusammen zu proben, opfern, aber für mich ist es diese Entbehrung wert. EIDOLON war letztendlich eh schon immer mehr ein Projekt, da wir es ja nicht geschafft haben, mal längere Zeit in Europa zu touren. Heißt das aber, dass EIDOLON keine Band ist? Natürlich ist es das! Vier Menschen kommen zusammen und kreieren Musik – das ist eine Band! – Shawn Drover

Die Fans könnten sich aber schon fragen, ob es sich hier überhaupt noch um eine richtige Band handelt…

Nun, für mich kann man eine Band sehr unterschiedlich definieren. Für manche geht es darum, dass die Musiker ständig zusammen sind, Alben aufnehmen und auf Tour gehen. Für andere kann es aber auch ein musikalisches Projekt sein. Es gibt derzeit sehr viele Projekte – DEMONS & WIZARDS z.B., die proben auch nicht fünf Tage die Woche in Jons Haus. Ich denke, sie sind auch nicht besonders viel auf Tour. Bei uns ist das ähnlich, deshalb habe ich das als Beispiel genommen. Wir hängen nicht ständig aufeinander, hatten das aber mit Brian und Pat – und das hat mir nie gereicht. Es endete damit, dass wir einen neuen Sänger finden mussten. Es war uns wie gesagt egal, woher dieser Typ kam, wir wollten den Sänger, den wir uns immer vorgestellt haben. Wir mussten die Möglichkeit, zusammen zu proben, opfern, aber für mich ist es diese Entbehrung wert. EIDOLON war letztendlich eh schon immer mehr ein Projekt, da wir es ja nicht geschafft haben, mal längere Zeit in Europa zu touren. In Amerika hätte es für uns eh nie genug Locations gegeben. Heißt das aber, dass EIDOLON keine Band ist? Natürlich ist es das! Vier Menschen kommen zusammen und kreieren Musik – das ist eine Band!

Du und Glen seid ja jetzt sehr stark mit MEGADETH gebunden, auch Nils ist sehr beschäftigt, nur Adrian scheint momentan daheim zu sitzen und auf euch zu warten, bis ihr mal wieder was für EIDOLON macht…

Genau so ist es. Aber weißt du was: Das war seine Entscheidung. Er hatte einige Möglichkeiten und es gab da einige Bands, die ihn gerne auf ihrem Album gehabt hätten oder die fragten, ob er bei ihnen mitmachen möchte, und wir haben ihn dabei immer unterstützt. Aber er wollte außer EIDOLON nichts anderes machen. Er übt lieber daheim und führt sein eigenes Leben, anstatt musikalisch irgendetwas anderes zu machen. Ich persönlich sehe das als Kompliment gegenüber unserer Band. Er hatte definitiv Gelegenheiten, aber er hat sie immer dankend abgelehnt. Er scheint mit der Situation glücklich zu sein.

Vor unserem Interview hast du mich in einer E-Mail gebeten, nicht zu viele MEGADETH-Fragen zu stellen. Das ist natürlich nicht leicht zu vermeiden, aber für euch scheint es wichtig zu sein, dass die Leute EIDOLON nicht als die Band von diesen zwei MEGADETH-Typen sehen.

Ich möchte, dass das Album für sich selbst steht. Ich will nicht, dass der Fokus von EIDOLON zu MEGADETH wechselt. Ich habe bei so vielen Bands beobachtet, wie dann auf der CD steht featuring diesen Typen, der da und dort spielt. Ich möchte das nicht. Ich bin extrem stolz darauf bei MEGADETH zu spielen, aber ich bekomme dort auch ausreichend Aufmerksamkeit. Wenn ich ein EIDOLON-Interview mache, dann will ich über das Album reden. Bei vielen Interviews die ich gemacht habe, bekam ich immer diese Fragen gestellt Wie geht es Dave?, Was macht er gerade?, Welche MEGADETH-Songs sind schwer zu spielen?, usw. Ich habe kein Problem diese Fragen zu beantworten, aber ich mache das lieber, wenn ich für MEGADETH aktiv bin. Wenn ich für MEGADETH-Interviews gebe oder bei Meet&Greets dabei bin, dann spreche ich dort auch über MEGADETH. Jetzt geht es aber um EIDOLON. Die Leute sollen sich unsere Alben nicht kaufen, weil ich bei MEGADETH spiele, sondern weil es ein verdammt gutes Album ist!

Dabei wäre es für euch ja anders viel einfacher, ihr könntet von dieser Sache sicher profitieren.

Genau, aber genau so soll es nicht sein. Es wäre so einfach, den Namen MEGADETH hierfür auszubeuten. Ich denke, es ist Bullshit, wenn in einer Werbeanzeige für EIDOLON der Name MEGADETH größer zu lesen ist als EIDOLON. Es wäre einfach falsch. Leute, die EIDOLON schon immer gemocht haben, werden unser Album auch ohne mit MEGADETH Werbung zu machen kaufen. Wenn einige MEGADETH-Fans das EIDOLON-Album kaufen, dann ist das klasse. Aber es soll nicht so sein, dass der einzige Grund dafür ist, dass wir bei MEGADETH spielen. Es ist eine schwierige Situation, aber ich möchte die Bands ganz klar getrennt sehen.

Was kannst du mir über DIMENSION INFINITE erzählen?

Überhaupt nichts (lacht). Als wir Nils damals in Wacken getroffen haben, wollten wir unbedingt etwas mit ihm zusammen machen. Ich dachte damals nicht unbedingt daran, dass er bei EIDOLON singen könnte, aber ich wollte auf jeden Fall mit ihm zusammenarbeiten. Als wir wieder zu Hause waren, dachten wir uns: Warum sollen wir so viel Arbeit in ein Projekt stecken, wenn er doch auch bei EIDOLON direkt singen könnte? Wir haben eine Weile darüber nachgedacht und haben irgendwann den Entschluss gefasst, dass er für EIDOLON singen soll. Und dann haben wir ihn einfach gefragt. Es hätte für uns keinen Sinn ergeben, wenn er eh für EIDOLON singt, zudem noch ein weiteres Projekt aus der Taufe zu heben. Also haben wir beschlossen, dass wir nicht weiter daran arbeiten werden.

Du lebst von der Musik, du kannst mit deiner eigenen Band machen, was du willst, du hast ein aufregendes Leben, deine Kinder sind fast erwachsen – es scheint die Zeit deines Lebens zu sein!

Oh ja, so ist es auch. Und dadurch, dass meine Kinder jetzt älter sind, ist das auch viel einfacher. Es wäre schwerer gewesen, wenn die Kinder noch kleiner wären. Ich würde mir ständig Sorgen machen, meine Frau müsste arbeiten, wir müssten einen Babysitter finden, usw. Es wäre alles so viel schwerer. Aber meine Kinder können jetzt auf sich selbst aufpassen und ich kann mich auf die Musik konzentrieren. Ich muss mir nicht ständig um meine Kinder Gedanken machen, ob es ihnen gut geht, usw. Außerdem können sie das, was ich jetzt mache, viel mehr wertschätzen. Als kleine Kinder könnten sie das alles gar nicht so sehr genießen und würden sich an vieles im Nachhinein sicher nicht so gut erinnern. Jetzt sind die Reisen nach Europa mit MEGADETH usw. für sie bleibende Erinnerungen. Ich bin froh, dass das jetzt alles passiert, während sie älter sind.

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