WIEGEDOOD: There’s Always Blood At The End Of The Road

WIEGEDOOD bleiben sich selbst treu, indem sie weiterhin im Grotesken nach einer eigenen Definition von Schönheit suchen. “There’s Always Blood At The End Of The Road” ist dementsprechend unbequem und doch irgendwie hynotisierend.

Gerade im Black Metal kippt auch die Wortwahl leicht ins Extreme: Schnell sprechen wir von Inferno, Apokalypse, Eiseskälte und jeglicher noch so destruktiven Kraft, um dem musikalischen Zerstörungswahn gerecht zu werden. Das mag mitunter ins Blumige abdriften, hat sich aber bewährt – wenigstens bis WIEGEDOOD auf der Bildfläche erscheinen und all diese Superlative plötzlich fast wie Euphemismen klingen. Wie in der Vergangenheit mögen die Belgier nicht jedermanns Sache sein – dazu ist der eigene Ansatz zu speziell und zu fokussiert -, doch garstiger, unwirtlicher und schlicht lebensfeindlicher als „There’s Always Blood At The End Of The Road“ kann ein Metal-Album kaum klingen.

Dabei ist es auf dem Papier kein Hexenwerk, das WIEGEDOOD betreiben. Nicht selten fußen die Songs des Trios auf einem einzigen Haupt-Riff, das in Variationen das komplette Stück schultern muss, aber auch genau deshalb diesen unvergleichlich hypnotischen Sog entfalten kann, welcher zugleich das Rückgrat der Platte bildet. Es ist ein musikgewordener Albtraum, den wir eigentlich nicht durchleben, ihm uns andererseits genauso wenig entziehen wollen. Ein groteskes Schauspiel also, bei dem wir nicht wegschauen oder -hören können.

WIEGEDOOD suchen nach einer eigenen Definition von Schönheit

„There’s Always At The End Of The Road” beginnt mit “FN SCAR 16” hektisch und wahnsinnig, als hätten WIEGEDOOD das Boss-Theme eines alten SciFi-Shooters durch die Hölle gejagt: Immerhin wissen wir jetzt, dass sich ein schwer greifbarer Begriff wie Verfolgungswahn durchaus vertonen lässt. Hysterische Screams und ein unnachgiebiges Schlagzeug scheuchen uns vor sich her, während die Gitarren uns die gleiche Szene immer und immer wieder neu erleben lassen. Diese Loops stehen und fallen natürlich mit den Riffs, die bandtypisch mit maximaler Intensität nach einer eigenen Definition von Schönheit suchen.

Aber es wirkt: Die Art und Weise, wie „Carousel“ mit Dissonanz spielt und durch einzelne akzentuierte Snare-Schläge im Blastbeat zusätzliches Chaos sät, lullt uns dann doch mit eiskalter Effizienz ein: als gäbe es kein Entkommen aus diesem Albtraum. Obwohl „There’s Always Blood At The End Of The Road“ meist am Anschlag agiert, sorgen vereinzelte Zäsuren für kurze Erholungspausen: „And In Old Salamano’s Room, The Dog Whimpered Softly“ lässt dank reduziertem Tempo und schleppenden Gitarren kurz die Daumenschrauben locker, wohingegen „Now Will Always Be“ dank hypnotisierendem Kehlkopfgesang stimmlich neue Dimensionen erkundet. Nur selten bewegen sich WIEGEDOOD folglich in gemäßigteren Gefilden („Until It Is Not“), doch reichen diese Abstecher aus, um einer extensiven Reizüberflutung vorzubeugen.

„There’s Always Blood At The End Of The Road“ stellt das übliche Genre-Vokabular auf die Probe

Fordernd bleibt das vierte Studioalbum der Belgier nämlich trotzdem. „There’s Always Blood At The End Of The Road“ ist ein dementsprechend eigenwilliges und in gewisser Weise exzentrisches Werk, das für uns aus denselben Gründen so vereinnahmend ist, aufgrund welcher es manchem vor den Kopf stoßen wird. WIEGEDOOD bleiben sich im Kern somit treu, indem sie eine weitere Exkursion in die Extreme wagen und uns zum Abschluss vor ein Dilemma stellen: Das sonst so blumige Genre-Vokabular scheint irgendwie nicht weit genug zu gehen, um einen dissonanten Höllenritt wie „Nuages“ adäquat zusammenzufassen.

Veröffentlichungstermin: 14.01.2022

Spielzeit: 44:33

Line-Up

Gilles Demolder – Gitarre
Leby Seynaeve – Bass, Vocals
Wim Coppers – Drums

Produziert von Christophe Dexters und Jack Shirley (Mix und Mastering)

Label: Century Media

Homepage: https://www.wiegedood.com/
Facebook: https://www.facebook.com/wiegedood

WIEGEDOOD “There’s Always Blood At The End Of The Road” Tracklist

1. FN SCAR 16 (Video bei YouTube)
2. And In old Salamano’s Room, The Dog Whispered Softly
3. Noblesse Oblige Richesse Oblige
4. Until It Is Not
5. Now Will Always Be (Visualizer bei YouTube)
6. Wade
7. Nuages (Video bei YouTube)
8. Theft And Begging
9. Carousel (Visualizer bei YouTube)

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner