TRANSATLANTIC: Kaleidoscope

Portnoy, Morse, Stolte und Trewavas reanimieren einmal mehr den Progressive Rock der 70er-Jahre und bewegen sich dabei kein bisschen von der Stelle.

TRANSATLANTIC klingen auf ihrem vierten Album praktisch genauso wie auf dem ersten. Sie spielen stagnierenden Progressive Rock, der seine Wurzeln klar in den 70ern hat, klangtechnisch aber sauber und ausgefeilt aus den Boxen tönt. Wer die bisherigen Werke der Band liebte, dem werden auch die Lieder auf Kaleidoscope gefallen. Die Longtracks bestehen einmal mehr aus aneinandergereihten Minisongs, wobei natürlich eine verspielte Einleitung an den Anfang geklebt wurde und am Ende ein episches Finale den Hauptrefrain aus der Mitte breittritt. Zwischendurch gibt es allerlei instrumentale Passagen mit Jam-Charakter, bei denen mal wuchtige Gitarren-Riffs mit Hammond-Orgel-Klängen konkurrieren und auch mal Schlagzeug und Bass ausschweifend miteinander tänzeln. Bei diesen Stellen wird besonders deutlich, dass Portnoy, Morse, Stolte und Trewavas voll in der Musik aufgehen und sich wenig darum kümmern, ob das Ergebnis auf Platte selbstverliebt oder langatmig wirkt.

Die kürzeren Songs werden gleichfalls durch ausufernde Variationen in die Länge gezogen, die sich alle in einem eng abgesteckten Bereich bewegen. Neal Morse steuert den Großteil des Leadgesangs bei. Sein Timbre deutet an, wie John Lennon nach seinem 50. Geburtstag hätte klingen können. Die Stimmen von Portnoy und Stolte versprühen mit ihren Limitationen dagegen klassisches Prog-Flair. Apropos Portnoy: Für den Ex-DREAM THEATER-Schlagzeuger ist Zurückhaltung immer noch ein Fremdwort. Die Kompositionen sind nicht komplex genug, dass seine Eskapaden sich nahtlos einfügen. Aber wem erzähle ich das? Bei den anstehenden Konzerten werden sich die Fans wieder am dichtesten vor dem Schlagzeugpodest drängen.

Einen Hördurchgang lang habe ich versucht, auf die Texte zu achten. Dabei bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass TRANSATLANTIC auch hier traditionelle Prog-Inhalte verarbeiten. In anderen Worten, man sucht vergeblich nach greifbaren Themen. Die Ballade Beyond The Sun hofft auf ein Leben nach dem Tod, gleich links hinter der Sonne. Shine könnte von allem Möglichen handeln. Dienstag ist in Ordnung. Wir können wenig machen, außer unser Licht durchzulassen. Früher hätte man gleich vermutet, dass es dabei irgendwie um Drogen geht. Wie ich Herrn Morse kenne, scheint da aber Gott und seine grenzenlose Liebe.

Die Harmonien sind (erneut) gerade dissonant genug, um den Mainstream abzuschrecken und gleichzeitig Freunde der alten GENESIS, YES und JETHRO TULL zu begeistern. Im Blindtest lässt sich Kaleidoscope kaum von den NEAL MORSE-Solo-Alben unterscheiden. TRANSATLANTIC haben die Chance vertan, ihr Publikum zu überraschen. Ein Album mit 15 Hitsongs im Drei-Minuten-Format? Ein Konzeptalbum über Steuererklärungen? Longtracks ohne Vers-Refrain-Vers-Refrain-Wiederholungen? Nein, das gibt es hier nicht. Stattdessen kann man Ride The Lightning ohne METALLICA-, dafür mit KANSAS-Anklängen hören. Man kann sich über das einfältige Titelbild mockieren. Man kann sich das Album blind kaufen, weil man genau weiß, was man bekommen wird. Man kann das Album links liegen lassen, weil man diese Musik ja bereits von den Vorgänger-Alben zur genüge kennt.

Veröffentlichungstermin: 24.01.2014

Spielzeit: 75:50 Min.

Line-Up:
Neal Morse: Gesang, Keyboard, Gitarre
Roine Stolt: Gitarre, Gesang
Pete Trewavas: Bass
Mike Portnoy: Schlagzeug, Gesang
Label: Inside Out

Homepage: http://www.transatlanticweb.com

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/transatlanticprog

Tracklist:
1. Into The Blue
I. Overture
II. The Dreamer And The Healer
III. A New Beginning
IV. Written In Your Heart
V. The Dreamer And The Healer (Reprise)

2. Shine

3. Black As The Sky

4. Beyond The Sun

5. Kaleidoscope
I. Overture
II. Ride The Lightning
III. Black Gold
IV. Walking The Road
V. Desolation Days
VI. Lemon Looking Glass
VII. Ride The Lightning (Reprise)

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