THE CRETINS: The Cretins

Gelungener 77er-Punkrock mit 99% RAMONES, der mich in einen philosophischen Konflikt wirft, aus dem ich aber schnell wieder herausfinde.

THE CRETINS aus Österreich sehen nicht nur aus und klingen wie die RAMONES, nein, sie sind mehr eine Art Tribute-Band mit eigenen Songs. Wer Lederjacken-Punk schon immer scheiße fand, braucht also hier gar nicht erst weiterlesen. Alle anderen, mich eingeschlossen, erwartet ein lustiges Zitate-Raten-Spiel, untermalt von schmissigem 77er-Punkrock mit guter Produktion, guten Songs und einem hohen Mitgröhl-Faktor. Der markanteste Unterschied zu den Originalen ist die angenehm raue Stimmer von Sänger Matt C., der eher wie Tim Armstrong von RANCID, die auch als zweiter musikalischer Einfluss wahrnehmbar sind, klingt, und es sogar teilweise schafft, dem Ganzen einen eigenen Stempel aufzudrücken.
Das war jetzt ja alles schön neutral, kommen wir also zur Bewertung. Die Frage, die sich aufdrängt, ist folgende: Braucht man so etwas? Braucht man Bands, die wie andere klingen? Wie vor 30 Jahren? Ist nicht Innovation die Lebenskraft der Musik? Will nicht jeder Musiker alles neu und besser machen? – Ja, aber… Ich denke, man braucht das. Es macht einfach Spaß. Aber ich bin ja sowieso für jeden Retro-Quatsch zu haben, so lange er nur schön rockt.
Natürlich ist Innovation die Lebenskraft der Musik und auch das, was der Fan immer wieder von Bands verlangt, aber es gibt einen Unterschied im Ansatz und im Anspruch, den Bands an sich selbst stellen. Wer sich freiwillig auf eine bestimmte Szene oder ein Sub-Genre, das Abfeiern alter Standards oder gar einer bestimmten Band beschränkt, verzichtet eben auf Selbstverwirklichung und künstlerischen Anspruch in der Weise, dass eben nichts Neues erschaffen, sondern etwas Bestehendes am Leben erhalten werden soll. Der Ansatz, keine oder nur bedingt eigene Ideen in seiner Musik umzusetzen, schließt ein Messen am Maßstab der Neuerungen-Skala meiner Meinung nach aus und der einzige Maßstab kann der sein, wie sehr der Spirit der Original-Idee wieder zum Leben erweckt wird. Und das schaffen THE CRETINS in wirklich beeindruckender Weise. Gröhl, Schunkel. Pogo, Hossa ,- alles bestens. Outfit und Auftreten zeigen, dass sie auch nichts Anderes wollen. Das kann man mögen oder eben nicht, mir gefällt es jedenfalls sehr gut.
Das soll jetzt aber nicht heißen, dass eine solche Vorgehensweise per se immer gut ist, denn es gibt leider sehr viele Bands, die fremde oder angestaubte Ideen als die eigenen oder brandneue Erfindungen verkaufen und da hört es für mich dann auf, Spaß zu machen. Gegen eine gute Portion schönen, alten Punkrocks ist dagegen nie etwas einzuwenden. Also, Daumen ganz weit nach oben für THE CRETINS. Vielen Dank und zurück ins Sendezentrum.

Veröffentlichungstermin: 27.04.2007

Spielzeit: 44.16 Min.

Line-Up:
Matt C. – Vox/Guitar
Marc C. – Guitar/Vox
Manu C. – Bass/Vox
Mike C. – Drums/Vox

Produziert von The Cretins
Label: Cargo Records

Homepage: http://www.thecretinsbaby.com/

Tracklist:
1. Gimme Gimme Plastic Surgery
2. Be around for nothing
3. T.C.A.O.T
4. I don´t wanna go home
5. John St.
6. Meriwether is giving up
7. I need a Nurse
8. I can´t make it on time
9. Leaving home
10.I have enough
11.Ramona
12.Life goes by
13.I´m not the only one
14.It´s gonna be a blast
15.I don´t want you around
16.C.R.E.T.I.N.S

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