SUN OF THE SLEEPLESS / NACHTMAHR: Split

Ein geheimnisumwittertes Line-Up, Trip-Hop-Elemente und eine BURZUM-Coverversion sind nicht das Erfolgsrezept für ein gelungenes Black Metal-Werk.

Was bei Split-CDs zuerst interessiert, ist natürlich, ob beide darauf vertretenen Bands zu überzeugen vermögen, oder ob einem nach anspruchsvollen 20 Minuten bei der zweiten Truppe dann das Gesicht inklusive Gehör einschläft oder sich in unerträglichen Schmerzen windet. Schliesslich kann nicht jede Split-CD ein so geniales Doppelwerk sein wie das Frühneunziger-Meisterwerk von EMPEROR und ENSLAVED.

SUN OF THE SLEEPLESS bieten Midtempo-Schwarzmetall, mit dem sie unter anderem das Gedicht „Romanze zur Nacht“ von Georg Trakl vertonen. Bizarrerweise wird dieses Gedicht im Promotext als „menschenverachtend“ angepriesen. Was an einer Mutter, die ihr Kind in den Schlaf singt, menschenverachtend sein soll, bleibt mir allerdings wahrlich ein Rätsel (selbst wenn viele von Trakls Gedichten mehr als geeignet für Schwarzmetallkompositionen sind). Musikalisch bieten SUN OF THE SLEEPLESS in verzerrten Gefilden relativ wenig Abwechslung, der Gedanke, es anderswo schon leidenschaftlicher gehört zu haben, nimmt spätestens bei der Coverversion von BURZUMs „Dunkelheit“ eine klare Gestalt an. Zwar verhunzen SUN OF THE SLEEPNESS die Kreation von BURZUM nicht auf die Weise, wie es ABORYM auf ihrem Album Fire Walk With Us gewagt haben, doch fragt man sich, was eine 1:1-Adaption dieses Songs—inkl. täuschend originalgetreuen Gitarrensound—bringen soll. Selbst wenn man den politisch heiklen Dunst, den BURZUM umwabert, aussen vor lässt, bleibt die Frage, was diese Aufnahme bewirken soll.

Kaum sind die letzten Töne verklungen, wandern SUN OF THE SLEEPLESS auf den Pfaden, welche von ULVER seit einigen Jahren beschritten werden und widmen sich langsamen, Trip-Hop orientierten Klängen, die in „Tausend Kalte Winter“ mit verzerrten Gitarren Hand in Hand gehen. Spätestens hier wirkt die Produktion stellenweise breiig und übersteuert, was sich seltsam auf die pathetisch gesprochenen Lyrics auswirkt. Insgesamt hinterlässt der erste Part der Split einen widersprüchlichen Eindruck, man wird das Gefühl nicht los, dass man zuviel ausprobieren und zuwenig anspruchsvolles Songwriting leisten wollte.

Die Schwarzmetaller von NACHTMAHR sind diesbezüglich um einiges bodenständiger. In den drei Songs von ihnen sind weder Trip-Hop-Beats noch Sample-Experimente auszumachen (anders als ihre Namensvetter sind sie ohne Keyboards und ohne GEWEIH unterwegs). Der rohe Black Metal mit deutschen Lyrics wird dann und wann von akustischen Gitarrenpassagen durchbrochen, die verträumt aus den Boxen plätschern und kurz darauf vom nächsten verzerrten Part regelrecht erschlagen werden. Als NACHTMAHR-Anspieltipp ist hier „II“ zu nennen, der entfernt an SIGH erinnert und stellenweise durch eine dissonant-bedrohliche Atmosphäre auffällt. Insgesamt bieten NACHTMAHR musikalisch jedoch nichts Neues oder Herausragendes, die schleppenden Parts sind bereits von CELTIC FROST reichlich ausgeweidet worden…

SUN OF THE SLEEPLESS und NACHTMAHR bieten auf dieser Split zwar ein Wechselbad aus Schwarzmetall und klinisch-elektronischen Klängen feil, doch trotz kalter Atmosphäre mangelt es an überzeugendem, mitreissenden Songwriting – und das ist, egal ob Staubsaugergitarre oder Dancefloor-Drumcomputer, einfach unerlässlich.

Veröffentlichungstermin: 28.06.2004

Spielzeit: 45:29 Min.

Line-Up:
Das Line-Up scheint bei beiden Bands ein Geheimnis zu sein, stammt aber offenbar aus dem EMPYRIUM-Kreis.
Label: Lupus Lounge

Homepage: http://www.lupuslounge.com

Tracklist:
SUN OF THE SLEEPLESS

1. A Wolf In Sheep Skin Clad

2. Romanze zur Nacht

3. Dunkelheit (BURZUM-Cover)

4. Neunter November

5. Tausend Kalte Winter

6. Spring 99

NACHTMAHR

7. I

8. II

9. III

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner