SUN OF THE SLEEPLESS & CAVERNOUS GATE: Split-LP

Split-Alben sind ein Wagnis: Schließlich gibt es gerade in unserer Szene immer noch massenhaft Album-Hörer*innen, die die Erfindung des Shuffle-Modus für ein Verbrechen wider die Menschheit halten. Ich bin einer davon – denn was gibt es schöneres als sich einem Gesamtkunstwerk hinzugeben, sich in der Atmosphäre einer Langspielplatte zu verlieren, dem Großen Ganzen nachzuspüren, das die Band erschaffen wollte?

Wenn das große Ganze nun direkt auf zwei Schultern verteilt ist, ist die Herausforderung, ein stimmiges Gesamtwerk zu erschaffen, noch größer. Bei CAVERNOUS GATE muss man sich zudem fragen, ob es weise ist, sein Debüt in einem solchen Medium zu machen. Zwar handelt es sich bei diesem Projekt um das eines Mannes, der viel Erfahrung als Metal-Musiker hat, aber auch so jemand braucht Zeit, um sich zu entwickeln und zu seinem Charakter zu finden.

Der Geist vom Moor

Das hat Markus Stock bzw. Ulf Theodor Schwadorf mit seinem SUN OF THE SLEEPLESS schon hinter sich. Gestartet als Hommage an DARKTHRONE damals in den 90ern gelang ihm 2017 ein beeindruckendes Comeback mit seinem Album “To The Elements”, das die urwüchsige Gewalt des norwegischen Black Metals um Elemente aus Schwadorfs Band EMPYRIUM bereicherte. Diesen Weg geht er nun weiter: Die erste Hälfte dieser Split soll nicht weniger als den Geist des legendären “Songs Of Moors & Misty Fields” einfangen, so die Ankündigung. Große Worte!

Sie treffen durchaus zu: “The Lure Of The Nyght” wirkt atmosphärisch wie die logische Fortsetzung von “The Ensemble Of Silence” und ist mindestens auf dem Level der meisterlichen Songs des Vorgängers. Schwadorfs klarer Gesang thront erhaben über einem Fundament aus epischer Raserei, und als er dann noch den Songtext auf deutsch rezitiert, schwebt gar ein Hauch DORNENREICH-Stimmung durch den Raum. Die Produktion ist zudem besser geworden, weniger wuchtig, ohne schwach zu klingen, die perfekte Balance für diese Musik. Der zweite Song, “To The Moon On Summer Eves”, fällt qualitativ etwas ab, bleibt aber ein großer Black-Metal-Hörgenuss. Dazwischen hat Schwadorf akustische Instrumentals gepackt, die 1:1 aus EMPYRIUMs Akustik-Phase stammen könnten. Wundervoll!

Der Abstieg in die Höhle

Mit CAVERNOUS GATE habe ich dann so meine Probleme. Das Synthesizer-Intro ist noch sehr stimmungsvoll, aber dann folgen drei mächtige Brocken Doom Death Metal, deren Atmosphäre irgendwie nicht zum ersten Teil des Albums passen mögen. Es wird regelrecht depressiv, und darauf bin ich nicht vorbereitet. Hinzu kommt, dass die Lieder an Höhepunkten eher arm sind und es einfach nicht schaffen mich zu fesseln. Handwerklich ist natürlich alles im Lot, aber irgendwie ist alles zu laut und zu groß und zu schwer dafür, dass ich gerade noch durch den Nachthimmel geschwebt bin.

Man kann es natürlich auch anders sehen: Die Split-LP als Übung der Kontraste, hier der weite Himmel, dort die finsteren Höhlen. Aber für mich wirkt es nicht, und so ist oben angesprochenes Experiment leider gleich zweierlei misslungen: Es entsteht kein stimmiges Gesamtbild, und CAVERNOUS GATE hätte eine Debüt-Veröffentlichung gut getan, auf dem man nicht im Schatten eines Meisters steht.

Veröffentlichung am 6.12.2019 auf Prophecy Productions

Spielzeit: 48:15 Min.

SUN OF THE SLEEPLESS & CAVERNOUS GATE: Split-LP Tracklist

SUN OF THE SLEEPLESS

1. Wovon Wölfe träumen

2. The Lure Of The Nyght

3. Fall Of The Lonesome

4. To The Moon On Summer Eves

5. Kristall

CAVERNOUS GATE

6. Seclusion

7. Those Who Walk The Fog

8. Amongst Decayed Grass

9. A Pale Shimmer In The Dark

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