Über ein Jahr schon herrscht Krieg in der Ukraine. Unvorstellbar. Knapp ein Jahr ist es auch her, dass die ukrainische Solo-Künstlerin Yulia Lykhotvor mit ihrem Projekt SIDUS ATRUM ihr nach “Cold Silence” (2019) zweites Album “Spiral of Life” veröffentlicht hat. Und obwohl das Album noch vor dem Einmarsch der russischen Truppen in Entstehung gewesen ist, so wirken Songs wie “Breath of Agony” wie ein (wehklagender) Aufschrei gegen die Gewalt. Das Album, das in der Schnittmenge zwischen Post-Black Metal und Doom-Death Metal anzusiedeln ist, hat demnach eine unbequeme Aktualität, mit der man sich auseinandersetzen kann, aber nicht muss.
SIDUS ATRUM im Spannungsfeld zwischen Schlichtheit und Atmosphäre
Losgelöst von den aktuellen Hintergründen, der sich die Künstlerin in ihrer Heimat konfrontiert sieht, beschreibt “Spiral of Life” die Reise einer Seele, die sich entscheidet zu inkarnieren. Diese Inkarnation spiegelt sich in so manchem Song wieder, als dass sich die beiden in ihrer Machart trägeren Songs “Fading Light” und “Rain brings your Voice” recht ähneln. Insbesondere auch aufgrund des einfach gestrickten Riffings. Diese Schlichtheit ist dann auch ein Kritikpunkt am Album, das jedoch seine ganz eigene Stärke hat: diejenige der Atmosphäre, die Yulia Lykhotvor gerade in den Zwischenpassagen zu erschaffen vermag. Hier wird in ruhigen Momenten mit sanftem Gesang dahingesäuselt und man tanzt gleich einer Seele durch den Äther. Und dann packt es einen – wie etwa in “Sea of Life”, wenn im letzten Viertel richtig Gas gegeben wird.
Yulia Lykhotvor punktet mit säuselndem Clean-Gesang und tiefen Growls
Generell gilt es auch den Hut vor dem Gesang zu ziehen: denn nicht nur der leise und dezent eingesetzte Clean-Gesang weiß zu gefallen, auch die tiefen Growls ringen einem ein anerkennendes Kopfnicken ab. Die primär vorherrschenden höheren Growls der Künstlerin sind dagegen fürs Genre und das Geschlecht der Sängerin erwartbar.
“Spiral of Life” berührt auch aufgrund des Kriegs in der Ukraine
Insgesamt ist “Spiral of Life” ein musikalisch nicht herausforderndes, aber doch berührendes Album, dem ich vielleicht keine Aufmerksamkeit geschenkt hätte, wenn nicht gerade Krieg in der Ukraine herrschen würde. Lieber wäre es mir, wenn ich keinen (anderen als musikalischen) Anlass gehabt hätte, auf dieses Album aus der Ukraine aufmerksam zu werden.
Veröffentlichungstermin: 11.03.2022
Spielzeit: 39:50 Min.
Line-Up:
Yulia Lykhotvor – Gesang & Instrumente
Session- & Gast-Musiker
Sergey Lihotvor – Gitarre
Daniel Neagoe (CLOUDS, EYE OF SOLITUDE) – Gesang (“Rain Brings Your Voice”)
Label: Kvlt und Kaos Productions
Mehr im Netz: https://sidusatrum.bandcamp.com
Mehr im Netz: https://www.facebook.com/sidusatrumpage
SIDUS ATRUM “Spiral of Life” Tracklist
Fading Light (Video bei YouTube)
Sea of Life
Breath of Agony (Lyric-Video bei YouTube)
Farewell
Rain brings your Voice
Regression