RIVERS OF NIHIL: The Work

RIVERS OF NIHIL blicken weiterhin nach vorne: “The Work” zeigt die Band musikalisch breiter aufgestellt als in der Vergangenheit, indem dem Death Metal-Fundament noch mehr progressive Anteile zur Seite gestellt werden. Das setzt die Aufgeschlossenheit des Hörers voraus, auch wenn Zeit mit “The Work” grundsätzlich gut investiert ist.

Zwischen Mahnung und aufrichtigem Ratschlag entlassen uns RIVERS OF NIHIL nach 64 Minuten mit lediglich drei Worten: „Do the Work.“ Eine Aufforderung, der wir in der vergangenen Stunde immer wieder begegnet sind, zu deren Natur uns die US-Amerikaner aber nur indirekt Hinweise hinterlassen. „The Work“ handelt gleichermaßen von den Herausforderungen des Alltags („Dreaming Black Clockwork“), von Drogenkonsum („Clean“, „Focus“) und dem künstlerischen Wesen an sich, indem es auf einer Meta-Ebene das Spannungsfeld zwischen Kreativität und äußerer Erwartungshaltung auslotet („The Void From Which No Sound Escapes“, „MORE?“). Das titelgebende Werk ist also gar nicht so eindeutig definiert, ihm zugrunde liegt aber wohl ein gemeinsamer Nenner: Sinnfindung bis hin zur Selbstverwirklichung – keine leichte Kost für den Snack zwischendurch.

Das hört man „The Work“ auch an, denn RIVERS OF NIHIL legen sich diesmal keinerlei Fesseln an. Das vierte Studioalbum musikalisch in eine Reihe mit seinen Vorgängern zu zwängen würde somit niemanden so richtig glücklich machen, auch wenn es natürlich Querverweise und Anknüpfungspunkte zur letzten Platte „Where Owls Know My Name“ (2018) gibt. Da wäre etwa das gefühlvolle Saxofon-Solo in „The Void From Which No Sound Escapes“, wo die weitläufigen Soundscapes zwischendurch von Death Metal-Salven überrannt werden. Keine Frage, „The Work“ zeigt die Band nochmals progressiver und musikalisch breiter aufgestellt als zuletzt, wobei der dynamische Track den vorläufigen Höhepunkt markiert.

RIVERS OF NIHIL glänzen mit gelungenen Gesangsarrangements

Zunächst aber tasten sich RIVERS OF NIHIL behutsam und zaghaft in das neue Unterfangen: „The Tower“ ist ein ruhiger Einstieg in entspannter Atmosphäre und in seiner Funktion nicht unähnlich der Herangehensweise von BETWEEN THE BURIED AND ME: Die zurückgenommene Instrumentierung aus Piano und Synthesizern lässt die Spannung zusehends ansteigen, bis der Klargesang den mächtigen Growls von Jake Dieffenbach weicht und schließlich im heftigen „Dreaming Black Clockwork“ ein Ventil findet. Lässt das Quintett wie hier seinen Death Metal-Wurzeln freien Lauf, erinnert uns das bisweilen an GHOST BRIGADE oder gar MESHUGGAH, wobei Dieffenbach am Mikro von der Boshaftigkeit Phil Bozemans (WHITECHAPEL) gar nicht so weit weg ist.

Was RIVERS OF NIHIL auszeichnet, ist jedoch der grundsätzlich progressive Ansatz, der auch in den härteren Songs kurze Intermezzi ermöglicht, die mal Jazz-Charakter haben oder in „Clean“ von 70er-Jahre-Prog inspiriert sind. Das ist im Jahr 2021 natürlich kein Alleinstellungsmerkmal mehr, die vielschichtigen Kompositionen glänzen dafür mit den gelungenen Gesangsarrangements: Während Dieffenbach für die härtere Seite steht, teilen sich Drummer Jared Klein und Bassist Adam Biggs den Klargesang und sei es nur, um dem Album im Hintergrund mehr Tiefe zu verleihen.

Die Zeit mit “The Work” ist gut investiert

Auf diese Weise wird „The Work“ zu einem Werk, das weniger als Aneinanderreihung von Songs zu verstehen ist, sondern als Versuch, eine bestimmte Atmosphäre bzw. Denkweise einzufangen. Ob das nun tatsächlich das Streben nach dem Sinn unseres täglichen Tuns sein muss oder auf andere Weise auslegbar ist, RIVERS OF NIHIL vertonen hier in jedem Fall einen Prozess mit seinen Höhen und Tiefen. Leichtfüßiger Prog („Wait“, „Maybe One Day“) trifft auf kompromisslosen Death Metal („MORE?“) und verschmilzt ineinander, um einen ambitionierten Hybrid hervorzubringen („Focus“, „Terrestria IV: Work“) oder mit dem starken „Episode“ gar in Richtung Post Metal abzudriften. Dieser Menge an Input auf den Grund zu gehen, verlangt Ausdauer und Arbeit, die wir RIVERS OF NIHIL jedoch gerne zugestehen. Und selbst wenn uns das durchgehend gute „The Work“ am Ende des Tages nicht bedingungslos aus den Socken haut, ist die Zeit mit dieser Platte gut investiert, solange wir auch einen Blick unter die Oberfläche werfen. Man muss sich nur die Arbeit machen.

Veröffentlichungstermin: 24.9.2021

Spielzeit: 64:34

Line-Up

Jake Dieffenbach – Vocals
Brody – Uttley – Guitars, Keyboards, Programming
Jon Topore – Guitars
Adam Biggs – Bass, Backing Vocals
Jared Klein – Drums, Backing Vocals

Produziert von Brody Uttley, Carson Slovak, Grant McFarland und Ermin Hamidovic (Mastering)

Label: Metal Blade

Facebook: https://www.facebook.com/riversofnihil

RIVERS OF NIHIL “The Work” Tracklist

1. The Tower (Theme from “The Work”)
2. Dreaming Black Clockwork
3. Wait
4. Focus (Video bei YouTube)
5. Clean (Video bei YouTube)
6. The Void from Which No Sound Escapes (Video bei YouTube)
7. MORE?
8. Tower 2
9. Episode
10. Maybe One Day
11. Terrestria IV: Work

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