OBSIDIAN GATE: The Nightspectral Voyage

OBSIDIAN GATE greifen durchweg tief bis verdammt tief in die Trickkiste des schwarzmetallischen Dramaturgen, der mit klangkörperreduzierten "Back to Basic"-Geschichten einiger Genre-Traditionalisten nichts anzufangen weiß und lieber die große orchestrale Geste probt. Im Zweifelsfalle auch die ganz große. Kurz: hier wird bombastelt und gewagnert, was das Zeug hält!

Wer eine handelsübliche Keyboard-Nebelwaber-Orchester-Marschrhythmus-Stampf-Einleitung als “Introduction Opus” bezeichnet und jenes Klangmonument verbal als den Beginn einer “nightspectral voyage into an eternity of darkness” markiert, beweist entweder Humor oder mehr als ausgeprägten Sinn für hemmungslosen Pathos. Die finsteren Blicke allerdings, die – stilecht schwarz umrandet und auf weißer Tünchfläche platziert – den arglosen Booklet-Blätterer mindestens zu pfählen drohen, bereiten allen Spekulationen ein Ende: OBSIDIAN GATE meinen es ernst!

Und greifen konsequenterweise auch durchweg tief bis verdammt tief in die Trickkiste des schwarzmetallischen Dramaturgen, der mit klangkörperreduzierten Back-to-Basic-Geschichten einiger Genre-Traditionalisten nichts anzufangen weiß und lieber die große orchestrale Geste probt. Im Zweifelsfalle auch die GANZ große. Kurz: Hier wird bombastelt und gewagnert, was das Zeug hält! Pompöse Keyboardkaskaden, gewaltige Riffwände, donnernde Doublebass-Rhythmen und rasende Gitarrenattacken, Tempowechsel en masse, und ab und an gar ein atmosphärisches Interludium: eine Menge Zeug, das da in die Songs gestopft werden muss. Kein Wunder also, dass diese selten unter der Zehnminuten-Marke bleiben und selbige in zwei von fünf Fällen gar sprengen!

OBSIDIAN zeigen Potenzial, müssen ihre Stärken aber noch gezielter auf den Punkt bringen

Und doch wäre weniger mitunter mehr: In ihrem eifrigen Bestreben, möglichst kolossalen Klangeindruck zu schinden, vergessen OBSIDIAN GATE bisweilen, dass Details Raum brauchen, um zu wirken. Dass Melodien Zeit brauchen, um sich zu entfalten. Dass die Masse und Fülle an sich eindrucksvoller musikalischer Gesten zuviel werden kann und der Aufmerksamkeit des Zuhörers eher ab- denn zuträglich ist. Selbst Richard Wagner, dem Pathos hoffnungslos verfallen, wusste um die dramatische Wirkung von Dynamik und dem gezielten Einsatz leiser Zwischentöne. Und war in der Lage, einzelnen Themen die Reifezeit zu geben, die sie benötigten. So sehr “The Nightspectral Voyage” in der Momentaufnahme gefällt: Über die gesamte Werklänge ist das Album schlicht und einfach überladen und verschwimmt nach Erreichen des Sättigungsgrades an pompöser Opulenz zu einem diffusen Klangmuster, das kaum mehr im Detail erfasst werden kann und will.

Aber: OBSIDIAN GATE stehen noch am Anfang. Und auch Mr. Bayreuth hat seinen “Ring der Nibelungen” nicht mal eben zwischen Schulbank und Pubertät geschrieben. Dass die Deutschen Talent und ein Gespür für gute Melodien haben, beweisen sie hinlänglich. Die volle Bombastbreitseite beherrschen sie ohnehin. Gelingt es ihnen in Zukunft, ihre Stärken zu bündeln, sie gezielter auf den Punkt zu bringen und sparsamer zu dosieren, könnten sie sich ihre ganz eigene gemütliche Nische in der Schwarzmetall-Landschaft einrichten, irgendwo zwischen dem komplexen Musiktheater von CRADLE OF FILTH, dem Populär-Black Metal von DIMMU BORGIR, der orchestralen Wucht von THERION und natürlich der romantisch verklärten Mythen-Klassik eines Herrn Wagners. Schwarz eingefärbt, versteht sich.

Spielzeit: 59:34 Min.

Line-Up:

Marcus B. – Performer of all guitars & voices
Marco B. – Performer of furious orchestra
Daniela P. – Peformer of ambient orchestra
(Anm.: Steht halt so im Booklet, kann ich auch nix für 😉 – Thomas M., Performer of raging Tasten)

Produziert von Tilo Rockstroh & Jens Bachmann
Label: Skaldic Art

OBSIDIAN GATE “The Nightspectral Voyage” Tracklist

  1. Act I: As The Void Opens
  2. Act II: When Death Unchains The Spectre
  3. Act III: The Obsidian Eternity And Anguish
  4. Act IV: From The Infinite Forge Of Time
  5. Act V: The Bethorian Shrine
  6. Act VI: Invoke The Dragon-Constellation
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