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MAMIFFER: Mare Decendrii

Ein Album wie die See, die sich nach einem Sturm beruhigt.

MAMIFFER, ein seltsamer Name, der mir in den letzten Monaten immer wieder über den Weg lief. Plötzlich, vor ein paar Tagen erst, liegt das Album vor mir. Ein Blick auf die Info genügt und ein paar Puzzleteilchen fügen sich prompt zusammen: Aaron Turner mischt hier mit, doch ist er eher Statist denn Bandchef, wie er es damals bei ISIS war. Viel mehr ist MAMIFFER das Baby von Pianistin Faith Coloccia, die Musik schreibt, bei der alles andere zur völligen Nebensache verkommt. Musik von schwindelerregender Schönheit und gleichzeitig querköpfiger Unbequemlichkeit. Von schierem Minimalismus und gleichzeitig von ausufernder Eleganz. Mare Decendrii, ihr zweites Album, bei dem eine ganze Armada an hochklassigen Gastmusikern ihr Stelldichein gibt, weißt viele Facetten auf, so dass hier mehr geboten wird, als Neoklassik, gepaart mit Ambient-Versatzstücken.

Es gibt Drone-Elemente, etwas von den letzten EARTH-Alben, Chöre und orientalische Momente, die Colocchia in ihre Musik einfließen lässt, jedoch stets so dezent, dass sie nie im Vordergrund stehen. Generell übt sich die Songschreiberin in Zurückhaltung. Es klingt zunächst nicht besonders aufregend, was hier gespielt wird, dennoch ergießt sich Mare Decendrii in seiner ganzen Pracht über den Hörer, ganz zärtlich, nur selten etwas grob. Die teils enorme Länge der Stücke hat hier sicherlich seinen Anteil daran. Das geradezu monumentale We Speak In The Dark beginnt dissonant-reduziert, mit nur wenigen, kratzigen Synthesizern und schwerer, boshafter Atmosphäre, und baut sich stetig und immer weiter im Lauf seiner zwanzig Minuten auf, holt wieder tief Luft, begrüßt Geigen, Gesang und endet schließlich versöhnlich, so wie die See, die sich nach einem Sturm beruhigt. Hier ist der Titel Mare Decendrii ganz Programm.

Es ist ein tröstliches Album, das hier und da einen deutlichen Hang zur Dramatik hat, das schwer und von alttestamentarischer, dissonanter Größe sein kann, aber genauso federleichte, unbeschwert-melancholische Momente hat. Aaron Turner begleitet die Musikerin an der Gitarre, Travis Rommereim am Schlagzeug – beide arbeiten sehr reduziert. Viele Musiker, die an der Ostküste Rang und Namen haben, erweitern die Musik ein wenig, jeweils mit einem eigenen Einfluss. Don McGreevy von EARTH, Sera Timms von BLACK MATH HORSEMAN, Aaron Harris von ISIS, Eyvind Kang und Jessica Kenney, sie alle lassen mit ihren Auftritten eine persönliche Note in die Musik einfließen, so dass MAMIFFER eher ein Orchester, als eine Soloshow ist. Dass die Hauptverantwortung bei der Pianistin liegt, das wird jedoch schon beim ersten Stück As Freedom Rings und seiner klaren Führung bewusst.

Mare Decendrii ist ein unheimliches Album, sehr spannend und homogen, betörend und warm, es geht tief unter die Haut und birgt eine Spiritualität, wie sie nicht selten aus dem pazifischen Nordwesten, sprich Seattle, Washington oder Portland, Oregon kommt. MAMIFFER machen gänzlich andere Musik, als die Black Metal-Bands dieser Region, eine geistige Verwandtschaft zu WOLVES IN THE THRONE ROOM und vor allem LUDICRA ist aber stets präsent. Von Randall Dunn in ein schön erdiges und warmes Soundgewand gegossen, sind diese fünf Songs, die mit Eating Our Bodies Out und Iron Water voller Schwermut einerseits und Poesie andererseits, ein eindringliches Ende finden. Kurz, Mare Decendrii ist eine faustdicke Überraschung, die Schönste seit langem. Und unbedingt empfehlenswert für alle, die keine Grenzen kennen.

Veröffentlichungstermin: 22. März 2011

Spielzeit: 60:41 Min.

Line-Up:

Faith Coloccia
Aaron Turner
Travis Rommereim

Gastmusiker:
Brian Cook
Don McGreevy
Eyvind Kang
Timba Harris
Moriah Neils
Aaron Harris
Joe Preston
Sera Timms
Jussi Lehtisalo
Mika Ratto
Jessica Kenney
Parvaneh Daneshvar

Produziert von Randal Dunn
Label: Conspiracy Records
MySpace: http://www.myspace.com/mamiffer

Tracklist:

1. As Freedom Rings
2. We Speak In The Dark
3. Blanket Of Ash
4. Eating Our Bodies Out
5. Iron Water

 

 

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