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LIVING COLOUR: Collideoscope

Wer die alten Platten schon hat bewahrt sich seine Liebe für LIVING COLOUR und kauft bitte nicht „Collideoscope“.

Es gibt sie, diese CDs die einen in tiefere Depression stürzen als so manche gepflegte Doom-Scheibe. Eine davon ist diese CD von LIVING COLOUR. Mit ihrem 88er Debüt „Vivid“ hauten sie eine Bombe in die damalige Haarspray-Scene. Funkig-rockig mit teils abgedrehtem Flair und alles musikalisch mehr als beeindruckend umgesetzt waren LIVING COLOUR als farbige Band wie der Finger in der Wunde des immer oberflächlicher werdenden US-Hard-Rock. Es folgten die gutklassigen „Times up“ und „Stain“, welches sich etwas vom Easy-Feeling löste und erstaunlich dunkle Töne hervorbrachte und mit dem etwas untergegangenen „Pride“ war dann 1995 Schluß. Der Verehrung der Band tat dies keinen Abbruch, die Herren waren gutgebuchte Studio-Musiker und bei dem Namen LIVING COLOUR leuchteten die Augen der Fans. Hätten sie es doch dabei belassen!

Der erste Durchlauf von „Collideoscope“ im Autoradio hat mir definitiv einen viel versprechenden Job versaut, so nörgelig war ich schon lange nicht mehr. Um mal von Hinten anzufangen: Der Sound ist unter aller Sau. Der dumpfe untransparente Sound klingt nach tiefem Proberaum-Niveau und wirklich nicht einen Moment nach fast 2 Jahren Studioaufenthalt. Für eine Eigenproduktion von Studiomusikern echt peinlich, da kann kein unabhängiger Mischer was retten. Aber was zählt ist ja bekanntlich die Musik, und da macht sich sehr schnell Enttäuschung breit. Die meisten Songs aalen sich in Belanglosigkeit oder sind einfach nur schlecht. Sicher ist es schwer objektiv zu bleiben wenn man morgens erst zur Vorbereitung auf die Review „Vivid“ und „Stain“ gehört hat, aber es fängt an beim kraftlosen Gesang der nicht mehr viel mit der ausdrucksstarken Stimme der alten Platten zu tun hat. Der ehemals als Wundergitarrist gefeierte Vernon Reid lässt, wenn überhaupt, nur in wenigen Momenten erahnen was er drauf hatte. Auch die Vorzeigegroover Will Calhoun (Drums) und Doug Wimbish (Bass) halten sich sehr zurück und sind weit in den Hintergrund gemischt. Mit „Lost halo“, dem bluesigen „Holy roller“ oder „A ? of when“ (ohne den blöden Gesangseffekt) lassen LIVING COLOUR kurz erahnen dass sie es eigentlich noch drauf haben sollten eine starke Platte zu machen. Beim Reggae „Nightmare city“ vergisst man kurz dass hier LIVING COLOUR am Werk sind. Ansonsten nerven die Lieder mit Gesangseffekten um die fehlende Bandbreite der Stimme zu überdecken und durch belangloses Songwriting. Und um das Ganze dann endgültig abzuschießen versaut man den BEATLES-Klassiker „Tomorrow never knows“ mit Elektrolärm und blamiert sich mit dem Cover von AC/DCs „Back in black“ wo sich Corey Glover erfolglos die Seele aus dem Leib kreischt. Bei „In your name“ wird gnadenlos bei „Come together“ geklaut, die BEATLES lassen grüßen. Live mögen manche der Songs vielleicht etwas knackiger klingen, und ich kann mir gut vorstellen dass die Herren an dieser Reunion eine Menge Spaß haben. Aber den sollten sie auch ihren Fans gönnen und dafür ist diese CD einfach nicht gut genug. Da nützen auch die wie damals tiefgreifenden Texte nicht mehr viel.

Sorry, ich bin selten bereit mich dem Gefühl des Enttäuschtsein hinzugeben, aber mit dieser CD haben sich LIVING COLOUR bei mir abgeschossen. Wer die Band nicht kennt besorgt sich das Debüt „Vivid“ und wird begeistert sein. Wer die alten Platten schon hat bewahrt sich seine Liebe für LIVING COLOUR und kauft bitte nicht „Collideoscope“.

Spielzeit: 60:39 Min.

Line-Up:
Corey Glover – Vocals

Vernon Reid – Guitar

Doug Wimbish – Bass

Will Calhoun – Drums

Produziert von Living Colour, Andy Stackpole
Label: Sanctuary Records

Tracklist:
1. Song Without Sin

2. A? Of When

3. Operation Mind Control

4. Flying

5. In Your Name

6. Back In Black

7. Nightmare City

8. Lost Halo

9. Holy Roller

10. Great Expectations

11. Choices Mash Up/ Happy Shopper

12. Pocket Of Tears

13. Sacred Ground

14. Tomorrow Never Knows

15. Nova

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