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JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE: Bilder fressen Strom

Bestimmt nicht das beste JAKA-Album, aber allein schon wegen den Texten kaufenswert.

Wieder mal einen Tag gehabt, bei dem man jeden versohlt, der einfach nur fragt: Wie geht es an diesem wundervollen Tag? Nein, der hat nicht begriffen, dass alles halt doch scheiße ist. JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE haben das schon lange gemerkt und dank ihnen kann die Gleichung Realismus = Zynismus aufgestellt werden. Beweisen lässt sich diese Behauptung allerdings nur mit offenen Augen, die man haben muss, wenn man durch diese Welt läuft. Oder wenn Bilder fressen Strom mal wieder läuft. Und weil wir schon in der knallharten Realität sind, fällt auf, dass die Grindpunks schon mal etwas mehr begeistern konnten.

Das schöne an JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE ist, dass sie immer mehr verbittern, je länger es sie gibt. Das sorgt für die besten Texte, die es derzeit irgendwo zu lesen gibt, und die Musik geht da wieder einmal d´accord. JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE pissen alles und jeden an, natürlich auch sich selbst. Musikalisch wird Ungewöhnliches geboten, aber Moment mal. Musikalisch tut sich doch nicht sehr viel Neues, zumindest für die Verhältnisse des Sextetts. Eine seltsame, vertrackte Abart von Grindcore wird auch hier wieder eine knappe Dreiviertelstunde präsentiert, voller ordentlicher Verrücktheit, komplexem Songwriting, aber auch schön einfacher, punkiger Quickies. Dabei gehen sie ebenso schlau wie pfeilschnell vor. Immer wieder gibt es ein paar neue Elemente, wie das elektronische Jochbeinbruch zeigt, aber auch ein paar sehr rhythmisch gewagte Einschübe werden immer wieder dazu benutzt, um das Hören interessant zu gestalten.

Aber wie gesagt, im Westen nichts Neues. Das, was Bilder fressen Strom wirklich hätte werden können, haben JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE nicht zugelassen. Diese ganzen kleinen Experimente hätten sie ausweiten sollen, stattdessen gibt es Weiterentwicklung unter der Lupe, irgendwie inkonsequent. Kein Wunder, dass die kurzen, direkten Songs wie Minderleister, Sorgsam durcheinandergebracht, Deutsche und Links am besten sind. Aber auch das fünfminütige Eröffnungsstück Die Schlachtung ist grandios. Die Instrumentalstücke Milchkrieg, Lebendgewicht und Schmerzrakete sind hingegen reines Füllmaterial. Unterm Strich kann Bilder fressen Strom also leider nicht mit Hardcore aus der ersten Welt mithalten und ist trotz seiner Stärken und vieler guter Songs ein etwas zweischneidiges Schwert.

Aber nichtsdestotrotz ist JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELEein bissiges, wildes Album gelungen. Instrumental ist alles im Lot, die Gitarristen Klaus und René, sowie Schlagzeuger Christof Kather sind eben ein eingespieltes Team, sie kennen sich seit Jahren ganz genau und erschaffen entsprechend solides Material. Auch in Sachen Gesang gibt es wenig Überraschungen, Bony Hoffs krächzendes Organ und Martin Freunds Gegrunze passen gut zusammen, aber richtig groß ist der Gastauftritt von Willi Wucher, der das richtige Deutschpunk-Feeling in die Musik bringt. Und dafür, dass Bilder fressen Strom von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE höchst persönlich selbst aufgenommen wurde, ist es verdammt sauber geworden. Der zusätzliche Mix von Jacob Bredahl sorgt für ein sehr differenziertes und originelles Soundgewand, das wirklich gelungen ist. Auch das Artwork und selbstverständlich die Texte sorgen dafür, dass Bilder fressen Strom trotz der Schwächen in einigen Songs für Fans der Band sehr empfehlenswert ist.

Veröffentlichungstermin: 29. Januar 2010

Spielzeit: 42:26 Min.

Line-Up:
Bony Hoff – Vocals
Martin Freund – Vocals
Klaus Nicodem – Guitar
René Hauffe – Guitar
Bajo Bachmann – Bass
Christof Kather – Drums
Label: Unundeux

Homepage: http://www.japanischekampfhoerspiele.de

MySpace: http://www.myspace.com/jaka

Tracklist:
1. Die Schlachtung
2. Die Kampagne
3. Supermacht
4. Milchkrieg
5. Minderleister
6. Deutschland sucht den Superstar
7. Sorgsam durcheinandergebracht
8. Tod im Tank
9. Jochbeinbruch
10. Everything Is Fine
11. Wie geht noch mal ficken?
12. Goldene Mitte
13. Rentnerparadies
14. Lebendgewicht
15. Fresssucht
16. Dement
17. Effizienz
18. Deutsche
19. Mimikri
20. Der Arsch
21. Angriff auf die Zivilisation
22. Auto
23. Schmerzrakete
24. Die Reinigung
25. Links
26. Nachahmer
27. Emotionen

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