blank

GLASS HAMMER: If

"If" ist ein richtig gutes Progressive Rock-Album, aber ob GLASS HAMMER sich endlich in der Riege der großen Bands dieses Metiers etablieren können oder weiterhin "nur" ein Geheimtipp bleiben, wird letztlich nur der Test der Zeit zeigen.

YES-Fans da draußen? Gut, denn für die ist If sicher besonders interessant. Die Amerikaner  GLASS HAMMER haben sich im Gegensatz zur letzten Langrille Culture Of Ascent von 2007 personell weitestgehend neu aufgestellt und sich wieder auf ihre größten Stärken besonnen. War der Vorgänger viel jazziger und noch erheblich schwerer verdaulich, so ist If wieder ein wenig stärker songorientiert, wenn auch alles andere als leichte Kost. Der aktuelle Sänger Jon Davison scheint beinahe ein junger Jon Anderson (ex-YES) zu sein, kommt er doch von der Stimmlage über die Phrasierung oder die Aussprache vom Ergebnis her erstaunlich nahe an das charakteristische Original und damit an das Markenzeichen von YES heran.

If ist ein gutes Retroprog-Album, dass vielleicht ein wenig zu sehr an die unverkennbaren Vorbilder angelehnt ist, aber da diese in letzter Zeit zwar an der Livefront aktiv sind, aber noch keine neue Scheibe in Sicht ist, dürfen GLASS HAMMER sicher temporär in die Bresche springen. Teilweise kommt das Material leicht sperrig und auf den ersten Blick ein wenig zu verschachtelt rüber, aber die charismatische Stimme Davisons und die dominierenden Keyboards bzw. analogen Hammonds und Synthies der beiden GLASS HAMMER-Köpfe und Multi-Instrumentalisten Babb und Schendel fangen den Hörer immer wieder gekonnt ein. Sie geben der Scheibe einen Rahmen, der allerdings oft genug viel Spielraum für ausufernde Arrangements und komplexe Songstrukturen bereithält. Alleine das abschließende, fast fünfundzwanzig Minuten andauernde Opus If The Sun ist schon aller Ehren wert, treffen sich hier doch herrlich verspielter Retroprog und filigrane Spielkunst auf epischer Breite. Überhaupt geht nur einmal (Grace The Sky) die Spieldauer eines Songs unter fünf Minuten. Die Produktion ist angenehm warm, wie auch beim Gebrauch überwiegend analoger Instrumente zu erwarten. Das Mastering geht im Übrigen auf das Konto von Bob Katz, der schon an zahlreichen Grammys beteiligt war.

GLASS HAMMER reichen bei allem individuellen Können jedoch nur begrenzt an die Qualität der Progressive Rock-Veteranen um Anderson, Howe oder Wakeman und Co heran. Aber auch so sind sie immer noch einer der aktuell besten Vertreter des Genres und sollten langsam, aber sicher nach neun Studio-Alben und fast zwanzig Jahren Bandgeschichte mal aus dem Untergrund ins Licht einer breiteren Öffentlichkeit treten. Nur ist dann der aktuelle Weg der richtige?
Das fantastische und dezent an die Werke von Roger Dean (u.a. YES, BUDGIE oder ASIA) erinnernde Artwork stammt von Tom Kuhn und muss den Vergleich mit dem Altmeister kaum scheuen. Auch die gesamte Aufmachung des Booklets u.ä. zeigt die Detailverliebtheit der Amerikaner.

If ist ein richtig gutes Progressive Rock-Album, aber ob GLASS HAMMER sich endlich in der Riege der großen Bands dieses Metiers etablieren können oder weiterhin nur ein Geheimtipp bleiben, wird letztlich nur der Test der Zeit zeigen. Das berühmte Potential ist sicher mehr als genug vorhanden. Nur werden zumindest jüngere Fans eher zu den Originalen greifen und Prog-Veteranen, YES-Komplettisten oder Traditionalisten generell es sich zweimal überlegen, ein – wenn auch gutes – Plagiat ins Regal zu stellen. GLASS HAMMER haben in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie in der Lage sind, eigenständig, innovativ und vor allem kreativ zu sein. Nun sollten sie sich entscheiden, ob sie eigene Wege einschlagen wollen und möglicherweise eigene Spuren hinterlassen möchten oder ewig als YES-Klon Altbewährtes, wenn auch mehr als passabel, ledig aufwärmen wollen.    

GAST-REVIEW VON MARTIN STARK

Veröffentlichungstermin: 24.09.2010

Spielzeit: 66:58 Min.

Line-Up:
Steve Babb – Keyboards, Steel Guitar, Mandolin, Backing Vocals
Fred Schendel – Bass, Keyboards, Backing Vocals  
Jon Davison – Vocals
Alan Shikoh – Guitar
Randall Williams – Drums

Produziert von Steve Babb & Fred Schendel
Label: Sound Resources

Homepage: http://www.glasshammer.com

MySpace-Seite: http://www.myspace.com/glasshammer11

Tracklist:
1. Beyond, Within
2. Behold The Ziddle
3. Grace The Sky
4. At Last We Are
5. If The Stars
6. If The Sun

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner