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FOZZY: All That Remains

"All That Remains" ist das erste FOZZY-Album, bei dem man vollständig auf oft fragwürdige Coverversionen verzichtet hat – Gott sei Dank, denn erst jetzt kommt das kreative Potenzial der Band so richtig zur Geltung!

Ich warne wirklich stringent davor, FOZZYs mittlerweile drittes Album All That Remains beim ersten Durchlauf zu shuffeln. Mit einer exakt 20-prozentigen Wahrscheinlichkeit könnten auf diese Weise nämlich Reaktionen auf diese Combo entstehen, die ihr so einfach nicht gerecht würden: Der musikalisch nicht ganz so weltoffene Anhänger härterer Klänge würde nämlich in olympiaverdächtiger Höchstgeschwindigkeit zurück zur Anlage jagen, um den digitalen Diskus mit einer eher Hammerwurf-artigen Bewegung aus dem Fenster zu schleudern, wenn das Album mit den Klängen von It´s A Lie eröffnet würde, bei dem Rapper BONE CRUSHER (dessen Name zumindest ziemlich gut zum Artwork der Scheiblette passt) einen Gastauftritt verzeichnet – würde man als Opener das nicht nur dem Namen nach wirklich extrem experimentierfreudige The Test vorgesetzt bekommen, bei dem zumindest phasenweise fast schon der für so manchen so furchterregende Gedanke entstehen könnte, dass hier evtl. LINKIN PARK oder sogar SLIPKNOT am Werke sein könnten, so würden an die sympathische All-Star-Formation FOZZY haufenweise Klagen wegen aus Notwehr demolierter HiFi-Anlagen oder Schnittwunden beim fachgerechten Entsorgen eines akustischen Parasiten eingereicht.

Nein, das wären sicher keine guten Aussichten, daher gilt die bindende Anweisung, sich nach käuflichem Erwerb, illegalem Download oder sonstiger Beschaffungsmaßnahme dieser CD zunächst einmal dem grandiosen Opener Nameless, der alle stärken der Band erfolgreich in sich vereint, sowie den großartigen nächsten drei Tracks zu widmen. Denn nur so kommt man ganz schnell auf den ganz entscheidenden Trichter, dass sich das Spektrum von FOZZY wesentlich breiter bewegt als bei den meisten anderen der unzähligen AOR-Combos. Ähnlich wie bei den beiden erwähnten Gefahrentracks segelt man auf All That Remains nämlich immer wieder weg vom vertrauten Hard Rock in fremdartige Gefilde – man höre nur mal das Thrash Metal-inspirierte Born Of Anger – sodass es plötzlich auch gar nicht mehr so unerträglich erscheint, einem Goldkettchenträger zuzuhören, dessen Hit-Album AttenChun vor wenigen Jahren für viele Kritiker mehr als nur erfolgreichen Schaden in der amerikanischen Orthographie angerichtet hat.

In puncto Abwechslung scheint das neue Album der fünf Mannen um den WWE-Superstar Chris Jericho (Gesang) und den früheren STUCK MOJO-Mastermind Rich Ward an der Gitarre jedenfalls schon nahezu perfekt, doch das erfreulichste an All That Remains ist einfach, dass die Band nun endgültig auf die oftmals fragwürdigen Coversongs verzichtet hat. Was sich schon auf dem letzten Album andeutete – hier bot das Quintett nämlich zumindest zwei gefällige Eigenkompositionen – ist nun wirklich eingetreten: FOZZY legen anno 2005 endlich selbst Hand an und schustern zehn ausgezeichnete Songs zusammen, die durch eine wunderbare Symbiose aus Eingängigkeit und Dynamik bestechen. Im Ernst: einen derartig energischen und frischen Release habe ich in den letzten Jahren höchstens mit DREAM EVILs The Book Of Heavy Metal vorgesetzt bekommen. Über die gesamte Tracklist wirken die Musiker (jawohl, ich bezeichne selbst den bislang weitestgehend umstrittenen Fronter Jericho als einen solchen!) unglaublich energiegeladen und verbreiten richtig gute Laune – demzufolge klingt das Material auch sehr eingängig, tritt aber eben auch mächtig Arsch, was durch Gastauftritte der Gitarrenhelden Zakk Wylde (OZZY OSBOURNE, BLACK LABEL SOCIETY), Marty Friedman (Ex-MEGADETH) sowie Mark Tremonti (CREED, ALTER BRIDGE) entscheidend aufgewertet wird. Dabei ist auch die Produktion äußert druckvoll ausgefallen – es ist immer wieder eine Wonne, den fett groovenden Soundmonstern Daze Of The Weak oder Wanderlust zu lauschen, weshalb es mir auch egal ist, ob diverse Melodien oder lyrische Konzepte in weniger attraktiver Form schon mal dagewesen sind. Mich stört es nicht, dass (F)OZZY-Sänger Chris Jericho ab und an mal eindeutige Erinnerungen an den Madman weckt (was bei Lazarus wohl auf die Spitze getrieben wird) oder dass man auch bei den Songs, bei denen Zakk Wylde de facto gar nicht beteiligt ist, berechtigterweise seinen unverwechselbaren Stil heraushört. Wenn Koryphäen wie der Titeltrack (Highlight!) mein Herz mit jedem Durchlauf wieder aufs Neue erfreuen, sehe ich hier definitiv keine Bedenken!

All That Remains ist also nicht nur das erste wirklich gute FOZZY-Album, es ist ein ganz wichtiger Release für die in den letzten Jahren doch etwas eingeschlafene Hard Rock- oder AOR-Szene. Ob dieses Album von der Konkurrenz nun als Muntermacher oder als schrecklicher Alptraum verstanden wird – beides führt in der Regel zum unmittelbaren Aufwachen. Hoffen wir also einfach mal, dass sich in dieser Sparte in den nächsten Jahren wieder etwas mehr tun wird…

Veröffentlichungstermin: 17.01.2005

Spielzeit: 41:32 Min.

Line-Up:
Chris Jericho – lead vocals

Rich Ward – guitars & backing vocals

Frank Fontsere – drums

Sean Delson – bass & backing vocals

Ryan Mallum – guitars
Label: SPV

Homepage: http://www.fozzyrock.com

Tracklist:
01. Nameless

02. Enemy

03. Wanderlust

04. All That Remains

05. The Test

06. It´s A Lie

07. Daze Of The Weak

08. The Way I Am

09. Lazarus

10. Born Of Anger

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