Willkommen zur Ronnie-Radke-Show. Wie Mugshot-Cover und Titel zu entnehmen ist, geht es auf „Popular Monster“ vor allem um eines: den Sänger und Bandchef persönlich. Sofern sich also der Laptop nicht in Luft auflöst, dürfen wir uns über 38 Minuten modernen Metals freuen, der munter Rap, Alternative, Nu und Metalcore-Anleihen in eine mächtige Produktion hüllt.
Allein Neues zu entdecken gibt es wenig: Immerhin warf Radke im Vorfeld und teils schon Jahre zuvor mehr Singles ins Publikum als Mikrofonständer: Die vier noch unveröffentlichten Songs stützen sich dabei vornehmlich auf den Sprechgesang des Bandchefs, indem mal Aggro-Rap in „No Fear“, mal eine Hybrid-Version aus Rap-Rock („Trigger Warning“, „Bad Guy“) in den Fokus rückt. Orchestrale Untermalung wie im Auftakt „Prequel“ passt natürlich hervorragend zum Bombast-Konzept, das FALLING IN REVERSE dieser Tage verfolgen.
FALLING IN REVERSE haben ein Erfolgsrezept und weichen davon kaum ab
Dass sie damit gar nicht schlecht fahren, liegt auch am effektiven, wenngleich vorhersehbaren Songwriting. Eingängige Singalongs wechseln sich ab mit durchaus ordentlichen Rap-Passagen, bis schließlich oft die bratenden Gitarren im zeitgenössisch tiefen Tuning für den nötigen Kick sorgen. Wie schnell sich das kreative Potenzial auf metallischer Seite erschöpft, ist dem generischen US-Rock-Riff von „ZOMBIFIED“ genauso anzumerken wie den wenigen Core-Elementen, welche sich im Prinzip auf den stets gleichen Breakdown beschränken, den Radke immer dann auspackt, wenn er in „Popular Monster“, „Watch The World Burn“ oder eben „Zombified“ die Intensität noch eine Nuance höherschrauben will.
Was anfangs hervorragend funktioniert, nutzt sich aufgrund der unveränderten Herangehensweise jedoch schnell ab. Leider vermögen es die wenigen stilistischen Ausreißer nicht, der Platte mehr Langlebigkeit einzuflößen: Das als symphonisch unterlegte Piano-Ballade interpretierte „Last Resort“-Cover (PAPA ROACH) ist zwar tatsächlich originell und emotional aufwühlend umgesetzt, wirkt zum Schluss des Albums jedoch mehr wie eine freundliche Dreingabe denn ein regulärer Albumtrack. Aus dem Rahmen fällt zudem die generische Country-Rock-Nummer „All My Life“ mit Gastsänger JELLY ROLL, die mit ein paar kleinen Änderungen auch als unfreiwillige Parodie durchgehen könnte.
“Popular Monster” ist in erster Linie die Ronnie-Radke-Show
Um das durchaus hitgespickte „Popular Monster“ überhaupt genießen zu können, ist allerdings eine überdurchschnittlich hohe Bullshit-Toleranz Grundvoraussetzung. Kunst von Künstler zu trennen ist im Falle Ronnie Radkes kaum möglich, kennt der Frontmann doch genau ein einziges lyrisches Thema: sich selbst. Elf Songs lang wettert er gegen Gesellschaft, Hater, Cancel Culture und Medien, um sich gleichzeitig ausgiebig in der Opferrolle zu suhlen. Radke sieht sich dabei als letzten Verfechter der Wahrheit und Bastion der freien Meinungsäußerung, beklagt sich über die übertriebene Empfindlichkeit der Mitmenschen, während er selbst die größte Schneeflocke von allen ist.
Doch passt auch das zum wirren wie narzisstischen Selbstverständnis des FALLING IN REVERSE-Masterminds: Als selbststilisiertes Opfer einer Schmierenkampagne sind die eigens verbreiteten Unwahrheiten für ihn legitime Instrumente des Widerstands, um damit auf den sozialen Medien seine Kritiker zu diskreditieren. Ronnie allein gegen den Rest der Welt. Nur wirklich gecancelt hat er bislang ausschließlich seine eigenen Shows; kann passieren, wenn der Konzert-Laptop plötzlich Beine bekommt – und möglicherweise einfach genug von Radkes egomanischem Quatsch hat.
Veröffentlichungstermin: 16.08.2024
Spielzeit: 37:48
Line-Up
Ronnie Radke – Vocals, Programming, Gitarre, Keyboard
Christian Thompson – Gitarre, Backing Vocals
Max Georgiev – Gitarre, Backing Vocals
Tyler Burgess – Bass, Backing Vocals
Luke Holland – Drums, Percussion
Produziert von Tyler Smyth, Ronnie Radke, Charles Massabo
Label: Epitaph
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