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ARCHITECTS: Holy Hell

Es ist vermutlich der größte Rückschlag, der eine Band und die Menschen dahinter ereilen kann. Als im Jahr 2016 ARCHITECTS-Gitarrist und Hauptsongwriter Tom Searle nach langer Krankheit verstarb, war die Zukunft der Metalcore-Formation zunächst ungewiss. Man wolle nur dann neue Musik veröffentlichen, so Drummer und Toms Zwillingsbruder Dan Searle seinerzeit, wenn die Qualität passe, sprich Tom auf das neue Material stolz sein würde.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis ARCHITECTS einen Nachfolger des intensiven „All Our God Have Abandoned Us“ eingespielt haben. Zwei Jahre, in welchen das Quintett ihre Trauer und Verletzlichkeit zuerst nach außen getragen und letztlich in das achte Studioalbum „Holy Hell“ kanalisiert hat.

Die schonungslose Ehrlichkeit trifft härter als jeder Breakdown

Die Bitterkeit und Wut des Vorgängers weichen folglich einer Melancholie, die „Holy Hell“ seinen unverkennbaren Charakter gibt. Obwohl die abwechslungsreichen wie komplexen Kompositionen kaum an Aggressivität eingebüßt haben, drückt sich dieser Schwermut durch melodische Leads („Modern Misery“), klagende Streicher („Holy Hell“) und die einzigartige Stimme Sam Carters aus. Dieser ruft sein gesamtes Spektrum ab und wechselt mühe- wie stufenlos von zartem Klargesang bis zu urgewaltigen Screams. Carters Performance am Limit ist nicht unwesentlich für den emotional mitreißenden und authentischen Trauerprozess, den ARCHITECTS hier durchleben.

Schon im eröffnenden „Death Is Not Defeat“ zeichnen Streicher eine einsame Klanglandschaft, durch welche Carter eine Schneise purer Verzweiflung zieht, bevor die Rhythmusfraktion sich unbändig auftürmt, die Sonne erstickt und uns unter Trümmern begräbt. Indem uns ARCHITECTS an ihrer Verletzlichkeit teilhaben lassen, trifft uns diese schonungslose Ehrlichkeit noch härter in den Magen als jeder Breakdown auf „Holy Hell“.

ARCHITECTS spielen permanent mit Kontrasten

Was nicht heißen soll, dass Album Nummer acht an songschreiberischer Klasse spart. „Dying To Heal“ und „Hereafter“ durchziehen im Refrain Gesangslinien, für die man sterben möchte, während „Royal Beggars“ durch Laut-Leise-Dynamik besticht und in einem gewaltigen Breakdown endet. Überhaupt spielen ARCHITECTS permanent mit Kontrasten: „Modern Misery“ beginnt schleppend mit einem drückenden Riff, bevor es sich im Refrain in wehmütige Gitarrenleads ergießt. Das überragende „Doomsday“ schließlich ist die Kulmination dieser Elemente und, als Vollendung einer seiner letzten Songs, die vielleicht größtmögliche Ehrerweisung an Tom Searle.

Die Vergänglichkeit unseres Seins ist ein zentrales Thema, das sich durch „Holy Hell“ wie ein roter Faden zieht. Aber gleichzeitig ist das nur die halbe Wahrheit. ARCHITECTS errichten ihrem verblichenen Freund vielmehr ein Denkmal. In puncto Songwriting hat der einstige Gitarrist hörbar Spuren hinterlassen; lyrisch greift Dan Searle Textfragmente seines Bruders Tom aus dem Vorgängeralbum auf, um dessen Gedanken weiterzuspinnen. Und als schließlich im Finale der elegischen Ballade „A Wasted Hymn“ ein von Tom aufgenommenes Gitarrenlead einen Funken Wärme spendet, umarmt die Melancholie die Zuversicht, während uns Sam Carter versichert: „All is not lost“.

Veröffentlichungstermin: 09.11.2018

Spielzeit: 42:34

Line-Up:
Tom Searle – Guitars
Sam Carter – Vocals
Josh Middleton – Guitars
Adam Christianson – Guitars
Alex Dean – Bass
Dan Searle-Desbiens – Drums, Programming

Produziert von Dan Searle-Desbiens und Josh Middleton

Label: Epitaph Records

Homepage: http://www.architectsofficial.com/
Facebook: https://www.facebook.com/architectsuk/

ARCHITECTS “Holy Hell” Tracklist

  1. Death Is Not Defeat (Video bei YouTube)
  2. Hereafter (Video bei YouTube)
  3. Mortal After All
  4. Holy Hell
  5. Damnation
  6. Royal Beggars (Video bei YouTube)
  7. Modern Misery (Video bei YouTube)
  8. Dying to Heal
  9. The Seventh Circle
  10. Doomsday (Video bei YouTube)
  11. A Wasted Hymn
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