ACROSS TUNDRAS: Electric Relics

"Real American grace": Cowgirls und Cowboys, Trapper und Gefahrensucher, das ist euer Album.

So weit der Westen, so endlos der Himmel, so unendlich die Geschichten. Electric Relics erzählt eine davon, aus der Zeit als der Strom in den Westen kam. ACROSS TUNDRAS haben zwar keine Geschichtsstunde parat, dafür ein Album, das die drückende Hitze und die unerträgliche Schwüle des Westens in das gemütliche Wohnzimmer bringt. Die Band aus Nashville, Tennessee, ist seit gut zehn Jahren beinahe endlos fleißig, hat in dieser Zeit eine beachtliche Menge an Alben, EPs und Splits veröffentlicht. Vor zwei Jahren war es das Album Sage auf NEUROT RECORDINGS, das der Band einen Bekanntheitssprung bescherte. Heute sind ACROSS TUNDRAS völlig DIY. Selbst gedruckte Shirts und Siebdruck-LPs – Electric Relics gehört allerdings nicht dazu – zeigen es: Sämtliche Kreativität, vom Design bis hin zur Produktion, liegt in den Händen von ACROSS TUNDRAS selbst. Die vielbesungene Freiheit des Westens, die Weite, das Gefühl des Abenteuers, das übertragen ACROSS TUNDRAS ganz authentisch auf die Bandsituation.

Vielleicht ist deshalb Electric Relics ein qualitativer Quantensprung zu Sage. Heute lassen sich Tanner Olson und seine Mitstreiter nicht mehr aus der Ruhe bringen, sie haben ein unglaublich dichtes, atmosphärisches Album parat, das enorm viele Facetten hat und sich ebenso groß und majestätisch ausbreitet wie die Felsen, die in der Wüste mit dem glühenden Himmel verschmelzen. ACROSS TUNDRAS liegen irgendwo zwischen EARTH, US CHRISTMAS, NEIL YOUNG, BLACK SABBATH und NEUROSIS und wirken gleich zu Beginn wie eine Band, die sich von ihrer bodenständigen Heaviness treiben lässt, ohne dabei verkopft zu wirken. Statt sich jedoch in ausufernden Jams zu verlieren, behält das Nashville-Gespann stets den Song im Auge.

Pining For The Gravel Roads hat einen unwahrscheinlich wuchtigen Groove, ist trotz aller Heaviness ganz entspannt, bringt das Südstaatenflair authentisch rüber und lässt die Realitätsflucht beginnen, die derer ähnelt, wenn wir ein Buch von Cormac McCarthy aufschlagen und in seine unsentimentale Welt gerissen werden. Allerdings sind ACROSS TUNDRAS nicht ganz so fatalistisch, wenn sie ihre Geschichten erzählen – der perfekte Auftakt für dieses Album. Die acht Songs auf Electric Relics sind oftmals recht unterschiedlich, folgen aber dem roten Faden, der das Album durchzieht. So groovt Den Of Poison Snakes und ist unterschwellig boshaft, während Driftless Caravan etwas beschwingter wirkt, bevor es abbremst und ziemlich bluesig wirkt. Ähnlich ist Castaway, das anfangs sehr entspannt ist und im Refrain zu einem Heavy-Rock-Monstrum verkommt.

ACROSS TUNDRAS steigern sich bis zum Ende von Electric Relics, bauen mit dem dunklen, melancholischen Americana-Song Solar Ark eine Brücke zum unfassbar großen, epischen Finale Unfortunate Son, das langsam, aber mächtig kommt und verflucht heavy ist und dessen Bläser am Ende wie ein erlösender Siegeszug klingen. Aber eigentlich ist Electric Relics ein einziger Siegeszug. Statt auf Jams konzentrieren sich ACROSS TUNDRAS auf starkes Songwriting, statt zu viel Psychedelic Rock wird das Flair des Westens zum Leben erweckt. Dazu passt die exzellente Gitarrenarbeit, die bodenständig, aber doch mit vielen Raffinessen ausgestattet ist. Das Feeling stimmt auch beim pulsierenden Bass, dem mordsgroovigen Schlagzeug und dem Gesang. Die offene, sehr erdige Produktion fügt sich nahtlos in das Gesamtbild ein. Und nicht zuletzt ist auch das großartige Artwork für die packende Atmosphäre mitverantwortlich.

Auch wenn es aus dem Kontext gerissen ist, eine Textzeile fasst diese wundervollen vierzig Minuten perfekt zusammen: Real American grace. ACROSS TUNDRAS erschaffen durch ihr fokussiertes, im richtigen Moment lockeres Songwriting riesige Bilder des Westens im inneren Auge des Hörers, sie erzählen eine Geschichte, die den Hörer Freiheit und Gefahr schmecken lässt. Electric Relics ist ein unfassbar großes Album, ein Füllhorn an fantastischen Ideen, erschafft eine tolle Atmosphäre und lässt den Wunsch entstehen, selbst mal durch die Prärie zu reiten, in der Hoffnung selbst gefährliche Abenteuer zu entdecken. Cowgirls und Cowboys, Trapper und Gefahrensucher, das ist euer Album.

Erhältlich ist Electric Relics direkt bei der Band auf Vinyl oder – zusammen mit dem Großteil der anderen Veröffentlichungen der Band und Tanner Olsons Soloalben – auf Pay What You Want-Basis in digitaler Version auf der unten stehenden Bandcamp-Seite von ACROSS TUNDRAS.

Veröffentlichungstermin: 18. April 2013

Spielzeit: 40:57 Min.

Line-Up:
Tanner Olson – Guitars, Vocals, Drones, Lyrics
Casey Perry – Drums, Percussion
Mikey Allred – Bass, Vocals, Piano, Organ, Synthesizers, Mellotron, Trombone
Joey Allred – Slide Guitar on Solar Ark, Vocals on Unfortunate Son

Produziert von ACROSS TUNDRAS
Label: Electric Relics

Homepage: http://acrosstundras.bandcamp.com/
Mehr im Netz: https://www.facebook.com/pages/ACROSS-TUNDRAS/67862323857

Tracklist:
1. Pining For The Gravel Roads
2. Den Of Poison Snakes
3. Kiln Of The First Flame
4. Driftless Caravan
5. Seasick Serenade
6. Castaway
7. Solar Ark
8. Unfortunate Son

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