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JONATHAN DAVIS AND THE SFA: Alone I Play / Live at the Union Chapel [CD/DVD]

Der durchwachsen klingende Beweis dafür, dass Jonathan Davis lieber wieder mit KORN Gas geben sollte.

Sänger haben es häufig genug schwer, zu beweisen, dass auch sie vollwertige Musiker und nicht nur gutaussehende Frontmänner sind, die mit ein paar lockeren Sprüchen die Massen anheizen und ansonsten vom Groove ihrer Hintermannschaft profitieren. Und so machte sich auch JONATHAN DAVIS, seines Zeichen Hauptpsychopath und Sänger bei KORN, vor einigen Jahren daran, mit dem Soundtrack zu Queen Of The Damned den Beweis anzutreten, dass auch er was von Rhythmus- und Harmonielehre versteht. Die dabei entstandenen Songs kommen nun zusammen mit einigen KORN-Schmankerln im ausgedünnten Soundgewand auf Alone I Play zum Live-Einsatz. So weit, so interessant.

Stellt sich nur die Frage, welcher Erkenntniszugewinn mit dieser Live-CD/DVD verbunden ist – kann der Herr Davis mit zurückhaltenderer Begleitband stimmlich noch stärker auftrumpfen oder stinkt er ohne die typischen Basslinien und Drumgrooves, für die KORN mit Recht zur Spitze der Nu-Metal-Bewegung gerechnet werden, hoffnungslos ab? Betrachtet man das rein akustische Ergebnis auf CD, so treibt sich die Wahrheit wie so oft entscheidungsschwach in der Mitte rum. Unbestritten dürfte bei all jenen, bei denen die Weiterentwicklung des Metals nicht kurz nach der Gründung von MANOWAR beendet war, sein, dass JONATHAN DAVIS mit seinem emotional-durchgeknallten Leidensgesang inklusive hysterischer Schreiattacken einen der unverwechselbarsten Frontmänner der Szene darstellt.

Und auch auf Alone I Play kommt diese Stärke zum Einsatz. Hooklines wie bei Alone I Break fräsen sich unnachahmlich in die Hirnrinde, freakige Ausbrüche wie bei Kick The P.A. sorgen für die nötige Portion Unberechenbarkeit. Zugleich macht Alone I Play aber deutlich, dass die einmalige Magie von Krachern wie Falling Away From Me nur von der gesamten KORN-Mannschaft bei voller Lautstärke evoziert werden kann. Hier hingegen schleppen sich doch einige Songs arg saftlos dahin, was vor allem an der zurückhaltenden Härte der Instrumentierung liegt. Die klassischen Rockinstrumente wirken angeleint und gezähmt, während sich das Keyboard und die Violine immer wieder in den Vordergrund drängeln.

Bei 4U mag das noch einen sphärischen Klangteppich erzeugen, doch meist nervt vor allem die etwas orientalisch angehauchte Geigenarbeit von Shenkar mehr, als dass sie zum Rest der Songs passen würde. Und wenn dann Hey Daddy mit leicht soulig-funkigem Vers daherkommt, wird die Toleranzgrenze für viele vampster-Leser endgültig überschritten sein. Nix gegen Offenheit im Denken und kreative Verschmelzungen scheinbar unpassender Kombinationen, aber auf Alone I Play ruft die Mixtur von Unplugged-Cheesiness und abgedrehteren Momenten vermutlich nur aufgrund der Präsenz von Mister Davis persönlich Jubelstürme beim Londoner Publikum hervor. Stimmig ist sie nämlich nicht, vielmehr entsteht häufig der Eindruck, hier würde trotz der talentierten Musikanten, die mit Jonathan alone spielen, aneinander vorbeimusiziert, nicht zuletzt dank eines unsauber gespielten oder verstimmten Basses gleich zu Beginn. Die DVD kann da nur bedingt visuelle Akzente setzen.

Die Union Chapel verbreitet zwar dezent gotisches Flair, was durch das Bühnenbild aufgegriffen wird, doch passt das gar nicht so recht zur uramerikanisch geprägten Musik. Geradezu sinnbildlich für die zu verhaltene Ausrichtung der Musik ist darüber hinaus, dass JONATHAN DAVIS bis zum vorletzten Song auf einem riesigen roten Plüschsessel statisch in der Bühnenmitte verharrt. Umso größer fällt da das Lob an die Regie aus, die mit vielen abwechslungsreichen Einstellungen und dynamischen Schnitten dafür sorgt, dass die Bühnenshow trotz der festen Plätze der Musiker lebendig und variabel wirkt. Ein Pflichtkauf wird Alone I Play dadurch aber immer noch nicht, denn zusätzliches wie auch immer geartetes Bonusmaterial gibt es nicht.

Veröffentlichungstermin: 26.08.2011

Spielzeit: jeweils 78:46 Min.

Line-Up:

Jonathan Davis – Gesang
Michael Jochum – Schlagzeug, Percussion
Shane Gibson – Gitarre
Miles Mosley – Bass
Zac Baird – Keyboards
Shenkar – Violine

Produziert von Gunther Coach
Label: Music In Motion/Intergroove

Homepage: http://www.jdsfa.com

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/jonathandavisandthesfa

Tracklist:
System
Last Legal Drug
4U
Hey Daddy
Forsaken
Dirty
Alone I Break
Slept So Long
Kick The P.A.
Not Meant For Me
Hold On
Careless
Redeemer
Got The Life
Falling Away From Me

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