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22. Fantasy Filmfest im Cinedom, Köln vom 20. bis 27. August 2008

Auch 2008 waren wir beim FANTASY FILMFEST in Köln und es hat sich wieder einmal gelohnt.

Das FANTASY FILMFEST geht in die 22. Runde. Und natürlich waren wir wieder vor Ort und haben uns einige Filme angesehen. Dieses Jahr waren die Bereiche Horror/Slasher/Thriller eindeutig auf dem Vormarsch. Sei es der Opening Night-Film Eden Lake, der Schocker Midnight Meat Train oder The Chaser in der Closing Night. Auch die Organisatoren wiesen am Eröffnungstag darauf hin: Den Filmemachern scheint die Lust auf Happy Ends vergangen zu sein. Neben den Filmen, die man sonst nur geschnitten oder deutlich später zu sehen bekommt, ist es auch das Publikum, welches den Reiz des FANTASY FILMFEST ausmacht. Wo sonst gibt es lauten Beifall, wenn der böse Killer seinem Opfer mit einem Hammer so deftig auf den Hinterkopf prügelt, dass die Augen aus den Höhlen springen? Richtig, nirgendwo. Aber genug des Vorgeplänkels, auf zu den Filmen.

EDEN LAKE (UK / 2008 / 91min)

Für die Opening Night hatte man dieses Jahr den englischen Film Eden Lake auserkoren. Dieser lief auf dem FANTASY FILMFEST als Weltpremiere. Auch wenn Eden Lake im Vergleich zu vergangenen Opening Night-Knallern wie Kiss Kiss Bang Bang, Sin City oder dem letztjährigen Überraschungshit Black Sheep etwas schwächelte, war der Horro-Trip in die britische Pampa dennoch eine sehenswerte, wenn auch sicher nicht angenehme Erfahrung. Oder wie es ein englischer Journalist wohl schon schrieb: Eden Lake sieht man sich nicht an, Eden Lake überlebt man.

Dabei fängt doch alles so schön an. Steve will mit seiner Freundin nur ein romantisches Wochenende am idyllischen Eden Lake verbringen, bevor dort eine exklusive, abgesperrte Wohngegend entsteht. Doch ein paar Kids, die ebenfalls am Strand rumhängen, gönnen den beiden ihre Ruhe nicht und als die Bande nach diversen Provokationen auch noch Steves Autoschlüssel und Handy klaut, eskaliert die Situation schon bald. Es kommt zu einer blutigen Jagd durch den Wald, bei der niemand geschont wird. Der völlig verrohte Anführer der Kids treibt die anderen zu einer Gewaltorgie. Doch Jenny erweist sich letztendlich als wehrhafter, als man es der zierlichen Dame zugetraut hätte. Schließlich schafft sie es in die Stadt in die scheinbare Sicherheit…

Eden Lake ist schonungslos und brutal. Nicht das Blut macht den Film so schwer erträglich, sondern die fehlende Distanz des Zuschauers zum Geschehen. Es fällt schwer sich zu denken, Ach, das ist nur ein Film. Nein, man weiß, dass das Gezeigte, so grausam es auch sein mag, weitab ist von der Illusion des Films. Eden Lake wirkt beklemmend realistisch und liegt deswegen schwer im Magen. Dabei ist Eden Lake kein Meisterwerk, eher sehr solides Handwerk und sicher kein Film, den man gesehen haben muss. Aber es schadet auch nicht, ihn gesehen zu haben, auch wenn er schwer im Magen liegt.

MIDNIGHT MEAT TRAIN (USA / 2008 / 98min)

Am nächsten Abend lösten wir dann unser Ticket für den Midnight Meat Train mit dem großartigen Vinnie Jones in der Verfilmung einer Kurzgeschichte von Clive Barker. Leon Kauffman ist Fotograf und hat eine Bekanntschaft gemacht, die ihn weiterbringen könnte, wenn ihm ein paar wirklich gute Bilder gelingen. Also treibt er sich nachts in den Straßen von New York rum und sucht nach Motiven. Diese findet er, als ein paar schwarze Jungs eine junge Asiatin in der U-Bahn bedrängen. Leon fotografiert die Szene und geht mehr oder weniger dazwischen, so dass die junge Frau unbeschadet ihren Zug bekommt, nur um kurz darauf als vermisst gemeldet zu werden. Der Zuschauer weiß zu dieser Zeit natürlich schon längst, was passiert ist, denn der eiskalte Killer Mahogany aka Vinnie Jones hat den Hammer bereits ausgepackt. Noch nicht ganz so weit ist natürlich Leon, der allerdings anfängt in der Sache zu ermitteln und schon bald auf Mahoganys Spur kommt und ihm nachstellt. Was er herausfindet, ist mehr als beunruhigend und als Mahogany bemerkt, dass man ihm nachspürt, wird es mehr als eng. Zwar wirkt das Ende etwas arg konstruiert, aber trotzdem bietet Midnight Meat Train für jeden Splatter-Freund gute anderthalb Stunden beste Unterhaltung. Dazu trägt auch Vinnie Jones bei, der wie die Idealbesetzung für den stoischen Schlachter Mahogany wirkt.

JACK BROOKS, MONSTER SLAYER (CAN / 2007 / 85min)

Bestens unterhalten wird man auch mit Jack Brooks, in dem der unsterbliche Robert Freddy Englund einen sehr coolen Auftritt hat. Jack Brooks hat ein Problem: Seit er als Kind – vor Angst regungslos – zusehen musste, wie seine Familie ermordet wurde, hat der Gute ein Aggressionsproblem. Die Therapie geht nicht so richtig weiter und seine Freundin ist auch eher nervtötend. Und dann sind da noch die nächtlichen Kurse bei Professor Crowley, gespielt von Mr. Englund höchstselbst. Als er dann auch noch versehentlich bei Klempnerarbeiten im Hause des Professors einen alten Dämonen befreit, ist die Kacke richtig am Dampfen und er kann seine Aggressionen endlich mal zu etwas nutzen und zwar dazu, es dem Monster-Abschaum so richtig zu zeigen. Hell Yeah! Mit seinem Debütwerk hat Drehbuchautor John Ainslie eine Horror-Trash-Komödie par excellence abgeliefert. Keine CGI-Effekte sondern die gute alte Kunst der Maskenbildner ist in diesem Film gefragt. Das verleiht dem Film seinen ganz eigenen Charme und irgendwie wirkt er ein wenig wie ein Relikt aus den Achtzigern. Und macht dabei eine Menge Spaß.

MARTYRS (FRA/CAN / 2008 / 97min)

Nach der locker flockigen Unterhaltung, die Jack Brooks bot, kam mit Martyrs der wohl härteste Film des diesjährigen FFF und definitiv einer der, wenn nicht sogar der härteste Film, den ich je gesehen habe. Ich würde tatsächlich soweit gehen zu sagen, dass ein guter Teil meines Bekanntenkreises den Film wohl nicht bis zum Ende ausgehalten hätte. Und tatsächlich war dies auch einer der wenigen Filme auf dem FFF, bei dem es über die ganze Dauer im Kino totenstill war, bis nach dem Film zögerlich aber letztlich doch vom größten Teil des Publikum der Applaus kam. Wenn Eden Lake schon unangenehm war, dann war Martyrs der absolute Horrortrip in die Abgründe menschlichen Grauens.

Der Film ist eigentlich zweigeteilt. Es beginnt damit, dass die junge Lucie aus einem alten Fabrikgelände flieht. Mit deutlichen Zeichen von Misshandlung entkommt sie ihren Peinigern und kommt in ein Heim, wo sie keinen Anschluss zu anderen Kindern findet und von Albträumen geplagt wird. Wer ist dieser Mensch, der sie in ihren Träumen verfolgt und sie verletzen möchte? Ihre einizige Freundin ist Anna. Schnitt. Jahre später. Eine Familie beim Frühstück. Vater, Mutter, Tochter und Sohn. Dann klingelt es an der Tür. Als der Vater sie öffnet, sieht er in die Augen von Lucie, inzwischen eine junge Frau. Eine junge Frau mit einer Schrotflinte. Nachdem sie die Familie ausgelöscht hat, eilt Anna ihr zur Hilfe, doch immer noch sind da diese Albträume, diese Person, die ihr Schmerzen zufügt. Und wenn man glaubt, es geht nicht mehr schlimmer, fängt Martyrs erst richtig an. Über den weiteren Verlauf möchte ich nichts verraten, da dies dem Film sicher einen Teil seines Reizes nehmen würde. Regisseur und Drehbuchautor Pascal Laugier geht mit diesem Film wirklich an die Grenzen des Erträglichen – und für viele Leute sicher auch ein gutes Stück darüber hinaus.

Martyrs ist definitiv kein Film für Videoabende und sicher auch kein Film, den man sich immer anschauen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn überhaupt noch mal sehen wollen würde, doch das liegt nicht an der Qualität des Films sondern schlicht und ergreifend daran, dass dieser Film einen wirklich fertig macht. Wenn ihr mal an eure Grenzen gehen wollt, schaut euch diesen Film an. Dagegen sind pseudoharte Folterpornos wie Hostel einfach nur ein Witz. Dies soll aber auch kein Vergleich sein, denn auch wenn man oberflächlich einige Parallelen ziehen könnte, so geht es bei Martyrs um so viel mehr. Über das Ende beziehungsweise die Auflösung kann man sicher geteilter Meinung sein, aber dies gilt wohl für den gesamten Film. Die einen werden ihn als Meisterwerk verehren, andere werden ihn als widerlichen Schund verachten. Ich zähle mich zur ersten Gruppe.

MY NAME IS BRUCE (USA / 2007 / 90min)

Nach Martyrs brauchte ich genau so einen Film wie My Name Is Bruce, um wieder runter zu kommen. Hauptdarsteller Bruce Campbell, dem Horror-Fan selbstverständlich unter anderem aus der Evil Dead-Reihe bekannt, spielt hier sich selbst und hat nebenbei auch gleich noch Regie geführt. Als völlig runter gekommener, von seiner Frau – die es mit seinem Agenten treibt – geschiedener und an der Flasche hängender B-Movie-Darsteller ist Bruce Campbell wirklich am Ende angelangt. Er wohnt in einem Wohnwagen und als Schauspieler nimmt ihn auch keiner mehr so richtig ernst. Wie auch, behandelt er doch seine Fans ziemlich schlecht. Dazu noch sein Hang zum Alkoholismus und seine Ex-Frau, die mit seinem Agenten vögelt. Man könnte sagen, dass Mr. Campbell ziemlich am Ende ist.

Als jedoch einer seiner größten Fans auf dm Friedhof seines Heimatdorfes einen uralten chinesischen Dämonen befreit, kommt Bruce zu seiner Chance zu zeigen, dass er es noch drauf hat – wenn auch eher unfreiwillig. Denn die Dorfbevölkerung kidnappt ihn mal eben und bittet ihn dann, das Problem zu lösen, schließlich muss er doch wissen, wie man mit solcherlei Gezücht umgeht. Dumm nur, dass Bruce denkt, dass es nur um einen Film geht und sich natürlich drauf einlässt. War Jack Brooks an diesem Tag schon für einige Lacher gut, kommt man bei My Name Is Bruce aus dem Lachen kaum noch heraus. Es ist einfach großartig, wie Campbell sich hier selber auf die Schippe nimmt, da stört es auch kaum, dass für einen Bruce Campbell-Film hier verdächtig wenig Blut fließt. Quasi Unterhaltung für die ganze Familie.

WALTZ WITH BASHIR (ISR/GER/FRA / 2008 / 90min)

Einen Antikriegsfilm der besonderen Art gab es mit der deutsch/französisch/israelischen Co-Produktion Waltz With Bashir. Ari Folman unterhält sich in einer Bar mit einem Freund, der ihn von seinem immer wiederkehrenden Albtraum erzählt. Von 26 Hunden, die ihn jagen, die seinen Kopf wollen. Schuld an diesem Traum ist seine Zeit im ersten Libanon-Krieg. Ari selbst hat überhaupt keine Erinnerungen an seine Zeit im Krieg und macht sich auf, um mit alten Freunden zu reden, um damit seine Erinnerung zurück zu erlangen. Doch alles, was er immer wieder vor seinem geistigen Auge sieht, ist diese eine Szene am Strand von Beirut. Er liegt im Meer, während der Himmel von Leuchtraketen erhellt wird. Aber Stück für Stück kommt er seinen Erinnerungen auf die Spur. Dieser animierte Film ist wie eine Dokumentation aufgebaut. Ari Folman interviewt diverse Freunde und auch andere Personen, die am Krieg beteiligt waren, kommen zu Wort und beschreiben die Ereignisse. Immer wieder gibt es Rückblenden, in denen sich die Befragten an ihre Zeit im Krieg erinnern, an die Greuel, die sie dort erlebten. Dazu ein großartiger Soundtrack, der von klassischer Musik über Rock und Pop alles abdeckt und stets einen großen Teil zur Atmosphäre des Filmes beiträgt. Es ist nicht untertrieben, hier von einem Meisterwerk, dem vielleicht besten Antikriegsfilm, den ich je gesehen habe, zu sprechen. Die Distanz, die man vielleicht dadurch aufbaut, dass der Film animiert ist, wird in den letzten Minuten völlig eingerissen und trifft den Zuschauer wie eine Faust in de Magen. Diesen Film muss man gesehen haben, ganz klar eines der großen Highlights dieses Jahres.

DOROTHY MILLS (USA / 2008 / 102min)

Jane ist Psychaterin und hat ihren Sohn durch einen Autounfall verloren. Nun will sie den Fall des jungen Mädchens Dorothy Mills bearbeiten. Dorothy lebt auf einem kleinen Dorf auf einer Insel und soll ein Baby, auf das sie aufpassen sollte, gewürgt haben. Auf dem Weg zum Dorf überlebt sie nur knapp einen Unfall, als ihr auf der Brücke drei Teens in einem Auto entgegen kommen und sie mit ihrem Auto in den See kracht. Doch im Dorf wird sie wenig willkommen geheißen. Eigentlich will niemand einen Psychiater hier haben, insbesondere die Eltern des Babys befürchten, dass Dorothy ungeschoren davon kommt. Doch Dorothy kann sich an nichts erinnern, legt aber einige merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag, was Jane zu dem Schluss führt, dass Dorothy eine multiple Persönlichkeitsstörung hat. Doch wer sind diese Menschen, die durch sie sprechen? Spätestens als sie mit der Stimme von ihrem toten Sohn spricht, weiß Jane, dass noch mehr hinter dieser Sache steckt. Doch im Dorf stößt sie erstmal nur auf eine Mauer des Schweigens. DOROTHY MILLS ist ein klassischer Mystery-Thriller vor der Kulisse eines kleinen, verschlossenen Dorfes. Alle haben irgendwie etwas zu verbergen und niemand ist so, wie er scheint. Der Film ist weder originell noch wirklich herausragend, aber trotzdem ein guter Genre-Vertreter mit einer herausragenden Jenn Murray in der Rolle der Dorothy Mills. Muss man nicht gesehen haben, kann man aber ruhig.

THE CHASER (KOR / 2008 / 125min)

Was ist dieser Film groß angekündigt worden. Die koreansiche Antwort auf Sieben, lange erwartetes Highlight. Ich bin ja bei asiatischen Hypes immer ein wenig vorsichtig, habe mir aber trotzdem mal eine Karte für The Chaser, der zur Closing Night auf dem diesjährigen FANTASY FILMFEST lief, geholt. Der Trailer, den man bei einigen anderen Filmen zuvor zeigte, ließ schon mal Gutes erwarten, und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht. Ja, The Chaser erinnert tatsächlich an Sieben. Auch hier bleibt der Killer nicht bis zum Ende unbekannt und auch hier spielt er ein krankes Spiel mit der Polizei. Der einzige, der ihm hartnäckig an den Fersen klebt, ist der Zuhälter Joong-Ho. Dieser wird ungehalten, als einige seiner Mädchen spurlos verschwinden. Zuerst vermutet er noch einen konkurrierenden Luden und macht sich auf die Suche. Der einzige Anhaltspunkt ist ein Kunde, den alle verschwundenen Mädchen hatten, bevor sie auf Nimmerwiedersehen abgetaucht sind. Und so liefert er sich ein Katz und Maus-Spiel mit dem Killer, der somit ganz schnell vom Jäger zum Gejagten wird.

Joong-Ho taugt eigentlich recht wenig zum Helden, ist er doch als Arbeitgeber ein ziemlicher Menschenschinder und treibt seine Mädchen selbst dann noch auf die Straße, wenn Sie krank zu Hause liegen. Er ist einer dieser Charaktere, die man als Zuschauer erst mal so gar nicht mag. Erst im weiteren Verlauf zeigt sich, dass auch er noch eine gute Seite hat. Regisseur Hong-Jin Na orientiert sich von der Atmosphäre an Sieben und erschafft ein wirklich düsteres und trostloses Setting. Zum Teil bedient sich The Chaser auch an Elementen des Film Noir und ist somit nichts für Zuschauer, die ein Happy End brauchen. Sie werden es hier, wie so oft auf diesem FANTASY FILMFEST – wir erinnern uns an die Worte der Veranstalter -, nicht bekommen. Auf jeden Fall handelt es sich bei The Chaser um einen wirklich hervorragenden Thriller, der sich vor keinem Genre-Kollegen zu verstecken braucht und den Schlusspunkt unter ein wieder einmal mit vielen sehenswerten Filmen bestücktes FANTASY FILMFEST setzt.

Homepage: www.fantasyfilmfest.com

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