PROGPOWER EUROPE 2002: Der Festivalbericht

Das ProgPower Europe Festival am 05./06. Oktober 2002 in Baarlo/NL mit THRESHOLD, HEAVEN´S CRY, ASHES TO ASHES, DEAD SOUL TRIBE, A.C.T., STONEHENGE, SUN CAGED, ARABESQUE und DIVIDED MULTITUDE.

Das Festival

Samstag

Divided Multitude | Stonehenge | Dead Soul Tribe | Heaven´s Cry | Threshold

Sonntag

Arabesque | Sun Caged | A.C.T. | Ashes to Ashes

Das Festival

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Sie hatte uns wieder, die Idylle von Baarlo! War also schon wieder ein Jahr vergangen? Doch irgendetwas scheint in dem verträumten Städtchen passiert zu sein. Haben die Metaller nun doch den Zorn der Götter auf die Ortschaft gezogen? Es regnete! Während im letzten Jahr über Baarlo auf wundersame Weise ein weißes Loch im Wolkenhimmel schwebte und die heile Welt vollkommen war, mussten sich die Besucher des ProgPower heuer mit dem Nass von oben abfinden, was natürlich vor allem die kleine Schar an Campern traf.

Ein Glück, dass sich die Gigs da in der Halle abspielen und das war nicht das einzige, was von jeder Änderung verschont blieb.

Im Grunde genommen war alles wie im Vorjahr – von einer wesentlichen Umstellung abgesehen: das Festival fand am Samstag und Sonntag statt, was für eine derartige Veranstaltung sicher ungewöhnlich ist, wohl aber auf vielfachen Wunsch der ausländischen Gäste so umgesetzt wurde.

Ansonsten durfte man sich endlich wieder einmal über ein so richtig stressfreies und angenehmes Festivalerlebnis freuen. Von der Stimmung her gibt es in unseren Breitengraden sicherlich nichts vergleichbares und auch dieses Jahr war wieder deutlich, dass sich dieses Publikum unterscheidet. Vom alternden Prog-Proll bis hin zu kindlichen Nachwuchs-Gothern fand man wieder ein breites Sammelsurium an Musikbegeisterten, denen selbstauferlegte Genregrenzen egal sind. Das ProgPower Europe ist eben eine sehr familiäre Angelegenheit und das macht sich in allen Belangen bemerkbar.

Es geht ja schon los, wenn man die Halle betritt. Securities sucht man hier vergebens, Einlasskontrollen gibt es nicht. Warum auch, bei einem derart friedfertigen Volk? Und vielleicht liegt es ja auch daran, dass man von diesem dunklen Heinneken einfach nicht betrunken werden kann, dass es insgesamt etwas gesitteter zuging. Mit 1,20 Euro für 0,2 Liter Bier lag man mit den Getränkepreisen dann auch gerade noch im Rahmen, schade war allerdings, dass man nach wie vor in der Halle nichts zu essen bekam und so auf die Restaurants in der Umgebung zurückgreifen musste. Diese waren dann zu Stoßzeiten auch entsprechend mit langhaarigem Volk gefüllt, das vor allem die Dinner-Pause zur Nachmittagszeit zu Schätzen wusste. Genau so was tut einfach enorm gut, wenn man zwischendurch einfach auch mal Zeit hat, sich von der Dauerbestrahlung zu erholen.

Im Gegensatz zum Nahrungsangebot wurde dieses Jahr die Merchandise-Abteilung ausgebaut. Im Keller gab es so nun zumindest mal drei Ständchen mit einem ganz guten Angebot, das sich in erster Linie natürlich auf das konzentrierte, was der ProgPower-Fan gerne zu hören bekommt.

Gleichzeitig konnte man aber auch weiterhin in der Kellerkneipe abhängen (oder nachts bei den Aftershowparties abfeiern), in der während der Dinnerpausen auch Coverbands spielen sollten, was am Samstag mit UP THE IRONS (IRON MAIDEN) der Fall war, die LED ZEPPELIN-Tribute-Truppe The Song Retains the Name hatte dann aber das Glück, durch die kurzfristig ausgefallenen THEORY IN PRACTICE (der Bus der Band blieb irgendwo in Deutschland liegen) ihr Pausenständchen auf der Hauptbühne zu geben.

Bis auf diese Tatsache blieben die Veranstalter des ProgPower Europe aber von Absagen während des Wochenendes verschont und konnten so ein wirklich gutes Billing bieten, das mit dem des Vorjahres aber nicht mithalten konnte. Aus Proggie-Sicht waren auf jeden Fall viele Leckerbissen dabei, für mich persönlich bestand die Auswahl allerdings zum größten Teil aus Bands, deren Leistung ich sehr anerkenne und die auch alle meine Sympathien haben, deren Musik mich auf CD aber noch nie so richtig in den Bann ziehen konnte Und auch bei den Bands, die mir bislang unbekannt waren, gab es für mich außer A.C.T. keine echte Überraschung. Und es würde mich halt freuen, wenn doch etwas mehr auf das Power im Namen der Veranstaltung wert gelegt werden würde, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Ansonsten ist es halt einfach schön auf dem ProgPower. Die Bands werden auf der einen Seite noch richtig wie Stars behandelt und jeweils einzeln vor den Auftritten angekündigt – der schwarze Vorhang gibt dem ganzen dazu noch ein besonders Flair -, auf der anderen Seite erlebt man die Musiker noch so nah, wie fast nirgends mehr (der Vergleich mit den ersten Bang Your Head-Veranstaltungen liegt auf der Hand).

Und genau aus all diesen Gründen wünscht man sich, dass das ProgPower Europe gar nicht viel größer wird. Aus kommerziellen Gesichtspunkten wäre es den Veranstaltern zu gönnen, die dieses Jahr mit der Konkurrenz in Form von AYREON/STAR ONE und CANDLEMASS zu kämpfen hatten. Rein aufgrund des Risikos, dass die Veranstaltung ihre besondere Atmosphäre verliert, wäre es aber zu hoffen, dass alles so bleibt, wie es ist.

Samstag, 05. Oktober 2002

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DIVIDED MULTITUDE

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Nachdem ANTARES gerade ihren Set beendeten, als wir das Sjiva-Jugendzentrum betraten, begann das ProgPower 2002 für uns also mit den Norwegern DIVIDED MULTITUDE, die optisch alles andere als auf Prog-Metal schließen ließen. Die beiden wohlernährten Gitarristen wollten mit ihren nackten, verschwitzten Oberkörpern nicht wirklich ins Klischee passen, was ja aber auch alles andere als schlimm ist. Ansonsten bestätigten DIVIDED MULTITUDE den Eindruck, den die CD hinterlassen hat. Ganz gute Band, aber es fehlt einfach noch einiges, um wirklich groß zu werden. Sindre Antonson zeigte sich alles andere als stimmgewaltig und auf Platte klingt der gute doch ein Stück tonsicherer als live. Von der Songauswahl her legten DIVIDED MULTITUDE natürlich wie die meisten Acts den Schwerpunkt auf das neue Album Falling to Pieces und eröffneten den Set auch mit dem klasse Opener Enter Paradise, der live allerdings nicht ganz die Wirkung entfalten wollte, wie es auf CD der Fall ist. Umso hittiger kamen dagegen Songs wie Focus oder Falling to Pieces, deren Wiedererkennungswert und Ohrwurmcharakter erst live so richtig zur Geltung kam. Mit großspurigen Ansagen der Marke hey, wir kommen extra aus Norwegen hier her, also macht gefälligst Lärm machte Sindre vermutlich nicht unbedingt Sympathiepunkte, aber wer den quirligen und trinkfreudigen Sunnyboy im weiteren Verlauf des Festivals zu anderen Acts durch die Gegend hüpfen sah oder auch sonst stets freundlich und spitzbübisch erlebte, dem dürfte recht schnell klar geworden sein, dass der gute Mann derartige Aussagen alles andere als bierernst meint. Ein netter Auftakt also, von dem ich mir allerdings etwas mehr versprochen habe.

STONEHENGE

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Den Ungarn STONEHENGE eilt schon längere Zeit ein sehr guter Ruf in der Prog-Metal-Szene voraus, doch die bisherigen Hörproben haben mich nie derart überzeugt, dass ich unbedingt mehr über diese Band in Erfahrung hätte bringen müssen. Dennoch wollte ich mich dem Auftritt auf dem ProgPower natürlich nicht verwehren, vielleicht sollten sich hier ja endlich die vielen Vorschußlorbeeren bestätigen. Doch leider sollte auch dies nicht der Fall sein und so hinterließen STONEHENGE bei mir den Eindruck einer weiteren äußerst sympathischen Prog-Metal-Combo, die aber keine echten Akzente setzen kann und eher zum großen Heer der Durchschnittsband gezählt werden muss. Hängen geblieben ist von den Songs jedenfalls so gut wie nichts, gute Ansätze gingen wie so oft in unausgegorenem Songwriting unter – immer wenn man dachte, jetzt wird´s so richtig geil, verfehlte die Band das Ziel, die Spannung zu halten. Dabei war der Truppe ihr Enthusiasmus doch deutlich anzumerken und vor allem Frontmann Zoltán Batky verlieh seiner Freude an diesem Gig ganz besonders Ausdruck, indem er plötzlich von der Bühne verschwand um dann in der ersten Reihe im Publikum zu erscheinen und dort ordentlich abzubangen. Sympathiepunkte hin oder her, es bleibt dabei: so richtig reißen konnten die Ungarn auf dem ProgPower einfach nichts und ich denke da muss doch noch einiges passieren, bevor STONEHENGE mehr sind, als ein weiterer Act unter vielen. Gönnen würde ich den Jungs diese Weiterentwicklung aber auf jeden Fall.

DEAD SOUL TRIBE

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DEAD SOUL TRIBE ließen nach der Dinnerpause – während der ja eigentlich genügend Zeit zum Umbauen vorhanden war – erstmal lange auf sich warten. Man hörte zwar deutlich, dass hinter dem Vorhang ordentlich gewerkelt und gesoundcheckt wurde und irgendwann ging auch das Licht aus und das Intro wurde gestartet, doch die Band wollte einfach nicht auftauchen. Nach gut 20 Minuten öffnete sich der Vorhang dann doch und René Janssen entschuldigte die Verzögerung mit der Erklärung, dass es wohl technische Probleme gegeben habe.

Als Devon Graves und DEAD SOUL TRIBE dann die Bühne betraten, schienen diese allerdings noch nicht hundertprozentig behoben. Die Musiker wendeten ihren Blick immer wieder zum Soundtechniker, Roadies schraubten noch ein bisschen an irgendwelchen Geräten rum und das ganze wirkte alles andere als so, wie es sein sollte.

Diesen Eindruck bestätigten dann auch die Blicke von Mr. Devon Graves, der auf mich zunächst alles andere als gewandelt erschien. Genauso wie bei den letzten PSYCHOTIC WALTZ-Gigs, die ich miterleben durfte, quittierte Devon alias Buddy mit wütenden und hektischen Blicken evtl. vorhandene Bühnensoundprobleme – verbissen und mit sich und seiner Welt unzufrieden, so hatte ich den Wahlösterreicher von den letzten Konzerten in Erinnerung und so wirkte er auch zu Beginn dieser Show auf mich. So ganz zu dem stocknüchternen und vor allem sehr kontaktfreudigen Genossen, den ich den Nachmittag über im Publikum beobachten konnte, wollte dieses Verhalten jedenfalls nicht passen. Doch schon nach kurzem zeigte sich Devon dann von einer etwas anderen Seite. Zwar immer noch auf eine gewisse Art unnahbar, aber doch wesentlich fannäher präsentierte sich der Mann, dessen Ausstrahlung nach wie vor ungebrochen ist. Und er schien es zu genießen, dass er inzwischen auch ständig eine Gitarre umhängen hat, zumindest poste er wie wild damit herum und so manche Gestik ließ fast den Verdacht aufkommen, als wolle er einen auf The Artist formerly known as Buddy Lackey machen. Und auch, wenn er gegen später mal die Gitarre verwechselte (oh, wrong guitar!), schien er sich doch wieder so richtig in dieses Instrument verliebt zu haben, das er auch mal mit einem Streicherbogen bearbeitete und auch sonst immer sehr körperbetont einsetzte.

Keine Frage, dass bei einer derartigen Präsenz die Begleitband weit in den Hintergrund gedrängt wird, auch wenn Buddy diese immer wieder ins Rampenlicht zu zerren versuchte. Letzten Endes ist es doch er, um den sich alles bei den Fans dreht. Wer weiß, vielleicht waren es ja Ego-Probleme, die dazu führten, dass die Band ihren Gitarristen seit dem Dynamo Open Air nicht mehr gesehen hat (der Mann ist anscheinend tatsächlich spurlos verschwunden) und deshalb an diesem Abend den neuen (jungen) Sechssaiter als festes Bandmitglied vorstellte (was dieser mit einem Kuss auf den verschwitzten Glatzkopf von Devon quittierte), der allerdings noch etwas unsicher wirkte – was natürlich auch damit zusammen hängen mag, dass er sich das gesamte Material innerhalb von zwei Wochen aufarbeiten musste.

Ansonsten muss ich sagen, dass DEAD SOUL TRIBE live genau das in mir auslösten, was ich mir von diesem Gig versprochen habe: nachdem das Album nie so richtig bei mir zünden wollte, hat die Band live den Funken überspringen lassen. Die hervorragende Auswahl an Songs vom Debüt (Powertrip, Coming Down, The Haunted, You, Once) wurde zunächst lediglich durch Skeleton unterbrochen, einem der jüngeren PSYCHOTIC WALTZ Stücke. Mit den akustischen Empty und Under the Weight of my soul gingen DEAD SOUL TRIBE dann erwartungsgemäß zu I Remember über – einem der PSYCHOTIC-Klassiker, bei dem Buddy dann auch zum ersten mal (trotz Empty) die Querflöte auspackte. Seltsamerweise brachte aber auch dieser Song die Stimmung nicht derart zum Kochen, wie man es erwarten hätte können und hier wurde ganz klar, dass PSYCHOTIC WALTZ-Stücke in ihrer ganzen Intensität eben nur von der einen Band intoniert werden können, ohne die Leistung von DEAD SOUL TRIBE schmälern zu wollen. Bei Locust kam dann auch endlich ansatzweise das berühmte Pantomimenspiel von Devon zum Einsatz und mit Bleeding und …Into the Spiral Cathedral beendeten die Österreicher ihren Gig, den ich einfach nur als sehr cool bezeichnen würde.

HEAVEN´S CRY

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HEAVEN´S CRY gehörten ohne Zweifel zu den Hauptattraktionen der diesjährigen Veranstaltung, auch wenn ich wieder einmal zugeben muss, dass mich – trotz der Genialität der musikalischen Leistung – das Songmaterial des Debüts Food for Thought Substitude nie so richtig packen konnte.

Als Liveband konnten die Kanadier aber völlig überzeugen und waren sowohl ein optischer, als auch akustischer Leckerbissen allererster Güte.

Mit den zwei Gitarristen an den Außenseiten und den zwei Sängern – zusätzlich mit Gitarre und Bass bewaffnet – in der Mitte, bot das Quintett schon mal einen eigenwilligen Anblick und eigenwillig war außerdem vor allem der Sound. Die beiden E-Gitarren kombiniert mit der Akustik-Klampfe ergaben schon eine ganz besondere Klangwirkung und diesen wussten HEAVEN´S CRY durch eine einmalige Kombination voll auszuschöpfen. Das muss man schon mal gehört und auch gesehen haben (vor allem, wie Olaf Quinzanos mit seiner Gitarre werkelt), um wirklich nachvollziehen zu können, was gemeint ist.

Doch auch die gesangliche Leistung war erste Sahne und die beiden Frontmänner ergänzen sich wirklich hervorragend. Zwar tendieren beide in eine ähnliche stimmliche Richtung, doch gerade Live kamen die unterschiedlichen Charakteristika der zwei so richtig zur Geltung.

Die komplexen und technisch anspruchsvollen Stücke wurden mit einer faszinierenden Lockerheit dargebracht und eine relaxte, freundliche Atmosphäre machte sich im Saal breit. Insgesamt wurde eine ausgewogene Mischung aus alten und neuen Stücken dargeboten, wobei die Songs vom aktuellen Album Primal Power Addiciton nur den wenigsten bekannt gewesen sein dürften, da es – zumindest in Deutschland – noch nicht offiziell erhältlich ist, auf dem ProgPower aber schon mal reichlich Absatz fand.

Umso besser kamen da natürlich Stücke wie Your God´s Crime, Out of me, Wings oder das umjubelte The Horde mit seinen geilen Eröffnungsschreien und dem verzwickten Gitarrenspiel an. Tatsächlich hatte ich aber das Gefühl, dass die stärkeren Stücke auf dem neuen Album zu finden sind, bei denen die Band noch mehr auf diesen eigentümlichen Sound wert gelegt zu haben scheinen – sofern man das vom ersten Eindruck her überhaupt sagen kann.

Auch HEAVEN´S CRY gewannen bei ihrem Auftritt wieder alle Sympathien und unterstrichen einmal mehr, was für Ausnahmeacts im Underground Kanadas schlummern.

THRESHOLD

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Ich denke man kann THRESHOLD sicherlich zu den Bands zählen, die sich ihren Status redlich über viele Jahre hinweg erspielt haben und die vor allem durch qualitative Konstanz – trotz diverser Line-Up- und vor allem Sängerwechsel – überzeugen.

Das letzte Mal, dass ich die Band live erlebt habe, ist schon einige Jährchen her – um genau zu sein war es die Psychodelicatessen-Tour, als noch Glynn Morgan (für mich ganz klar der unterbewertetste Sänger – und vor allem auch Frontmann (der diese Bezeichung auch wirklich verdient hat – xxx <- weitere unnötige Verschachterlung des Satzes - ) – in der Bandhistory) am Mikro stand. Und um ehrlich zu sein hatte ich die Band wesentlich agiler in Erinnerung. Da ging noch richtig was ab und vor allem durch die starken mehrstimmigen Gesangsarrangements wusste die Band für offene Münder zu sorgen. Derartige Vokalakrobatiken gibt es sicherlich auch heute noch im THRESHOLD-Sound, werden aber wesentlich dezenter eingesetzt als zur damaligen Zeit und auch was das Stageacting angeht, ist insgesamt mehr Zurückhaltung angesagt. Böse Menschen könnten von alternden Rockstars sprechen, doch so weit möchte ich nicht gehen. Vielmehr strahlen die Briten die gereifte Entspanntheit aus, wie man sie z.B. von Acts wie DEMON her kennt, auch wenn Frontmann Mac mit der Theatralik eines Dave Hill auf keinen Fall mithalten kann. Vielmehr ist er ein Sänger, der sich trotz seiner Position nicht in den Vordergrund spielen muss und dennoch sehr präsent ist. Vor allem sein ständiger Kontakt zum Publikum bringt viel Nähe zu den Fans und so kommuniziert er mit seinen Anhängern eigentlich ständig durch Blicke und Gestik.
THRESHOLD als Band sind einfach gut. Keine außergewöhnlichen Stars, vielmehr erfahrene Musiker, denen man den Spaß am Musik machen ansieht.

Mit dem Opener zum neuen Album Critical Mass legten die Männer los und wiesen damit auch gleich den Weg für den restlichen Abend. THRESHOLD 2002, das sind eben THRESHOLD mit dem Ex-Sargant Fury-Sänger und dementsprechend hielt man sich auch bei den Alben aus dieser Ära auf. Ich persönlich fand das Schade, denn eigentlich sind es die ersten beiden Werke der Band, die mir bislang am meisten gaben, wobei das neue Album allerdings wieder sehr stark ausgefallen ist, was die Briten an diesem Abend u.a. auch mit Falling Away oder Fragmentation bewiesen. Mit Oceanbound oder Long Way Home bekam natürlich auch das Vorgängerwerk die gebührende Aufmerksamkeit und mit Virtual Isolation wagte man sich sogar bis zum Extinct Instinct-Album vor – weiter ging´s aber leider nicht. Zu Schade, zumindest den Hit vom Debütalbum, Sanity´s End hätte ich zu gerne mal wieder zu Ohren bekommen, aber es sollte halt nicht sein.

THRESHOLD boten ihren Fans letztendlich das, was sie sehen wollten und waren ein wirklich guter Headliner, mit dem man den ersten Tag des ProgPower so richtig entspannt ausklingen lassen konnte.

Sonntag, 06. Oktober 2002

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ARABESQUE

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Nachdem der Samstag durchaus als reine Prog-Veranstaltung gewertet werden darf, wurde der Sonntag nun doch deutlich angedüstert. AFTER FOREVER als Headliner, ASHES TO ASHES – gezwungenermaßen – auf dem zweitobersten Platz im Billing und ARABESQUE als Auftakt – letztere als idealer Hybrid zwischen den beiden Polen. Denn musikalisch brachten die Holländer die Welten des Prog und des Easy-Listening-Goth der Marke LACUNA COIL/THE GATHERING zusammen, wobei die Band durch gleich zwei Sängerinnen natürlich für Aufmerksamkeit sorgte. Und so geschah es wohl zum ersten Mal an diesem Wochenende, dass die Blicke der Zuschauer selbst bei ausufernden Instrumentalteilen nicht gebannt auf den Gitarrenhälsen lagen, sondern bei den sehr unterschiedlich agierenden Frontfrauen. Kein Wunder also, dass ARABESQUE zunächst ihrer Vergangenheit Tribut zollten und den Set mit einem Instrumental begannen – so hatten die Musiker zumindest in dieser Zeit die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums auf ihrer Seite.

Songwriterisch boten ARABESQUE nicht wirklich weltbewegendes. Echte Höhepunkte blieben aus und auch wenn man meinen könnte, die Band hätte eine recht eigenständige Mischung am Start, so erschienen einem die Stücke insgesamt doch zu berechenbar und abgenutzt. Aufgelockert wurden die Songs zwar immer wieder durch jazzige oder gar angefunkte Parts (durch letzteres lies sich Sängerin Nicole auch dazu verleiten, das Publikum zum Hüpfen zu animieren), doch auch das machte die Sache nur wenig interessanter. Es war halt irgendwie wieder alles ganz okay, ohne den optischen Reiz und die ungewöhnliche Bandkonstellation aber nur wenig bewegend.

SUN CAGED

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Für mich persönlich war SUN CAGED klar die beste Band unter den Vor-Dinner-Acts. Das mag mit daran liegen, dass die Holländer auch mal wieder etwas heftiger zur Sache gingen und so den Metal-Anteil auf dem Festival wieder deutlich steigerten. Doch vor allem beeindruckten SUN CAGED durch instrumentales Können und songwriterische Stärken, die auf Dauer aber auch etwas abflachten. Zumindest für eine ganze Weile schaffte es die Band aber, eine Spannung aufzubauen, die den Kollegen so nicht gelingen wollte. Und endlich war auch wieder richtig Bewegung auf der Bühne (okay, ARABESQUE waren auch sehr lebhaft, aber doch auf eine andere Weise), allen voran Keyboarder Joos van den Broek, der hinter dem Tasteninstrument die gesamte Dauer des Konzerts über gut abging und mit einigen schönen Soloeinlagen zu glänzen wusste. Schade nur, dass die Band mit André Vuurboom nicht gerade einen Sänger mit besonders starker Ausstrahlung vorweisen kann, zumal seine Melodielinien insgesamt noch stark ausbaufähig sind. Vor allem gegen Ende des Sets erkrankte er etwas am LaBrie-Syndrom, was dazu führte, dass er seine Melodien nur noch in den höchsten Tonlagen herauspresste. Wie bereits erwähnt war die Instrumentalfraktion dagegen umso stärker und sorgte für so manches Aha-Erlebnis. Auch hier gilt einmal mehr: etwas mehr Eigenständigkeit und das könnte was geben!

A.C.T.

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Zu einer echten Überraschung sollte der Gig von A.C.T. für mich werden, denn eigentlich habe ich von den Schweden so gar nichts erwartet – zumindest nicht eine derart unterhaltsame Show. Wenn ich in diesem Zusammenhang von den Clowns des Prog rede, dann sollte das auf jeden Fall nicht negativ verstanden werden! Vor allem Sänger Herman Saming ist ein begnadeter Entertainer, der die Bezeichnung Frontkasper wahrlich mal verdient. Denn seine unvergleichliche Art, sich auf der Bühne zu bewegen, zu springen oder Grimassen zu schneiden, ist schon was ganz besonderes und es fällt schwer, sich von seinem Charme nicht mitreißen zu lassen. Zudem scheint diese Band aus fünf echten Freunden zu bestehen, bei denen die Chemie auf jeden Fall stimmt. Und trotz all der Rumalberei auf der Bühne schaffen es A.C.T. in ihre Prog-Poppigen Stücke viel Gefühl einzubauen, wobei es die Schweden aber auch nicht schaffen, die Songs völlig ulkfrei zu belassen. Da tauchen immer wieder kleine Jahrmarkts- bzw. Kindermelodien auf, die für Herman geradezu ein gefundenes Fressen sind, um sich wieder einmal in Szene zu setzen. Da werden mal Faxen mit den Bandmitgliedern gemacht, da macht man mal einen auf völlig besoffen, da werden ganze Kilometer zurückgelegt, ohne sich auch nur einen Zentimeter vom Fleck zu bewegen. Und weil das ganze so viel Spaß auf der Bühne macht, kann es dann doch durchaus mal vorkommen, dass man beinahe seinen Einsatz verpasst oder man fasziniert seinem Gitarristen zuschaut, ob er seinen Gesangspart denn nun sauber hinbekommt, wobei man sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen kann. Und gerade bei diesen mehrstimmigen Gesangspassagen, bei denen auch immer wieder Keyboarder Jerry Sahlin mitmischt, spürt man deutlich wie gut die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Bandmitgliedern funktioniert. Zumindest live auf der Bühne wirken die Jungs wie eine Einheit und so etwas wie Egoprobleme scheint bei A.C.T. niemand zu haben. Kein Wunder also, dass diese Band vom Publikum eine unglaubliche Resonanz erhielt und ich denke dass A.C.T. beim ProgPower eine ganze Menge neue Fans gewinnen konnte. Tja, DREAM THEATER haben irgendwann gemerkt, dass Humor in der Musik ein sehr starkes Instrument sein kann, A.C.T. scheinen das auch wirklich verinnerlicht zu haben.

ASHES TO ASHES

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Ca. 45 Minuten, bevor ASHES TO ASHES auf den Brettern stehen sollten, erzählte mir ein – trotz der Situation völlig relaxter – René Janssen, dass es doch langsam Zeit wäre, dass die Band auftaucht, denn schließlich müsse man ja noch das Equipment abladen. Bedenkt man, dass der Gig der Norweger eigentlich ohne den Ausfall von THEORY IN PRACTICE zu diesem Zeitpunkt gerade in vollem Gange sein sollte, fragt man sich doch, ob die Band es auf die Reihe bekommen hätte, rechtzeitig vor Ort zu sein. Jedenfalls schien dieser Auftritt unter allem anderen als einem guten Stern zu stehen und so kam es auch, dass ASHES TO ASHES ihren Gig ca. 30 Minuten zu spät begannen. Mit dem Titelsong des neuen Albums Cardinal VII begannen ASHES TO ASHES zudem mächtig deftig, was den ein oder anderen Proggie wohl ziemlich verschreckt haben durfte. Aber schließlich waren ASHES TO ASHES auch die ideale Band um die Atmosphäre zu AFTER FOREVER etwas anzugothen und natürlich stimmte bei den Norwegern da auch das Outfit. Lackhosen und Samtkleidchen bekam ich an diesem Wochenende nun jedenfalls zum ersten Mal zu sehen. Leider ist es aber so, dass es ASHES TO ASHES nicht wirklich geschafft haben, das großartige Material von der Konserve live auf der Bühne entsprechend umzusetzen. Zu steif wirkte das ganze Auftreten der Band, zu unzufrieden mit der eigenen Leistung die einzelnen Musiker. Lediglich Bassist Bjorn Luna übte sich so richtig im Posen und schwankte dabei zwischen Black Metal Bösewicht und Rotz ´n´ Roller. Keine Bewegung konnte man dagegen bei Tastenfrau Zilla (HAGALAZ RUNEDANCE – ich denke zumindest, dass sie es war…) feststellen, die sich an diesem Abend auch die Bezeichnung Keyboarderin nur schwerlich verdienen konnte. Denn von ein paar kleinen Melodiechen mal abgesehen war sie in erster Linie für das Abspielen von Samples verantwortlich, was aufgrund technischer Probleme auch nicht immer so funktionieren sollte, wie das eigentlich gedacht war und so blieb ihr im Grunde auch gar nichts anderes übrig, als ab und an verschüchtert in die Menge zu blicken und den ein oder anderen Gesangspart zu übernehmen. Da konnte natürlich auch der mächtige Frontmann Kenneth Brastad kaum noch die Kohlen aus dem Feuer holen, zumal er auch nicht gerade einer der bewegungsfreudigsten Akteure auf diesem Festival darstellte und so zuschauen musste, wie die Menge vor der Bühne immer kleiner wurde. Irgendwie wirkte alles zerfahren und dennoch hatte ich meinen Spaß bei diesem Gig. Denn zu sehen bekommt man diese Band nicht jeden Tag und hervorragende Songs haben ASHES TO ASHES zu Genüge zu bieten. Der Schwerpunkt lag dabei natürlich auf dem neuen Album Cardinal VII und davon wurden auch alle Hits gebracht: Embraced in Black, Truth on Scaffold, Dualism, Behind Closed Eyes und selbstredend das mächtige New World Obscure, mit dem dieser Auftritt abrupt beendet wurde und ein fragendes Publikum zurück ließ. Sollte es das wirklich schon gewesen sein? Ich glaube die Band selbst war sich da nicht ganz sicher, verließ dann aber doch etwas zögerlich die Bühne. Genauso zögerlich dann auch die Reaktion der inzwischen recht kleinen Menge, die sich dann aber doch zu Zugaberufen durchringen konnte, wodurch das Licht nochmals gelöscht und der Vorhang aufgezogen wurde. Doch die Band erschien nicht mehr….

…ja und damit fand das ProgPower 2002 für uns auch sein Ende, da am Montag wieder die Arbeit rief und noch eine lange Fahrtstrecke vor uns lag. Für 2003 steht bereits fest, dass es erneut ein ProgPower Europe geben wird und für uns, dass wir wieder dabei sein werden!

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