NIGHTWISH, PAIN: Lotto Arena, Antwerpen, 23.03.2008

Ein überraschend flüchtiges Konzerterlebnis mit einer hungrigen Band und einem passiven Publikum. Immerhin konnte Anette Olzon mühelos aus dem Schatten ihrer Vorgängerin heraustreten, zumal sie dieser in Sachen Herzlichkeit haushoch überlegen war.

Seit Monaten touren sich NIGHTWISH mittlerweile fast ununterbrochen den Arsch ab. Es gilt ein neues Album und eine neue Sängerin vorzustellen. Angesichts der Dauerbelastung sind durchaus Verschleißerscheinungen zu erwarten. Tatsächlich umschiffte Neuzugang Anette Olzon beim Konzert in Antwerpen hier und dort anstrengende Passagen. Doch ansonsten wirkte die gesamte Band, als wäre sie erst gestern aus den Ferien heimgekommen und nun voller Tatendrang. Tuomas bangte, schwitzte, grinste, Jukka haute wie ein Berserker auf sein Schlagzeug, Anette freute sich wie eine Schneekönigin, Emppu sprudelte vor Spiellaune beinahe über und Marco versammelte alle Eigenschaften der anderen in sich. (Orchester und Gesang aus der Konserve gesellten sich ebenfalls dazu.) Eigentlich hätte es ein phänomenales Konzert werden können. Doch zu einem gelungenen Live-Erlebnis gehört auch immer ein Publikum, das mitgeht. Insgesamt waren die 7000 Leute in der ausverkauften Mehrzweckhalle zwar sehr wohlwollend eingestellt, verhielten sich aber unglaublich passiv. Wenn die Band dazu animierte, wurde brav mitgeklatscht, und nach den Stücken gab es auch den verdienten Applaus. Allerdings standen auf der Bühne mehr Headbanger als im Innenraum (!) und auch sonst beschränkte sich das dynamische Spektrum der meisten Besucher auf ein zufriedenes Mitwippen. Das scheint also der Preis des Erfolgs zu sein.

Zwischendurch schimmerte ein Hauch von Euphorie durch, als The Poet And The Pendulum entfesselt wurde. An dieser Stelle wurde deutlich, dass NIGHTWISH das Potenzial haben, noch etwas ganz, ganz Großes zu erschaffen. Ansonsten löste natürlich Nemo den meisten Jubel aus. Dieser verebbte aber schlagartig, als die Band die Bühne verließ. Die meisten Leute warteten stumm auf den Zugabenblock, der dann auch kam, obwohl ich es der Band nicht verübelt hätte, wenn sie sich einen vorgezogenen Feierabend gegönnt hätte. Natürlich war die Gesamtspielzeit von nicht einmal 90 Minuten ausgesprochen mager und statt dem Füller Whoever Brings The Night wäre ein älterer Song wie Bless The Child oder Everdream sicher schöner gewesen. Insgesamt war die Musik an diesem Abend jedenfalls gut, stellenweise auch sehr gut. Das Publikum dagegen war, wie Marco am Ende feststellte, gut genug und laut genug. Das Konzert dürfte entsprechend für die meisten Leute ebenfalls gut genug gewesen sein, um sie beim nächsten Mal wieder zum Konzertbesuch bzw. Albumkauf zu animieren.

Es bleibt zu hoffen, dass NIGHTWISH andernorts ein lebhafteres Publikum haben. Denn ich finde, dass die Musik überschwängliche Reaktionen verdient hat und ich kann immer noch nicht nachvollziehen, wieso einzelne Pyroeffekte auf mehr Resonanz stießen als die atemberaubende Melodie von Last Of The Wilds, zumal auch soundtechnisch alles stimmte (einschließlich eines moderaten Lautstärkepegels). Immerhin konnte Anette mühelos aus dem Schatten ihrer Vorgängerin heraustreten, zumal sie dieser in Sachen Herzlichkeit haushoch überlegen war.

Ach so, ja, PAIN: einfache Riffs, monotone Rhythmen, eindimensionaler Gesang, haufenweise Keyboards vom Band, ordentliches Stageacting, gutes Songmaterial (u.a. Same Old Song, Zombie Slam, On And On, Shut Your Mouth), aber insgesamt zu heavy und zu geradlinig im Vergleich mit dem, was danach kommen sollte. Unter den gegebenen Umständen war es ein überflüssiger Auftritt mit einer ebenso überflüssigen Eleanor Rigby-Coverversion.

Setlist NIGHTWISH:
1. Bye Bye Beautiful
2. Dark Chest Of Wonders
3. Whoever Brings The Night
4. The Siren
5. Amaranth
6. The Islander
7. The Poet And The Pendulum
8. Dead To The World
9. Last Of The Wilds
10. Sahara
11. Nemo
—–
12. Wishmaster
13. Wish I Had An Angel

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