GHOST live in München 2025

GHOST: Konzertbericht – Olympiahalle, München – 24.04.2025

GHOST erzeugen eine Aura der Exklusivität um ihre Live-Shows: Ohne Smartphone und ohne Vorband, aber mit ganz viel Hingabe will man auch in der Münchner Olympiahalle das neue Album „Skeletá“ Willkommen heißen.

Es schreibt sich eigentlich von selbst: Während in wenigen Tagen in Rom das Konklave zusammentreten wird, um den neuen Pontifex zu ernennen, empfiehlt sich der unwahrscheinlichste Kandidat abseits des Medienrummels auf andere Weise. Gerade erst aus der Taufe gehoben, begeistert Papa V Perpetua sogleich die Massen. Populär geworden durch soziale Medien, schließt die sechste Inkarnation des GHOST-Alter Egos selbige allerdings nun aus.

Als haben sie für Frontmann Tobias Forge als Marketing-Tool seinen Nutzen verloren, sind Mobilgeräte im Allgemeinen und Smartphones im Speziellen in den Pilgerstätten nun unerwünscht. Wer also auf eine Audienz hofft – und in der Münchner Olympiahalle sind es an die 12.000 Willige -, muss sein Telefon vor dem Eingang zunächst in einer magnetisch versiegelten Tasche verstauen.

Den Almosenteller reichte GHOST-Frontmann Papa V Perpetua schon im Vorfeld umher

GHOST live in München 2025

Ein nötiger Schritt, um das Publikum zum eigenen Glück zu zwingen, so der offizielle Marketing-Spin: Nur so könne man wirklich den Moment genießen. Allein das Wohl der eigenen Gefolgschaft im Blick haben Forge und Management selbstverständlich auch beim sonstigen Prozedere: VIP-Tickets für den drei bis fünffachen Preis ermöglichen es besonders devoten Fans, rund 20 Minuten vorab die Halle zu betreten, um etwa für gesalzene 50,-€ ein (dann hoffentlich zumindest geweihtes) Shirt zu erstehen oder sich direkt einen Platz am Wellenbrecher in der ersten Reihe zu sichern: Ein anderswo oft inkludiertes Meet & Greet ist ja dann ohnehin nicht nötig, wenn man den Frontmann mehr als anderthalb Stunden direkt von der Absperrung aus erleben darf.

Vieles deutet darauf hin: Papa V Perpetua ist ein Kontrollfreak, der noch das letzte Detail der medialen Darstellung seiner „Skeletour“ – im Übrigen ein Wortspiel auf LORDI-Niveau – kontrollieren möchte. Selbst die fotografierende Presse wird im Arenabereich an uns vorbeigelotst und auf sicherer Distanz neben dem Mischpult mitten im Publikum platziert, wo aber – immerhin – keine hochgehaltenen Mobilgeräte die Sicht versperren können.

Ghouls und GHOST – auch auf der Bühne eine spritzige Kombination

GHOST live in München 2025

Selbiges erledigt zunächst der große schwarze Vorhang, der tatsächlich auch an den seitlichen Rändern abschließt und nur durch klug platzierte Risse einen verstohlenen Blick auf die sich dahinter abspielende Szenerie gewährt. Allein die beiden Videotafeln links und rechts der Stage rücken Tobias Forge ins Bild, der noch den ersten Refrain von „Peacefield“ anstimmt, ehe das Leinen fällt und ein zunächst eher schlichtes, in dichten Nebel getauchtes Bühnenbild offenbart.

Die zunächst simpel gehaltene Lichtuntermalung rückt dafür die Musiker selbst in den Vordergrund, die ganz in schwarz mit silbernen Akzenten einen stilvollen bis kitschigen Eindruck hinterlassen. Zwar zeigt sich das Gespann wie bei der Frankfurt-Show weiterhin um einen Ghoul geschrumpft, die geräumigen Bretter können GHOST dennoch problemlos ausfüllen. Seien es die angedeuteten Schwingen der Keyboarderinnen und Background-Sängerinnen mit ihrem glitzernden Skelettprint, die sich immer wieder ausbreiten, oder die Spritzigkeit der bewegungsfreudigen Rhythmusfraktion: Eigentlich wuselt es beständig in jeder Ecke.

Ihr Publikum wickeln GHOST problemlos um den Finger

GHOST live in München 2025

Im Zentrum der Show steht aber selbstverständlich Frontman Papa V Perpetua, von dessen vergangenen Alter Egos sich auch so mancher Fan hat inspirieren lassen. Allerorts im Publikum – in der Arena wie auf den Rängen – erspähen wir liebevoll gestaltete Outfits und bleiche Gesichtsbemalungen, die durchaus etwas Gespenstisches an sich haben. Dagegen braucht der neue Look Tobias Forges tatsächlich etwas Eingewöhnungszeit: Ein wenig wirkt die skelettähnliche Maske mit der Knollennase wie eine zweifelhafte Hommage an SLIPKNOTs Clown. Was dem Frontmann visuell an Originalität fehlt, macht er jedoch durch selbstbewusstes Stageacting wieder wett.

So stachelt er nicht nur die überwiegend junge Zuhörerschaft mittels zielgerichteter Gesten und zugeworfener Handküsse an, sondern schleicht während „Spirit“ auch mal verstohlen um das erhobene Drumset, als würde er gerade heimtückische Pläne aushecken. Während all dies geschieht, schießt im Hintergrund Nebel gen Hallendecke, während das gigantische invertierte Kreuz über den Köpfen der Musiker aufleuchtet. Ihr Publikum haben GHOST auf diese Weise schnell um den Finger gewickelt, wie das ohrenbetäubende Kreischen und die Resonanz auf „Lachryma“, der zweiten Single des brandneuen Albums „Skeletá“ (2025), untermauern.

GHOST-Frontmann Tobias Forge nutzt die dramaturgischen Pausen für zahlreiche Kostümwechsel

GHOST live in München 2025

Logisch also, dass nach dem Bass-Intro des cool groovenden „From The Pinnacle To The Pit” in der Arena die Fäuste nach oben schießen. Und doch bleibt atmosphärisch noch eine ganze Menge Luft nach oben, wie uns „Call Me Little Sunshine“ unmittelbar darauf vor Augen führt. Als die ersten sumpfig-bluesigen Töne des Stücks erklingen, erkennen wir die Olympiahalle plötzlich kaum wieder. Während also der nun in voller Bischofsmontur gekleidete Sänger auf einem Podest hinter dem Schlagzeug einige Meter emporfährt, erklingt der Backgroundchor im Refrain plötzlich aus tausenden Kehlen.

Man mag in der bayerischen Landeshauptstadt nicht durchgehend textsicher sein, die großen Hits aber sitzen nahezu perfekt. Es ist fernerhin nicht das letzte Mal an diesem Abend, dass Forge in neue Kleidung schlüpft. Mit den zahllosen Outfits Beyoncés kann der Frontmann freilich nicht konkurrieren, doch vergeht kaum eine dramaturgische Pause ohne einen Kostümwechsel. Das unheilschwangere Orgel-Interlude „Devil Church“ nutzt Papa V etwa, um seine Maske gegen eine silbern glitzernde Variante einzutauschen, nachdem auch das Bühnenbild ein Makeover erfahren hatte. Mit dem doomigen „Cirice“ fällt schließlich auch der zweite Vorhang und offenbart eine sakral anmutende Kulisse, deren gotische Kirchenfenster in vielen Farben erstrahlen.

Dank feuriger Spezialeffekte wird „Year Zero“ zum inszenatorischen Highlight der Show

GHOST live in München 2025

Da sich GHOST mit Showeffekten bis dato vornehm zurückgehalten haben, kommt der Szenenwechsel gerade zum richtigen Zeitpunkt, um den zweiten Akt des Events gebührend einzuleiten. Die kitschige Ballade „Darkness At The Heart Of My Love“ begleiten in Ermangelung anderer Lichtquellen zwar nur eine gute Handvoll Feuerzeuge, dafür ist die Stimmgewalt der Münchner:innen in den folgenden „Satanized“ und „Year Zero“ umso stattlicher.

Gerade Letzteres wird inmitten überraschend emporschießender Flammensäulen auch zum inszenatorischen Highlight, das zum Finale die Buntglasfenster in einer überzeugenden Animation in abertausende Scherben bersten lässt. Dass gerade das etablierte Material ungleich größere Resonanz hervorruft wie die bis dato noch unveröffentlichte 80er Rock-Hymne „Umbra“ ist natürlich nachvollziehbar, weshalb auch GHOST das letzte Drittel ihres Sets zuvorderst mit todsicheren Live-Hits bestücken.

Die drei wohl größten Hits sparen sich GHOST für die Zugabe auf

GHOST live in München 2025

Beim abgezockten „Rats“ bezieht Fronter Papa V folglich ganz bewusst das hibbelige Publikum in den Refrain mit ein, welches den Songtitel aus voller Lunge in die Nacht schreit. Das über die komplette LED-Tafel mit surrealen Bildern untermalte „Mummy Dust“ wiederum stellt als härtester Track der Show auch die Metalheads zufrieden, die sich darüber hinaus am neu gewonnen Reichtum laben dürfen. Aus den Flitterkanonen segeln nicht nur kleine Papierschnipsel, sondern waschechte Geldscheine: 666,- US-Dollar versprechen die Banknoten mit dem Konterfei des okkulten Bischofs – in Übersee sicherlich auch praktisch, um die Unkosten durch gestiegene Zollabgaben auszugleichen.

Eine solche verlangen auch GHOST zum Abschluss ihrer zunächst zurückhaltenden und dann doch einigermaßen opulenten Show: Bezahlen müssen die Münchner:innen aber lediglich in Schweißperlen, als die schwedische Rockgröße für den obligatorischen Zugabenblock zurückkehrt. Auch Papa V ist sich der Absurdität bewusst, noch vor den großen Hits die Bühne zu verlassen. Man habe jetzt nur noch „shitty Songs“ übrig witzelt der Musiker, bevor er sich doch ein wenig stolz zeigt auf die Resonanz, die das folgende „Mary On A Cross“ weltweit erhalten habe.

Die elektrisierende Stimmung zum Ende hin lässt die vorangegangenen Minuten etwas verblassen

GHOST live in München 2025

Das spüren wir auch in der Olympiahalle, wo die Atmosphäre erstmals und von einer Sekunde auf die andere den Siedepunkt erreicht. Selbst auf den Rängen steht man nun fast ausnahmslos, um die größten Erfolge GHOSTs gemeinsam miterleben zu dürfen. Dass jedes Wort des Hits über rund 12.000 Lippenpaare Widerhall findet, ist eines Megahits natürlich angemessen und setzt sich auch genauso im als bunte Tanznummer inszenierten „Dance Macabre“ fort. Gleichzeitig allerdings lässt diese Ekstase die vorherigen Minuten etwas verblassen: Als wäre man geradezu verhalten in den Abend gestartet.

Wie dem auch sei setzen die potenziellen Rock-Superstars von Morgen aber noch eins drauf. „Square Hammer“ komplettiert das unwiderstehliche Triumvirat, um das Münchner Gastspiel mit einem Knall enden zu lassen. Zufriedene Gesichter sind bei einer solch ergebenen Fanschar und einer derart ausgeklügelt inszenierten Performance natürlich vorprogrammiert. Nicht zu Unrecht, wollen wir anmerken, wenngleich 110 Minuten Konzerterfahrung ohne Vorband bei den aufgerufenen Ticketpreisen um die 100,-€ schon ein teures Vergnügen bedeuten.

Ein Abend ohne Smartphone funktioniert, garantiert aber nicht automatisch eine intensivere Live-Erfahrung

GHOST live in München 2025

Mit nach Hause nehmen darf man neben dem hochpreisigen Merchandise und einer Papa-Plüschfigur dafür zumindest die Erinnerungen an eine Show, der aufgrund der ungewöhnlichen Umstände natürlich auch das Gefühl der Exklusivität anhaftet. Einen Abend ohne Smarphone gibt es dieser Tage ja eigentlich nicht mehr. Was also an jenem Donnerstag in der Olympiahalle passiert ist, lässt sich maximal mit Worten adäquat beschreiben. Ein „Ritual“ nennt es die eingefleischte Fangemeinde für gewöhnlich, die noch vor wenigen Minuten in „Monstrance Clock“ die Ankunft Luzifers bejubeln durfte. Demnach zu urteilen, ist es vielleicht ja doch ganz gut, dass der charismatische Papa V Perpetua für den Vatikan bestenfalls eine Randnotiz darstellt.

GHOST Setlist – ca. 110 Min.

1. Peacefield
2. Lachryma
3. Spirit
4. From The Pinnacle To The Pit
5. Call Me Little Sunshine
6. The Future Is A Foreign Land
7. Devil Church
8. Cirice
9. Darkness At The Heart Of My Love
10. Satanized
11. Ritual
12. Umbra
13. Year Zero
14. He Is
15. Rats
16. Kiss The Go-Goat
17. Mummy Dust
18. Monstrance Clock
————————-
19. Mary On A Cross
20. Dance Macabre
21. Square Hammer

Aktuelle Empfehlungen des vampster-Teams

Cookie Consent mit Real Cookie Banner