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END OF GREEN, JACK FROST: Stuttgart, LKA-Longhorn, 02.10.2008

Wenn man bei einer Band, die man bereits mindestens ein Dutzend Mal gesehen hat, noch Überraschungen erleben kann, spricht das wohl für sich, oder?

blankÜberraschungen sind wohl das Letzte, was man als END OF GREEN-Fan beim x-ten Konzertbesuch von den schwäbischen Düsterrockern erwartet, und doch entpuppt sich die CD-Release-Party im einmal mehr prall gefüllten Longhorn als wahres Ü-Ei:

Jack
 Die Linzer Finsterlinge rocken die Bühne – JACK FROST

Schon als die Konservenmucke einem klagenden Intro weicht, erklimmen statt Michelle Darkness und Co. erst einmal die Linzer Finsterlinge von JACK FROST unangekündigt die Bühne. Und so kommt Stuttgart unverhofft in den Genuss gloomiger Rocksongs wie dem live noch besseren Dirty Old Man. Anders als noch auf dem SUMMER BREEZE wenige Wochen zuvor sprüht das Quartett geradezu vor Bewegungsdrang. Besonders die beiden Gitarristen Mournful Morales und Gary Gloom nützen die gesamte Breite der Bühne. Die für die doomigen Verhältnisse flotte Songauswahl sorgt zudem für Kurzweil, während Sänger Phred Phinster eher am Mikro klebt und seine Melodien durchleidet. Den krönenden Abschluss eines Gigs, der zwar nicht bei allen END OF GREEN-Fans Anklang findet, aber dennoch überzeugt, bildet ein auf Österreichisch gesungener Song, dessen Titel und Hintergrundgeschichte Phred jedoch dialektal vernuschelt. Der schrägen Morbidität tut das keinen Abbruch – wer weiß, vielleicht lauert in dieser Nische ja ein zukünftiger Inspirationsquell für die Band?

Die Lokalmatadore und Headliner des heutigen Abends hingegen überraschen zunächst einmal modisch, denn ohne Mütze hat man Fronter Michelle Darkness schon länger nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen.

End
 Können selbst mit Akustik-Versionen überraschen – END OF GREEN

Doch genug gefrotzelt, denn END OF GREEN machen gleich klar, dass sie heute in doppelter Mission unterwegs sind: das neue Album The Sick´s Sense vorstellen und zugleich mit älteren Songs die Meute vor der Bühne anheizen. Selbst ein Lied vom Debüt Infinity kommt zum Einsatz und verstört den geringen Prozentsatz derer, die die Entwicklung der Band über die vergangenen 17 Jahre hinweg verschlafen haben und erst jetzt geholfen haben, The Sick´s Sense in die Charts zu heben. Motor und Everywhere – letzteres mit der selbstironischen Variation We are old, we are wild, we are rock´n´roll tonight – drücken enorm, während die Stücke jüngeren Datums für etwas Luft zum Durchschnaufen sorgen, ohne dabei dem Konzert seine Intensität zu rauben. Allen voran lässt She´s Wild eine Gänsehaut die andere jagen, während man einmal mehr vergebens auf die ständig dräuende Explosion wartet. Ganz klar in der Überzahl sind jedoch die Lieder des an diesem Abend vorgestellten Albums, die eines ganz deutlich werden lassen: So amtlich die Band auf ihrem neuesten Silberling auch klingt, soundtechnisch wurde darauf einiges an Power verschenkt, denn plötzlich offenbaren die Tracks eine davor nicht gehörte Vehemenz und Dringlichkeit. Das liegt vor allem wie so oft an der unnachahmlich charismatischen Stimme von Michelle Darkness, der auch an diesem Abend neben einer fehlerfreien Leistung noch Luft für ein paar gelungene Abwandlungen der ursprünglichen Gesangslinien hat. Er mag nach wie vor kein Conferencier sein, doch kaum lässt er die Musik für sich sprechen, kommen einem Songs wie Dead City Lights oder Anthem For A New Wave wie düstere Offenbarungen vor, was beim zurückhaltenden Mix von The Sick´s Sense nicht unbedingt zu erwarten gewesen war. Doch damit noch nicht genug der Überraschungen, denn für die letzte Zugabe haben sich die Herren etwas ganz Spezielles überlegt. Zunächst kommt einem die Idee, zwei Songs in einer Unplugged-Version darzubieten, nicht gerade wie das Ü-Ei des Kolumbus vor, doch kaum haben es sich die Musiker stilecht und augenzwinkernd auf ihren Barhockern gemütlich gemacht, sorgen die ersten Akustikgitarrentöne für Begeisterung, da die Saitenfraktion nicht den Fehler macht, einfach nur die Akkorde des jeweiligen Songs zu zupfen, sondern wirklich neue Ideen in das Ausgangsmaterial einbaut. Besonders faszinierend kommt das eigentlich rastlose Tragedy Insane daher, das in der Akustikversion eine ganz eigene Abgründigkeit gewinnt. Sieg auf der ganzen Linie also für END OF GREEN an diesem Abend – wobei wenigstens das nicht überraschend kommt, sondern bei dieser Ausnahmeband zu erwarten war.

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