DOOM IN BLOOM, 8. Oktober 2016, Esslingen Komma

Die Veranstalter haben viel Liebe und Hingabe in die Neuauflage des DOOM IN BLOOM gesteckt

Die Veranstalter haben viel Liebe und Hingabe in die Neuauflage des DOOM IN BLOOM gesteckt: ein wunderschönes Plakat, ein handnummeriertes Ticket für jeden Besucher, ein abwechslungsreiches Billing abseits der Trends und nicht zuletzt und eine tolle Organisation und ein durchgehend nahezu perfekter Sound. Auch für Leute, die nicht zu den absoluten Doom-Maniacs gehören, war dieses Samstagabend rundum gelungen. Lediglich die Sache mit dem extrem knoblauchlastigen Chili, das seine Duftspuren duch das Esslinger Komma zog, wäre eventuell zu überdenken ….

 

VERSUS THE STILLBORN-MINDED aus Nürnberg waren die derbste Band im Billing – dreckiger Sludge mit tiefstem Bass, dröhnenden Drums und einem Sänger, der gegen ein überwältigendes Riffgewitter anschreit. Bei aller Liebe zum Lärm verlieren VERSUS THE STILLBORN-MINDED aber nicht das Wesentliche ihres typischen Sounds aus dem Blick, die Riffwalzen stoppen immer kurz bevor die Songs ins wummernde Nichts abgleiten und rollen plötzlich aus einer anderen, unerwarteten Richtung aufs Publikum zu. Das stand überwiegend mit offenem Mund vor der Krachwand auf der Bühne. Routiniertes Stageacting, besonders Basser Alexander fiel immer wieder ins Auge, und ein Sound, der wirklich jedes Staubkörnchen vom den Lautsprechermembrane blies, machten den Gig zu einer wahrlich beeindruckenden Sache – im Publikum hatte man gut damit zu tun, sich gegen diese Soundwand zu stemmen.

 

Beim Heimspiel von MIRROR OF DECEPTION saß zwar nicht immer jeder Ton (darüber erschrak Gitarrist Jochen mehr als das Publikum) – doch das störte nicht im geringsten. Ganz besonders gefreut habe ich mich über “Der Student von Ulm“ – natürlich in Landessprache vorgetragen. Auch bei den Ansagen wurde tüchtig geschwäbelt, man war ja unter sich. Auf der Setlist standen außerdem „Ship Of Fools“, das bedrückende „Entgleiten“, dessen deutscher Text dem Stück zusätzliche Intensität verleiht, „Orphants, „The Riven Tree“ und „Ship Of Fools“. Diese Band ist so lange dabei und hat wirklich nichts von ihrer Intensität verloren!

 

NAEVUS feierten beim DOOM IN BLOOM die Veröffentlichung ihres neuen Albums „Heavy Burden“ und packten in ihre Setlist neben einigen Tracks vom 1998er Album „Sun Meditation“ (Gallery of Fantasy, The 3rd Sun, The Art To Love) viel neues Material. Und das hat es in sich – herausragend ist auf jeden Fall das abwechslungsreiche und variable Drumming von Matthias Straub. Auch wenn sich das eigentlich ausschließt: Doom kann ja so spannend und mitreißend sein – der oldschoolige, traditionellen an BLACK SABBATH angelehnte Sound bekommt so nochmal einen ganz neuen Dreh. Überragend der Song „Naked“ mit einem coolen, melodiösen Zwischenpart, der wie ein Sonnenstrahl durch die düsteren Soundwolken bricht. Den Musikern war obendrein anzusehen, wie sehr sie sich darauf gefreut hatten, ihr Album live vorzustellen – da hatten wirklich alle Spaß.

 

Genug von traditionell bewährtem, schweißtreibendem Stageposing: SINISTRO aus Portugal boten ein ganz andere Optik. Sängerin Patrícia Andrade ist eine echte Drama-Queen mit Hang zur großen Geste. Ihr Stageacting verwirrt, befremdet – und nimmt einen doch irgendwann gefangen. Wie eine Marionette mit verhedderten Fäden wirft sie ihre Arme in die Luft, die Hände abgewinkelt, die Finger gespreizt. Diese zierliche Frau beherrscht den ganz großen Auftritt mit lauten Tönen ebenso gut wie zartes Flüstern, unglaublich was für Töne und Geräusche sie in ihrem zarten Körper erzeugen kann. Und spätestens wenn sie auf Portugiesisch ganze Passagen wie aus einem Gedicht rezitiert , hat sie dich in ihren Bann gezogen. Ich hätte gerne gewusst, was für Geschichten die Band mit ihrem ungewöhnlichen, irgendwo zwischen klassischem Doom, einer Art von klischeefreiem Gothic und Theaterstück pendelnden Songs erzählt – mangels Sprachkenntnissen dürfe es aber vielen wie mir gegangen sein: Man fand sich plötzlich in seinem ganz eigenen Film wieder.

 

SUBROSA schafften es dann, die den großen Saal im Esslinger Komma deutlich zu leeren – Schade, denn wer sich auf den experimentellen Sludge-Doom der Amis einließ, erlebte eine Stunde lang eine Band, die zwar technisch nicht immer ganz sauber war (besonders der Gesang von Frontfrau Rebecca Vernon war stellenweise schon sehr, nun ja, nennen wir es inbrünstig), die aber gleichzeitig etwas ziemlich eigenes auf die Bühne brachte. Flankiert wird Rebecca Vernon von Sarah Pendleton und Kim Pack, jeweils ausgerüstet mit einer E-Violine. Ob man immer gehört hat, dass es sich nicht um Gitarren, sondern tatsächlich um Geigen handelte, sei dahingestellt – man weiß jetzt immerhin, dass man auch eine Violine bis zur Unkenntlichkeit verzerren kann. Optisch ist das Frauentrio jedenfalls eine Wucht – auch wenn ihre synchronen Bewegungen manchmal ein bisschen sehr einstudiert wirkten. Gewöhnungsbedürftig war’s allemal, die Halle leerte sich auch zusehends – wer geblieben ist, wurde mit einer recht ungewöhnlichen, kraftvollen Show und sogar zwei Zugaben belohnt.

 

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