Heute zieht es uns in die City. Entlang des Columbiadamms, vorbei an den historischen Flughafengebäuden Tempelhofs, passieren wir das Columbia Theater, um bereits hier, eine Stunde vor Beginn des eigentlichen Abends, eine unendlich scheinende Schlange bis hin zur Columbiahalle vorzufinden. Als wir in der Halle angekommen sind, füllt sich diese zusehends schnell. Kein Wunder, denn heute gibt es keine echte Vorband. Jeder Act hat echtes Headlinerpotenzial.
Den Anfang machen kurz vor 19Uhr die Griechen von ROTTING CHRIST. Ein echtes Epic-Brett! Zwar wird es heute keinen Konzertbesucher geben, der die Band nicht kennt, aber selbst wenn, ROTTING CHRIST erkennt man unter abertausenden von Metalkünstlern wieder. Sakraler Klargesang, der sich mit gutturalen Screams und Growls abwechselt, in Kombination mit niederschmetternden Rhythmen und sich ins Gehör fressenden Melodien – das ist verfaulender Christ. Seit bald 40 Jahren aktiv und noch immer produktiv ruht sich die Band seit jeher nicht auf irgendwelchen Erfolgen aus, sondern feuert in mehr oder minder regelmäßigen Abständen neues Material auf die Community.
Seit der Gründung 1987 sind die Gebrüder Sakis und Themis Tolis dabei und führen seither ganze Heerscharen von Musikbegeisterten in immer tiefere Abgründe aus Mythologie, Satanismus und Okkultismus. Als dienstältester Artist des Abends sollte man bei den Musikern jedoch keine Rentnerparty erwarten, denn dieses griechische Gespann fetzt vom ersten Ton an. Sobald das Quartett auf dem Podium erscheint, bebt der Boden. Altes, festgefressenes Konfetti von irgendwelchen Popkünstlern, die hier mal gespielt haben, wird aus den tiefsten Fugen des Gebälks gepresst, als das drückende Schlagzeug und die knallhart angespielten Gitarren drauf los brettern.
Die Crowd wird augenblicklich in Bewegung versetzt, die Matten fliegen, die Fäuste und Mano Cornutas werden der Band entgegengestreckt. Es ist eine Messe.
Weiter und immer weiter jagen ROTTING CHRIST durch ihr Set. Doch auch die Interaktion mit dem Publikum kommt nicht zu kurz. Und ja, die Griechen haben Spaß an dem, was sie machen. Es wird gebangt, gelächelt, gesprungen. Vor, wie auf dem Podium. Hier und heute gibt man einfach nur einen Scheiß auf irgendwelche möchtegern-evil Black Metal-Allüren. Ich liebe diese Szene, und der Nacken schmerzt mir noch heute…
ROTTING CHRIST Setlist
- 666
- P’unchaw kachun- Tuta kachun
- Fire, God and Fear
- Kata Ton Daimona Eaytoy
- Like Father, Like Son
- Elthe Kyrie
- Non Serviam
- Societas Satanas (Thou Art Lord cover)
- Grandis Spiritus Diavolos
Fotogalerie: ROTTING CHRIST




























Geht man davon aus, dass ROTTING CHRIST “nur” die Vorband waren, ist die Messlatte bereits jetzt schon extrem hoch gesteckt. Aber auch der folgende Act soll uns nicht enttäuschen, so steht doch mit SATYRICON eine Band auf der Bühne, die den Norwegischen Black Metal in seinen Anfängen mit geprägt haben. Unverkennbar direkt scheppernde Gitarrenriffs rufen allen Anwesen sofort ins Gedächtnis zurück, warum die Band seit nunmehr 34 Jahren unter dem Namen Satyricon so populär und erfolgreich ist. Auch hier kommt die Interaktion mit den Fans nicht zu kurz. Zwar ist das Gespann da oben TRVE, aber sich nicht zu fein, ein paar Worte an die Communtiy zu richten. Nach 25 Jahren sei man zurück in der Columbiahalle. Damals noch zusammen mit PANTERA. Heute also mit ROTTING CHRIST und BEHEMOTH. Damals wie heute überaus starke Tourpartner.
Die eigene Brisanz und den Einfluss auf die Szene in diesem Maße über zweieinhalb Dekaden aufrechtzuerhalten, schaffen nicht viele Künstler unserer heutigen Zeit.
Was ich besonders sympathisch finde: Sänger Sigurd “Satyr” Wongraven ist sich nicht zu fein, dem ach-so-bösen Black Metal-Gefolge einen Moshpit abzuverlangen. Das ist überhaupt nicht BM-like und genau deswegen umso cooler! Als von der Bühne herab der Klassiker “Mother North” zum Besten gegeben wird, gibt es im Pit kein Halten mehr, sodass sich die gesamte Halle in einem mitgrölenden Chor ergießt. Fantastisch! Die vom ersten bis zu letzten Track markerschütternden Drumsets tun ihr Übriges. Ein rundum gelungener Auftritt einer Band, die man genauso wie ihren Vorgänger unter etlichen anderen Artists wiedererkennen würde.
SATYRICON Setlist
- Now, Diabolical
- Our World, It Rumbles Tonight
- Black Crow on a Tombstone
- Deep Calleth Upon Deep
- Du som hater Gud
- Commando
- The Pentagram Burns
- Fuel for Hatred
- Mother North
- K.I.N.G.
Fotogalerie: SATYRICON




















Langsam wird es warm in der Columbiahalle. Sonst immer nur nach vorne schauend merken wir gar nicht, was hinter uns passiert ist: Es ist brechend voll. Überall verschwitzt glänzende Gesichter, die aus der Masse an schwarzen Klamotten zu leuchten scheinen. Vor uns wird das Podium hinter einem riesigen weißen Vorhang verhüllt. Oha, man gibt sich also geheimnisvoll…
Als der Headliner des Abends die ersten Töne anspielt und eine kurze Videosequenz auf dem genannten Vorhang abgespielt wird, spürt man die Luft förmlich knistern. Das Tuch fällt und uns bietet sich eine Show, so abgrundtief finster und böse, dass es einem fast kalt den Rücken runter läuft. BEHEMOTH sind natürlich nicht sie selbst, wenn sie kein Corpsepaint aufgelegt haben.
Und so grinst auch heute der scharfe Kontrast aus Schneeweiß und Tiefschwarz ins Publikum, während man pure Blasphemie zum Besten gibt.
Die Kontroverse um BEHEMOTH und vor allem dessen Kopf Adam Michał (Nergal) Darski ist ungebrochen. Mehr als einmal stand man vor Gericht, wegen der öffentlichen Zerstörung einer Bibel oder allgemein wegen blasphemischer Äußerungen und Gebärden. Schon schön, wie es Religion ungewollt schafft, Werbung für solch einflussreiche Künstler wie BEHEMOTH zu machen. *zwinker*
Auch heute erstrahlt die Bühne vor satanistischer Symbolik. So ist beispielsweise der Mikrofonständer Nergals in der From zweier Kobras gehalten, vor denen das Sigil Luzifers prangt. Und dazu dann Textpassagen wie “Eat my flesh, drink my blood, I am the shit of god!”. Es ist ein Ritus, wie er finstrer kaum sein könnte. Immer wieder scheint die Bühne fast zu brennen, als Feuerfontänen zur Decke schnellen oder eine Wand aus Feuer im Hintergrund lodert. On top ist dann da die bloße Erscheinung von Nergal – hager, blass, fast ausgemergelt…erst neulich habe ich die aktuellste Adaption von Nosferatu im Kino gesehen, und in der Tat erinnert mich die Gestalt da oben auf der Bühne an Graf Orlok, wenn er nicht eine seiner zahlreichen Masken zu Schau stellt.
Für uns steht eins fest: Der heutige Abend bleibt uns im Kopf. ROTTING CHRIST haben mich nicht enttäuscht, die kannte ich live aber schon. SATYRICON und BEHEMOTH hingegen standen bis heute ganz oben auf der Agenda. Und dort stehen sie noch immer, denn das heute möchte ich gerne wiederholen. Hat echt Spaß gemacht!
BEHEMOTH Setlist
- O Father O Satan O Sun!
- The Shadow Elite
- Ora Pro Nobis Lucifer
- Demigod
- Ov Fire and the Void
- Conquer All
- The Shit ov God
- Blow Your Trumpets Gabriel
- Christgrinding Avenue
- Bartzabel
- Wolves ov Siberia
- Once Upon a Pale Horse
- Christians to the Lions
- Cursed Angel of Doom
- Chant for Eschaton 2000
Fotogalerie: BEHEMOTH



























