Als UULLIATA DIGIR seid ihr neu in der Avant-Musik-Szene und habt mit eurem Debütalbum schon einige Aufmerksamkeit erregt. Wir wollen euch kennenlernen. Ihr stammt aus dem Poznaner Metal-Underground, aber auch von außerhalb des Metal-Szene. Wie habt ihr zusammengefunden?
Krzysztof: Ein paar Schluck Kaffee und ein erstes Gespräch in einer Büroküche haben Marcin und mich zusammengebracht. Wir unterhielten uns über unsere Lieblingsbands und so weiter, und es hat schneller als erwartet Klick gemacht. Wir jammten ziemlich regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr oder so, bis uns klar wurde, dass Jammen allein uns nicht über den Proberaum hinausbringt – also haben wir einen etwas strukturierteren Prozess des Songwritings begonnen. Wie unfruchtbar er auch anfangs war, es kristallisierten sich einige Muster heraus und ein paar Skelette von Songteilen waren bereit, um daraus etwas Aufregenderes zu aufzusetzen. Marcin war bereits in ein Nebenprojekt mit Julita involviert, also lud er sie zu einer unserer Proben ein, während ich mich an Magda wandte, eine Freundin aus dem Bachelor-Studium. Unser Quartett versuchte dann, die bereits vorhandenen Stücke zu erweitern und einige neue zu erfinden, während wir einen Bassisten suchten. Unsere Vorstellung war, dass er nicht nur das tiefe Fundament für unsere Töne legen, sondern auch gerne improvisieren und sich eher auf Gefühl als auf Technik und gängige Muster konzentrieren sollte. Neben mehreren anderen Bassisten hat uns Bartek mit seinen Ideen und seinem Engagement überzeugt, und so haben wir uns zusammengetan. Außerdem brauchten wir einen männlichen Growling-Sänger in der Band, aber da es in unserer Stadt so gut wie keinen mit dem von uns gesuchten Timbre gab, hat das die Vervollständigung der Band verhindert. Wir hatten großes Glück, auf Michał zu stoßen – als er uns eine Kostprobe seines Könnens gab, war sofort klar, dass er die perfekte Wahl für die Rolle war.
„UULLIATA DIGIR ist ein Amalgam aus allen Klängen, Gedanken und Gefühlen, die auch nur den kleinsten Einfluss auf unser musikalisches Selbst hatten.“ – Drummer Krzysztof über die Einflüsse der Band.
Marcin spielt in IN TWILIGHT’S EMBRACE, Michał in BLAST RITES, Bartek war in HERESY DENIED und Krzysztof in STRUGGLE WITH GOD – es gibt also eine Menge unterschiedlicher Erfahrungen mit extremer Musik. Habt ihr euch alle auch für Jazz interessiert?
Marcin: Ich habe mich schon für Jazz interessiert, bevor ich zum Metal kam. Ich war schon immer ein Fan von Gypsy Jazz – so sehr, dass ich sogar die Möglichkeit hatte, ein paar Jahre in einer Band zu spielen. Mit Jazzmusikern zu spielen? Die beste Musikschule überhaupt.
Krzysztof: Da ich sozusagen aus einer musikalischen Familie stamme, hatte ich die Gelegenheit, in einem musikalisch vielfältigen Umfeld aufzuwachsen – als Kind habe ich Musik verschiedener Genres gehört, von klassischen Stücken über etwas Jazz (hauptsächlich Fusion, würde ich sagen), Rock und Metal, Post-Genres und etwas elektronische Musik. Seitdem sind meine musikalischen Interessen recht eklektisch, aber meist als passiver Zuhörer; als Schlagzeuger habe ich mich auf die Heaviness konzentriert.
Bartek: Obwohl ich schon von klein auf mit Jazz in Berührung kam – mein Vater ist großer Fan dieses Genres – hat er mich nicht sofort angesprochen, ich musste wohl erst ein bisschen reifen 🙂 Aber dann hörte ich „Mockroot“ von TIGRAN HAMASYAN, in dem sich Jazz und Metal-Einflüsse nahtlos vermischen, und ich war von Anfang an begeistert. Von da an tauchte ich in die Welt des Jazz und der Fusion ein.
Ich habe keine Informationen über Julitas und Magdalenas musikalische DNA gefunden. Wie sind sie in die Band gekommen und welche Rolle spielen sie bei der Entwicklung des Sounds und der Ästhetik von UULLIATA DIGIR?
Julita: Ich und Magdalena wurden zunächst als Freunde von Krzysztof und Marcin zu einer Probe eingeladen, nur um zu experimentieren und zu sehen, wie das Aufeinandertreffen verschiedener Stile zusammen funktioniert. Es klang tatsächlich ziemlich gut, und die Jams machten wirklich Spaß. Keine von uns hatte vorher Erfahrung mit Metal-Bands, was einen ziemlich frischen Ansatz mit sich brachte. Gleichzeitig hatten wir viele Ideen und unsere eigenen Stile, so dass wir beschlossen, dem Prozess zu vertrauen – zu improvisieren, zu komponieren und immer wieder zu probieren, bis alle Teile gut in die Komposition passten. Magdas Trompete setzt einen Kontrast zur dissonanten Musik, und meine Texte und mein Gesang fügen der Musik eine greifbare Geschichte hinzu. Ich glaube, dass wir beide der Musik eine sehr persönliche Note geben und sie dadurch noch einzigartiger machen.

Es ist unvermeidlich zu fragen: Was zum Teufel bedeutet euer Name? Ich habe sogar einige Anagramme ausprobiert und nichts gefunden, das Sinn ergibt.
Marcin: Als wir uns entschieden hatten, wovon die Geschichte der Musik handeln sollte, haben wir uns auf die Suche nach einem Namen für die Band gemacht. Ich stieß auf ein sumerisches Wörterbuch und dachte, es wäre schön, ein paar Wörter daraus auszuwählen, die unserer Geschichte ähneln könnten. Von den ausgewählten Wörtern wählten wir „uulliata“ und „digir“, was so viel bedeutet wie… etwas, das wir noch nicht verraten wollen.
Die Songtitel sind ebenfalls kryptisch und Texte sind nirgends zu finden. Ich habe nur „Eldrvari“ in „World Anvil“ gefunden, aber ich nehme an, das ist ein Zufall. Könnt ihr einen Hinweis darauf geben, um was sich das lyrischen Konzept dreht?
Julita: Die Texte und Songtitel sind in einer Sprache geschrieben, die wir selbst entwickelt haben, inspiriert vom Sumerischen – die Suche nach Hinweisen in bestehenden Sprachen führt also nur in Sackgassen. Wir wollen noch nicht die ganze Geschichte enthüllen, aber wir können sagen, dass es eine Geschichte ist, die vor Jahrhunderten stattgefunden haben könnte – eine Geschichte über die Ursprünge der Menschheit und alte Götter. Wenn du gut aufpasst, wird sich der Sinn eines Tages von selbst erschließen 😉
Avantgarde und Polen war schon immer eine sehr passende Kombination, vielleicht sogar noch vor Penderecki. In den letzten Jahren haben viele (Black) Metal-Bands sehr unkonventionelles Terrain betreten, wie LUX OCCULTA, DOLA, etc. Warum gedeiht diese Art der Kunst in Polen so gut? Liegt es an der konservativen Mehrheit im Land und an den Traumata des Zweiten Weltkriegs und darüber hinaus?
Bartek, Julita, Marcin: Es hat definitiv mit der Kultur und den Erfahrungen zu tun, die die polnische Gesellschaft durchgemacht hat, aber eine ähnliche Regel gilt für jedes andere Land. (Black) Metal, ja, die ganze Musik insgesamt, ob aus Norwegen, Frankreich oder Deutschland – jede hat ihre eigene Atmosphäre und vermittelt unterschiedliche Emotionen, die sich aus den verschiedenen Erfahrungen und Herausforderungen ergeben, denen die Nationen gegenüberstehen. In Polen hat es sicherlich mit unserer Geschichte zu tun, aber ich würde es nicht nur darauf beschränken.
Musik entsteht, wie jede Kunst, aus dem Zusammenspiel verschiedener Inspirationen, Erfahrungen, Zeiten und zu einem großen Teil aus der Psychologie der Menschen. Wir vermuten, dass einer der Hauptaspekte beim Schaffen von Musik, die als avantgardistisch bezeichnet wird, der Versuch ist, sich von einigen Konventionen zu befreien oder sich außerhalb dessen auszudrücken, was durch gesellschaftliche Normen auferlegt wurde. Das ist also das, was in sensiblen Individuen vorhanden ist. Es ist nicht leicht, es freizusetzen, aber offensichtlich spricht es viele Menschen an, die die künstlerische Sensibilität teilen. Sind diese „Grenzen“, von denen wir uns zu befreien versuchen, in Polen stärker präsent als in anderen Ländern? Das ist schwer zu beurteilen.
Es gibt auch eine viel einfachere Erklärung, warum Metal-Musik in Polen so gut gedeiht. In den 90er Jahren feierten polnische Metalbands wie BEHEMOTH und DECAPITATED große Erfolge, und sie begannen, die „Marke“ des polnischen Metal in der Welt zu etablieren, und ihre Anerkennung wurde zu einer Chance für andere polnische Bands. Je mehr Möglichkeiten sich bieten, desto mehr Bands werden gegründet, und je mehr Bands gegründet werden, desto mehr Leute hören sich diese Musik an. Und je mehr Leute zuhören und sich inspirieren lassen, desto mehr neue Bands werden gegründet, und so weiter und so fort. Wir können uns also einfach glücklich schätzen, dass wir außergewöhnliche Bands haben, die immer wieder neue Generationen von Musikern mit einem reichen Erbe befruchten, das diesen sich selbst verstärkenden Kreislauf wiederholt.
„Emotionen sind das Herzstück unserer Musik.“ – Bei UULLIATA DIGIR ist das Gefühl wichtiger als Technik, findet zumindest Sängerin Julita.
Auf eurer Bandcamp-Seite schreibt ihr: „Step into the sonic maze and rediscover the ever-evolving metal boundaries while preserving the genre’s indispensable, monolithic core.“ Kurzum: Seid ihr enttäuscht, wohin sich dMetal aktuell entwickelt?
Krzysztof: Um enttäuscht zu sein, müsste man schon eine gewisse Erwartungshaltung haben. In jedem Jahr der Musik weltweit, entstehen mehr und mehr Vertreter von noch feineren Subgenres als in dem zuvor. Metal folgt dieser Tendenz ohne Ausnahme, ob es sich nun um Bands, Alben oder sogar einzelne Titel handelt. Wie bei jedem Phänomen gibt es auch hier echte Perlen, gedankenlose Nachahmungen und klangliche Abscheulichkeiten. Die „Grenzen“ der Genres werden immer miteinander verschmelzen und uns Neues und noch Unerforschtes bringen – und es ist eine befriedigende Erfahrung, einfach sein Ding zu machen und seinen Teil zu diesem Prozess beizutragen.
Das bringt uns zu euren Einflüssen: Es wäre zu einfach, Bands wie IMPERIAL TRIUMPHANT und ORANSSI PAZUZU, die späten EPHEL DUATH, die hypnotische Qualität von NEUROSIS in den 90ern oder die Ästhetik von David Lynch zu zitieren. Ich habe auch Kritiken gefunden, die euch mit DØDHEIMSGARD und BLUT AUS NORD verglichen haben. Für mich klingt es so, als hätten UULLIATA DIGIR erfolgreich versucht, sich von stilistischen Grenzen zu befreien, obwohl sie im Metal verwurzelt sind. Würdet ihr dem zustimmen? Und welche Bands/Künstler haben euch inspiriert?
Krzysztof: Sicher, wir sind mit diesen Bands so vertraut, dass wir sogar einige unserer Riffs nach diesen Bands benannt haben! Auch wenn es nicht unser Hauptziel war, aus dem Paradigma des Metals auszubrechen, sprechen die Kritiken und Meinungen der Rezipienten für sich. Wenn du jeden von uns fragst, werden wir dir auch nicht sagen, welches Genre wir genau vertreten – erstens, weil es das Publikum ist, das die ultimative Kategorisierung vornimmt, und zweitens, weil es nicht offensichtlich ist, wie man eine solche Frage beantworten soll, so dass in der Tat noch eine weitere Schublade in diese endlose musikalische Truhe eingefügt werden muss. Wenn wir über diejenigen sprechen, die uns inspiriert haben – sagen wir, sie passen in die Kategorie der „zeitgenössischen“ Künstler, wie auch immer man sie definiert. Es gab viel zu viele, deren Sound auf uns übergegangen ist, um sie einfach aufzuzählen und auf bestimmte herausragende Persönlichkeiten hinzuweisen; UULLIATA DIGIR ist ein Amalgam aus allen Klängen, Gedanken und Gefühlen, die auch nur den kleinsten Einfluss auf unser musikalisches Selbst hatten.

Marcin, deine Gitarrenarbeit ist eher hypnotisch und rhythmisch komplex, was UULLIATA DIGIR von vielen shreddenden Avant-Bands unterscheidet. Wie entwickelst du den Gitarrensound und die Riffs weiter?
Marcin: Nun, es geht mehr darum, welche Bilder ich im Kopf von jemandem malen möchte, als einfach nur anzugeben. Bei „Myrthys“ zum Beispiel war es mein Ziel, gegen die konventionelle Herangehensweise an das Schreiben von Musik anzugehen und einfach einen Akkord immer wieder zu spielen, um das Gefühl einer Fahrt in einem sehr langsamen Minenwagen zu erzeugen.
Ich liebe die Tatsache, dass die Bassgitarre nicht nur ein rhythmisches Fundament liefert, sondern auch einige Obertöne zu bieten hat und improvisiert, wie in „Myrthys“ ab Minute 10, und ich liebe den warmen Klang. Bartek, wie ist deine Arbeitsweise bei UULLIATA DIGIR?
Bartek: Um ehrlich zu sein, der Teil, den du erwähnst, wird von Marcin auf der Gitarre mit Oktav-Effekt gespielt, daher ist deine Verwirrung verständlich. Der Bass wurde nach dem Schlagzeug und den Gitarren aufgenommen, als so ziemlich die meisten Grundlagen für die Songs geschaffen wurden – meine Aufgabe war es also, den Songs Zusammenhalt zu verleihen. Einige Parts waren in der Tat dazu gedacht, Harmonien für Gesangs- oder Trompetenlinien hinzuzufügen und Akkordfolgen zu ergänzen.
Auch das Drumming ist sehr stark. Krzysztof, du arbeitest mit vielen Kontrasten und bringst so Extreme Metal-Drumming in einen neuen Kontext. Ich finde es erstaunlich, wie jazzig die Akzente manchmal sind. Hast du dich sich als Schlagzeuger im Laufe seiner Karriere vom Metal zum Jazz entwickelt?
Krzysztof: Weder in die eine Richtung, noch in die andere. Es ging hauptsächlich um Rockmusik im weitesten Sinne (mit einer Tendenz zum Metal), und das schon seit meinen ersten Schlagzeugversuchen. Wie jazzig das Schlagzeug auch immer hier und da klingen mag, ich habe zu großen Respekt und Bewunderung für Jazzer, als dass ich an irgendetwas denken könnte, das als echter Jazz in mein Spiel einfließen würde. Meine Methode hat sich im Laufe der Jahre verändert, aber der derzeitige Ansatz zur Komposition ist eher intuitiv als strukturiert. Es war schon immer eine gängige Praxis für mich, benachbarte musikalische Genres und weiter entfernte Klänge zu besuchen und zu versuchen, die gefundenen Techniken und Methoden zu verstehen und in der eigenen Musik anzuwenden – und das ist hier nicht anders.
„Die „Grenzen“ der Genres werden immer miteinander verschmelzen und uns Neues und noch Unerforschtes bringen – und es ist eine befriedigende Erfahrung, einfach sein Ding zu machen und seinen Teil zu diesem Prozess beizutragen.“ – Drummer Krzyszof über die Entwicklung der Avant-Szene.
Die Vocals sind fantastisch: Es gibt die Grundlage von Michałs sehr brutalen Vocals. Darüber hinaus singt Julita wie eine Schauspielerin mit einer intensiven Bandbreite von einer fantastischen klaren Stimme und gefährlichen, aggressiveren Vocals. Ich fand es auch schön, dass Michał auch mehr im Hintergrund singt und nicht nur growlt. Wie haben sich die Vocals für „Uulliata Digir“ entwickelt, und war es ein eher strukturierter oder improvisierter Prozess?
Julita: Zunächst einmal ist der Gesang in der Geschichte verwurzelt, die in den Liedern erzählt wird. Die Texte sind wie ein Theaterstück aufgebaut, mit verschiedenen Charakteren, die durch ihre Zeilen bestimmte Gefühle ausdrücken. Einige Gesangsparts wurden sorgfältig geplant, um sie mit der Erzählung in Einklang zu bringen, während andere improvisiert wurden, geleitet von dem natürlichen Gefühl der Musik. Der Kontrast zwischen den Stimmen entstand auf natürliche Weise – Michałs rohe Brutalität und meine Zerbrechlichkeit ergänzen sich auf eine Art und Weise, die die individuelle Wirkung jeder Stimme verstärkt.
Der Gesang ist für mich der Beweis, dass UULLIATA DIGIR keine eine Band ist, bei der es ausschließlich um technische Leistungen geht, sondern um Emotion. Welche Bedeutung hat die Emotion in eurer Musik? Dient sie einem kathartischen Zweck?
Julita: Die technische Leistung ist natürlich wichtig für uns, aber du hast absolut Recht – Emotionen sind das Herzstück unserer Musik. Wir glauben, das macht sie wirklich einzigartig. Wir erzählen die Geschichte von Schöpfung und Leidenschaft, Sünde und Verrat, Flüchen und Prophezeiungen. Sie handelt von Zerstörung, Krieg und Tod, aber auch von Aufopferung, Vergebung und Neuanfängen. Es ist eine Geschichte über die Menschheit als Ganzes, aber auch eine sehr persönliche Geschichte. Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, diese Emotionen einzufangen, und noch mehr, dass sie beim Publikum ankommen.
UULLIATA DIGIR sind in vielerlei Hinsicht eine besondere Band, aber der Bläsersatz von Magdalena ist unglaublich und fügt sich nahtlos in die Musik ein, obwohl ich eigentlich das Gefühl hatte, dass sie erst nach der Gründung der Musik dazugekommen sein könnte. Ist das wahr? Was, abgesehen von deinen Trompetenparts, war dein Beitrag, Magdalena?
Magdalena: Du hast teilweise recht. Als ich zur Band stieß, waren einige Gitarren- und Schlagzeugmotive bereits vorhanden – natürlich nicht in ihrer endgültigen Form. Im weiteren Verlauf haben wir improvisiert und uns die Teile herausgepickt, die uns gefielen, um sie als Grundlage für die endgültige Komposition zu verwenden. Einige andere Teile wurden jedoch für alle Instrumente gleichzeitig vollständig komponiert und von den Bandmitgliedern gemeinsam diskutierten. Ich muss zugeben, dass die meisten Trompetenparts erst kurz vor der Aufnahme ihre endgültige Form erhielten, und einige von ihnen veränderten ihren Charakter drastisch.

Wie läuft das Songwriting ab? Die epischen Songs wie „Myrthys“ und „Eldrvari“ sind von der Struktur her sehr komplex. Wie lange dauert es, so etwas zu arrangieren?
Marcin: Du hättest Michałs Gesicht sehen sollen, als er unsere EXCELente Tabelle sah, auf der jeder Teil des Songs aufgeschrieben war. Sie enthält die Namen der Abschnitte, wie viele Takte sie dauern und wer was spielt oder singt. Michał war der Letzte, der es gesehen hat – und der Letzte, der es gelernt hat. Viel Glück bei sowas.
Krzysztof: Der Kern unseres Schreibens ist natürlich die Improvisation. Wir nehmen jede Probe auf und wählen die interessantesten Teile aus, um sie weiter zu entwickeln. In dieser Phase sind die bereits erwähnten Spreadsheets sehr hilfreich. Es gibt keinen festen Zeitrahmen für das Schreiben eines Songs, aber es ist auf jeden Fall ein komplexer Prozess, der schon ein paar Monate dauern kann.
Bei beiden langen Songs geht es um den Aufbau von Spannung, aber nicht aus einer Metal-Perspektive. Ich höre die Teile ineinander überfließen, ein bisschen wie eine Big Band, die durch einige Bewegungen improvisiert. War das eure Art zu arrangieren?
Marcin: Ich denke, die beste Antwort darauf ist, dass wir von Anfang an beschlossen haben, Musik so dynamisch wie möglich zu schreiben und mit den Klängen, die wir spielen, eine Geschichte zu erzählen und uns nicht nur auf die Texte zu verlassen. Diese Herangehensweise führt natürlich dazu, dass wir auf die von dir beschriebene Weise arrangieren.
Es ist fast schmerzhaft, wie lange es dauert, bis sich die Spannung, die diese beiden Lieder aufbauen, entlädt, und ich finde es irgendwie masochistisch, wie sehr ich das liebe. Bei „Myrthys“ war der erlösende Teil für mich bei 8:30, obwohl es bei 5:30 einen Vor-Klimax gibt. Es fühlt sich ein bisschen so an, als würden Sie hier mit Ihrem Publikum und dessen Erwartungen spielen. Stimmt das?
Marcin: Eigentlich geht es mehr um die bereits erwähnte Geschichte. Wir geben uns ihr hin. Die Geschichte treibt die Dynamik der Songs an. Wir sind nur ein Vermittler 😉
„Omni Dirga“ ist ein Kontrast zu „Myrthys“ und „Eldrvari“. Das Stück ist sehr extrem, voller Blastbeats und dicht, schafft es aber trotzdem, einen Höhepunkt zu erreichen, auch wenn die Intensität und Lautstärke während des gesamten Songs extrem hoch sind. Habt ihr hier eine andere Art des Songwritings ausprobiert?
Marcin: Der Unterschied in der Herangehensweise beim Komponieren von „Omni Dirga“ bestand darin, dass wir nur zu zweit waren – ich und Krzysztof. Die Idee für diesen Song entstand durch sehr intensive 2-3 Stunden Improvisation. Nachdem wir uns die Probenaufnahme angehört hatten, gab es ein fast perfektes, strukturiertes 5-6-minütiges Spiel.
Krzysztof: Der Grundstein für diesen Song wurde schon früh in der Band gelegt, wodurch er sich natürlich von den anderen beiden unterscheidet. „Myrthys“ und „Eldrvari“ wurden in einer Weise komponiert, die uns Raum für Improvisationen gibt, während „Omni Dirga“ das nicht tut, zumindest nicht in demselben Maße. Die Lockerung der musikalischen Grenzen schien unserem Spielstil besser zu entsprechen, also haben wir beschlossen, dabei zu bleiben.
„Du hättest Michałs Gesicht sehen sollen, als er unsere EXCELente Tabelle sah, auf der jeder Teil des Songs aufgeschrieben war.“ Gitarrist Marcin ist ein Freund der Organisation – auch wenn es auf neue Bandmitglieder verwirrend wirken mag.
Zwischen den Liedern gibt es mit „Asea“ ein kurzes Drone-Intermezzo und mit „Atti“ ein Spoken Words-Stück mit Soundscapes und improvisierter Gitarre. Was ist ihr Zweck? Um Grenzen zu den anderen Liedern zu setzen?
Krzysztof: Unserer Meinung nach bieten sie einen kurzen Moment der Ruhe, der es dem Hörer ermöglicht, sich vor dem nächsten Kapitel zu erholen. Auf einer praktischeren Ebene dienen sie auch als kurze Pause für jedes Bandmitglied während eines Live-Auftritts, da wir in dieser Zeit die Gitarren wechseln.
Ich fand das Artwork von Izabela Grabda sehr passend zur Musik. Es ist ziemlich verstörend und ich habe in meiner Rezension den Begriff „freudianisch“ verwendet. Es sind viele Formen und Strukturen enthalten, genau wie in eurer Musik. Wie war der Entstehungsprozess der Kunst und habt ihr gemeinsam daran gearbeitet? Was war die ursprüngliche Idee?
Marcin: Ich stimme dem Teil mit den „Formen und Strukturen“ zu. Sie in einem Bild, Gemälde oder Ähnlichem festzuhalten, war unser Ziel. Izabela hatte die endgültige Idee nach ein paar Gesprächen über sehr abstrakte Dinge, die wir im Kopf hatten. Dabei ging es um Zeit, Materie, Leben, Liebe, Tod und so weiter. Die Worte, die der Idee zugrunde lagen, waren „warp“ und „twist“. Wir lieben das Ergebnis. Es ist genau das, was wir erreichen wollten.
Krzysztof: Der Hauptgedanke war, dass ein Abstrahieren Harmonie in neuen Bereichen schaffen sollte. Und so ist das Cover entstanden. Und: The owls are not what they seem.
„Uulliata Digir“ wurde bisher nur digital und DIY veröffentlicht. Wird es auch physisch zu veröffentlicht und ist eine Kooperation mit einem Label in Arbeit?
Marcin: Wir arbeiten im Moment an einer physischen Veröffentlichung. Es wird in ein paar Wochen Vinyl und CD geben – wir haben die Testpressung bereits genehmigt. Was das Label angeht, so waren und sind wir auf der Suche nach Möglichkeiten. Vorerst veröffentlichen wir das Album aber unabhängig.
Ich muss UULLIATA DIGIR unbedingt live sehen. Ist eine Tournee in Planung, oder werdet ihr weiterhin nur ausgewählte Shows spielen?
Marcin: Wir haben einzelne Shows und eine kleine Tour später in diesem Jahr gebucht. Wir würden uns freuen, wenn wir in Zukunft auch auf Bühnen außerhalb Polens spielen könnten. Wir werden sehen, was die Zeit bringen wird.
Vielen Dank für eure Zeit und eure Antworten. Wenn ihr noch etwas zu sagen habt, ist jetzt die Gelegenheit.
UULLIATA DIGIR: Hört nie auf zu erforschen, was jenseits der Kunst liegt, die ihr bereits kennt und genießt – es gibt immer etwas zu entdecken und man muss dankbar dafür zu sein, wenn man ihm begegnet. Vielen Dank, dass wir dabei sein durften!

Fotos: (c) UULLIATA DIGIR