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ILLDISPOSED: Promotion und Wodka

Jakob Batten über Langeweile, phänomenale Gedächtnisleistungen und warum mit Alkohol alles schneller geht.

Dänen sind schon komische Gesellen. Sie haben keinen Euro, kümmern sich wenig um den Rest der Welt und wenn sich die Gelegenheit bietet, unterbrechen sie gerne ihren Urlaub und werden Fußball-Europameister. Manche, so wie ILLDISPOSED, sind als trinkfest und wortkarg verschrien. Dass es aber auch anders geht und dass die Öffnung für die Belange der Welt vermeintlich am Wodka liegen kann, beweist Gitarrist Jakob Batten in den Backstageräumen des Kölner Prime Club bei folgendem Gespäch. Immerhin bestätigt sich die Trinkfestigkeit und so wurde dem wohl durstig aussehenden Vampster-Mitarbeiter als Antwort auf die erste Frage sofort ein Bier gereicht…

1-800 Vindication ist bereits eine Weile draußen, seid ihr immer noch zufrieden, jetzt mit etwas Abstand?

Ja, absolut. Es ist das beste Album, das wir seit langer Zeit gemacht haben. Prost!

Prost!

Was die Stärke des Albums ausmacht, ist, dass wir wirklich wieder zusammen spielen wollten. Es gab eine Phase, in der wir alle wirklich down waren und keine Lust mehr auf Musik hatten. Dann hat sich die Besetzung geändert und wir bekamen wieder Lust auf die Band. Und das kann man hören.

Waren es persönliche Dinge oder hing das, was euch auseinander brachte, eher mit der Musik und der Band zusammen?

Es war beides. Wir hatten keine Lust mehr zu spielen und Konzerte zu geben. Und wir hassten uns. Zumindestens ein bisschen. Es war gut, neue Leute in die Band zu bringen.

Es gibt die Band ja auch schon eine Weile. Gibt es rückblickend etwas, das ihr heute anders machen würdet oder musste es zu dieser Situation kommen?

Wir waren schon immer zu faul. Deshalb haben wir bis heute nie so etwas wie einen Durchbruch. Es hat uns einfach nie interessiert. Wir wollten immer nur Party machen und Bier trinken.

Was ja auch nicht das Schlechteste ist…

Absolut nicht. Aber jetzt wollen wir auch Promotion machen, denn anders hast du keine Chance. Früher hat uns das auch nicht interessiert.

Ihr seid ja auch nicht als die gesprächigste Band der Welt bekannt. Wird sich euer Image jetzt auch ändern?

Hmmhmgrmpf. (lacht)

Nein, im Ernst. Es ist wichtig, Interviews zu geben, denn die Fans lesen die Magazine und wollen wissen, was eine Band zu sagen hat. Sie verbringen viel Zeit mit der Musik und geben viel Geld aus, daher ist es wichtig, ihnen etwas zu geben.

Es ist natürlich auch ein lustiges und interessantes Image, diese Dänen, die immer zu besoffen sind, um etwas Vernünftiges zu sagen… Könnt ihr euch da eigentlich wieder finden, oder forciert ihr dieses Image sogar manchmal?

So sind wir wirklich. Wir gehören nicht wirklich der Szene an und gehorchen nicht ihren Gesetzen. Wir sind nur vier Freunde, die Spaß haben wollen. Und unser Spaß sieht meistens so aus. Wir möchten uns so weit wie möglich von unserem normalen Leben entfernen und das geht am besten auf der Party nach der Show. Oder vor der Show. Oder mittendrin.

Also genau das Rockstar-Leben, von dem viele Leute träumen…

Ja, genau. Obwohl der Grund zum Saufen oft eher die Langeweile ist. Langeweile bis zum Gig, im Bus, bis zum Soundcheck, nach dem Gig. Deswegen trinken wir, denn dann vergeht die Zeit einfach viel schneller. Die Zeit läuft schneller, wenn du betrunken bist.

Das hat sich aber doch jetzt sicher nicht großartig geändert. Wieso geht ihr die Sache dann jetzt doch anders und vielleicht professioneller an?

Es ist einfach so passiert. Es musste sich ändern oder wir lösen die Band auf. Es gab keinen anderen Weg mehr. Und für uns gab es auch keine Alternativen. Ich könnte nie in einer anderen Band spielen, denn dort fehlte die freundschaftliche Basis. Ohne die könnte es für mich nicht funktionieren. Und für die anderen ebenso wenig. Also mussten wir die Band retten.

Die meisten anderen Metal-Bands nehmen sich viel zu ernst. Sie kämpfen aber auch sehr für ihre Band. Das haben wir nie.

Eine für euch typische Antwort wäre gewesen: Wir haben die Biersorte gewechselt und es lief wieder.

(lacht) Nein, in Wirklichkeit haben wir von Bier zu Wodka gewechselt und es lief wieder.

ILLDISPOSED
Jakob über sein Ambitionen im Filmmusik-Geschäft: Es müsste nur ein guter Film sein, also zum Beispiel ein Porno.

Es hat mir bei euch immer gefallen, dass ihr einen gewissen Humor gewahrt habt. Sowohl in Song- oder Albumtiteln, als auch bei euren Auftritten. Ist es nicht auch im Endeffekt einfacher so ehrlich zu sein, als krampfhaft zu versuchen ein anderes, böseres Image aufrecht zu erhalten?

Ja auf jeden Fall. Es ist wichtig Humor zu haben. Und das nicht nur in der Musik. Aber gerade dort wirkt er am besten. Besonders im Gegensatz zu all den lächerlichen Super-Bösen, die man in der Szene so trifft. Wir sind vor ein paar Monaten mit einer Black Metal-Band getourt, die sich auf der Bühne wie der Leibhaftige gegeben haben, aber nachher im Bus immer aussahen wie ängstliche kleine Jungs. Das ist schon merkwürdig. Es sollte mehr Bands mit Humor geben. Gerade wenn die Musik so humorlos ist wie im Metal. Die Bands unterscheiden sich kaum noch, wenn alle nur böse sind. Die Leute sind dann dankbar, wenn eine Band mal etwas Humor zeigt.

Ihr habt für 1-8000 Vindication mit Tue Madsen gearbeitet, der sich ja im Moment zum State-of-the-Art-Produzenten im Metal mausert. Gibt es einen Unterschied zwischen ihm und den Produzenten, mit denen ihr bisher gearbeitet habt?

Der Hauptunterschied ist, dass er verdammt schnell ist. Er schafft es in ein paar Minuten den Gitarrensound zu basteln und alles einzustellen, damit es gut klingt. Er ist wirklich sehr gut. Wir kennen ihn schon seit 1990, als er noch selber in einer Band spielte.

Welche Rolle spielt ein Produzent in eurer Arbeitsweise?

In der Hauptsche muss er sich um den Sound kümmern. Aber, da Tue auch selber Musiker ist, hat er auch musikalisch einiges beigetragen und Vorschläge gemacht. Für uns war er eine große Inspiration. Es ist wichtig, Input von Außenstehenden zu bekommen, damit die Musik nicht zur Inzucht verkommt. Man denkt immer alles ist toll, dabei könnte es anders noch viel besser sein. Niemand ist ein Genie. Und wenn einem ein Vorschlag nicht passt, kann man immer noch Fuck you! sagen.

Ihr habt 1998 an einer TV-Dokumentation teilgenommen, die später sogar Preise gewonnen hat. Hatte das positive Auswirkungen auf eure Karriere in irgend einer Art und Weise?

Ich denke nicht. Der Film ist auf Dänisch und eigentlich hat ihn kaum jemand außerhalb des Landes gesehen. Er kommt einmal im Jahr im dänischen Fernsehen. Und zwar immer so um Weihnachten, warum auch immer. Ich denk, es hat uns höchstens in Dänemark etwas gebracht.

Ihr habt auch einen Track zum Soundtrack des Filmes SAW beigesteuert, was sicherlich wichtiger sein dürfte, denn Soundtracks sind heute wichtiger als jemals zuvor…

Oh ja, das ist ein sehr guter Weg seine Musik zu verbreiten.

Ist es wichtig, den Film zu kennen oder einen Bezug dazu zu haben?

Ich habe ihn erst nachträglich gesehen. Aber es ist ein sehr guter Film. Das ist wichtig, denn dann verkauft sich auch der Soundtrack.

Wäre es interessanter für euch einen Song speziell für einen Film zu schreiben, als lediglich auf dem Soundtrack vertreten zu sein?

Auf jeden Fall.

Was müsste das für ein Film sein?

Das wäre gar nicht so wichtig. Es müsste nur ein guter Film sein, also zum Beispiel ein Porno. (lacht)

Es ist natürlich eine große Herausforderung diese komplexe Atmosphäre in Musik zu packen. Also etwa für einen Film mit dem Titel 1-800-Death-Metal-Hengste oder so… Habt ihr eigentlich jemals die Telefonnummer aus dem Albumtitel gewählt?

Nein, ich habe keine Ahnung, ob sie existiert. Vielleicht sind es irgendwelche Rechtsanwälte oder so. Es sollte aber auch nur ein Spasß sein. Wir fanden all diese Anzeigen in den Magazinen so lächerlich, all diese 1-800-SuckmyDick und so weiter. (Was lest ihr für Magazine, Leute… – der Verf.)

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Auf das Cover-Artwork von 1-800 Vindication hatten die Dänen keinen Einfluss.

Habt iht auch Einfluss auf das Artwork gehabt? Für mich erschließt sich der Zusammenhang nicht so wirklich…

Nein, das hat der Typ alleine gemacht. Wir haben ihm nur den Albumtitel gesagt. Ich habe keine Ahnung, was er sich wirklich dabei gedacht hat, aber mir gefällt es.

Das ist euer erstes Album für Roadrunner. Warum habt ihr euch für Roadrunner entschieden?

Weil es das größte Label war, das uns ein Angebot gemacht hat. Sie arbeiten auch gut für uns. Es sind echt nette Leute, die sich um uns kümmern. Wenn wir uns treffen, laden sie uns immer zum Essen ein. Was will man mehr.

War ein Grund, dass Roadrunner auch in den USA vertreten sind?

Weniger. Obwohl wir sehr gerne in den Staaten spielen würden. Oder in Japan.

Japan?

Ich habe gehört, die haben dort sehr hübsche, scharfe Mädchen…

Ah ja. Und auch sehr interessante Münzautomaten… Aber ich habe ja auch gesehen, dass ihr String-Tangas als Merchandising verkauft. Hast du schon mal eine Frau getroffen, die einen solchen getragen hat?

Natürlich. Alle! Wenn ich ein Mädchen abschleppe, lasse ich sie immer erst einen unserer Strings anziehen. Los! Zieh ihn an!! Dann ziehe ich ihn mit den Zähnen wieder aus. (lacht)

Die Dinger sind aber nicht etwa essbar…

Nein das nicht. Ist aber eine gute Idee…

Hast du noch einen Job neben der Band?

Ja. Ich arbeite als System-Administrator. Es ist nicht einfach, einen Job zu finden, wenn man so oft weg ist. Aber ich habe einen tollen Boss, der das alles mitmacht. Alle in der Band haben noch Jobs.

Wäre es dein Ziel, mal von der Band leben zu können?

Nein. Ich könnte sowieso nicht aufhören zu arbeiten. Ich bin ein Workaholic. Wenn ich nicht arbeiten kann, verzweifle ich. Ich mache höchstens eine Woche Urlaub im Jahr und bin dann froh, wieder arbeiten zu können. Es langweilt mich nichts zu tun. Deswegen manage ich auch zusätzlich noch die Band. Wir haben nur einen Manager für Dänemark, den Rest mache ich. Ich habe auch kein Problem mit diesem Business-Kram, im Gegenteil. Wir betreiben die Band als Unternehmen.

Was heißt als Untenehmen? Bekommt ihr ein Gehalt am Monatsende?

Ja, genau. Wir bezahlen dem Drummer und dem Bassisten, was wir denken, das ihnen zusteht. Also nicht viel. Nein, im Ernst, es gibt keine Arbeitsverträge oder so. Aber da wir die Band als Unternehmen anmelden, können wir Merchandising-Artikel, die wir einkaufen, von der Steuer absetzen und so etwas. Es ist manchmal viel Geld im Spiel, und da ist es besser es richtig zu verwalten. Wir wollen auch nicht, dass es jemand anders für uns verwaltet. Es ist so einfach Musiker abzuziehen.

Ihr seid im Moment mit HOLY MOSES auf Tour, die in Deutschland aufgrund ihrer Vergangenheit einen gewissen Kultstatus genießen. Kanntest du die Band früher?

Nur vom Hörensagen. Ich mag es auch nicht sonderlich, wenn Frauen growlen. Ich finde es klingt scheiße. Frauen sollten ihre Finger von der Musik lassen. Nein, das war ein Witz. Es ist einfach nicht besonders sexy zu growlen. Aber vielleicht sage ich das nur, weil ich so Angst habe. (lacht)

Auf 1-800 Vindication sind auch mehr melodische Vocals zu finden als früher. Wie kam es dazu?

Das war Bos (Bo Summer – Sänger – der Verf.) Idee. Er hat viel versucht als wir die Demos aufgenommen haben und es klang gut. Viel frischer als nur Growls. Es ist einfach Teil der Entwicklung, dass man auch andere Sachen probieren möchte. Deshalb sind auch viele Keyboards auf dem Album. Wir haben es probiert und es hat funktioniert. Es liegt aber auch daran, dass man sich als Musiker mit den Jahren verbessert und einfach Sachen machen kann, für die einem früher die Fähigkeiten gefehlt haben.

Auf dem nächsten Album wird es das alles sicher wieder geben.

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Jakob weiß, wie man sich Freunde macht:
Dann muss man ja nur die Mädels anschauen. Denn die sind schließlich in jedem Land anders. Vor allem in Südeuropa. Dort sind sie immer sehr hübsch, bis sie so 25 Jahre alt sind. Dann sehen sie plötzlich alt und fett aus.

Schreibt ihr schon am neuem Material?

Ich habe schon einige Sachen geschrieben, aber nur in meinem Kopf. Ich habe sie noch nicht gespielt. Ich mache die Songs immer erst im Kopf fertig.

Wie meinst du das? Du hast den kompletten Song im Kopf bevor du ihn das erste mal spielst?

Ja. Ich denke es immer durch, bevor ich einschlafe. So kann ich es behalten. Und außerdem schlafe ich dadurch immer schneller ein.

Und am nächsten Tag hast du den Song dann noch im Kopf?

Ja. Ich habe ein gutes Gedächtnis für so etwas.

Viele benutzen ein Pocket-Studio oder einfach ein Diktiergerät, um die Ideen wenigstens in irgendeiner Form fest zu halten…

Nein. Ich nehme sie erst wieder zuhause am Computer auf. Es ist einfach, den Song dann auf der Gitarre umzusetzen. Vorher behalte ich sie nur im Kopf. Höchstens wenn ich richtig eins auf den Schädel kriege, vergesse ich schon mal einen Song oder zwei.

Und auch der Alkohol hat da keinen negativen Effekt?

Nein. Er macht mich nur faul. Ich übe auch nie Gitarre. Vielleicht haben die Schweden ja deswegen auch so viele gute Bands. Alkohol ist dort ja unbezahlbar.

Naja, Dänemark ist ja auch nicht gerade das Tiefpreis-Paradies…

Oh. Es ist aber viel billiger geworden. Die Regierung hat die Steuern auf Alkohol gesenkt, da halb Dänemark immer mit dem Anhänger nach Deutschland zum Einkaufen gefahren ist. Bevor sie gar kein Geld mehr einnehmen, waren sie lieber mit weniger zufrieden. Richtig schlimm ist es aber in Schweden und Norwegen.

Die Dänen haben sich in einer Abstimmung gegen den Euro entschieden, wie denkst du darüber?

Er wird definitiv kommen. Die Dänen sind in solchen Sachen sehr eigen und nicht besonders offen. Wir sind ein kleines Land und die Leute legen Wert auf eine eigene Identität. Für uns wäre es einfach praktischer, da wir viel reisen.

Wenn es überall dasselbe Geld gibt hat man aber kaum noch das Gefühl im Ausland zu sein. Das ist manchmal etwas schade…

Dann muss man ja nur die Mädels anschauen. Denn die sind schließlich in jedem Land anders. Vor allem in Südeuropa. Dort sind sie immer sehr hübsch, bis sie so 25 Jahre alt sind. Dann sehen sie plötzlich alt und fett aus.

Fotos: Roadrunner Records
Live-Foto: doomster

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