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SOEN: Memorial

Daumen hoch für das sechte Album der Schweden SOEN. Wer auf anspruchsvollen Prog Metal und Prog Rock steht, kann auch bei diesem Album blind zugreifen.

Mit “Progressive” ist es ja nicht immer einfach. Progressiv bedeutet ja “Fortschrittlich”. Aber lustigerweise ist genau dies bei vielen Progressive-Bands nicht gegeben – anstatt Weiterentwicklung und eines “Fortschreitens” gibt es oft ähnlich klingende (wenn auch kompliziert arrangierte) Stücke und Songideen immer wieder neu aufgewärmt zu hören. Anders bei SOEN. Sie sind im wahrsten Wortsinn “progressiv”. Jedes Album klingt, trotz wiederkehrender Trademarks, auf seine Art erfrischend und anders. Und das tut verdammt gut.

“Memorial” zeigt SOEN noch erwachsener

Mit “Memorial” gibt es nun Album Nummer sechs der Schweden um Sänger Joel Ekelöf und Schlagzeuger Martin Lopez. Und wie klingt “Memorial”? Ich würde sagen: erwachsen und nochmals gereift. Hörte man in der Anfangszeit von SOEN vielleicht noch etwas die Einflüsse der früheren Bands der Mitglieder durchschimmern, haben SOEN längst ihren eigenen Sound und ihr eigenes klangliches Universum geschaffen. Das sich aber bis heute immer wieder leicht verändert.

Klang das 2017er-Album “Lykaia” noch organisch und warm, sind SOEN heute in einer klanglich kühleren Welt angekommen. Bereits auf “Lotus” (2019) zeigten sich die Schweden gereift, auf “Imperial” (2021) dann doch bereits deutlich ernüchtert. In den warmen, umarmenden Gesamtsound mischte sich eine Härte, die der Band einerseits sehr gut zu Gesicht stand, die aber auch unerwartet kam und aufhorchen ließ. Gut, die Welt war schon 2021 dem Abgrund näher als je zuvor. Und SOEN ist für mich eine der Bands, die diesen Aspekt am deutlichsten in ihrer Musik, in ihrem Gesamtsound wirken lässt und hörbar macht. Und wie ist es 2023, wie ist es auf “Memorial”?

SOEN transportieren musikalische Hoffnungslosigkeit – aber auch Wärme in ihren Balladen

“Memorial” begeht diesen Weg weiter. Sänger Joel Ekelöf klingt ernüchterter. Und gesanglich nochmal weiter gereift. Wahnsinn, was dieser Mann für eine Gesangsleistung abliefert. Die klassische Ausbildung ist nicht zu verleugnen – und hat auch live ihren Charme – steht hier doch kein Metal-Berserker auf der Bühne, sondern ein in sich ruhender, ernstzunehmender, großartiger Musiker. Die Wärme in der Stimme weicht auf “Memorial” immer häufiger einer abgekühlten Stimmung. Doch neben der Kälte und vertonter Hoffnungslosigkeit, die die Menschheit und offenbar auch SOEN derzeit umtreibt, finden auch berührende Balladen, wie das Duett “Hollowed” mit der italienischen Sängerin Elisa Toffoli, oder das ruhige “Tragedian”, ihren Platz auf das Album.

Und das macht “Memorial” so spannend. Einerseits weiter gereift, nochmals kälter und musikalisch härter, wie der Titelsong “Memorial” oder das von harten Gitarrenriffs geprägte “Icon” zeigen, präsentieren sich SOEN mit ihren Balladen von einer noch weicheren Seite. Geht das zur ansonsten von mir so hoch gelobten Homogenität ihrer vergangenen Alben? Ich finde nicht. Der Kontrast ist nur stärker.

Daumen hoch für das sechste Album der Schweden. Musikalisch und produktionstechnisch waren SOEN ja schon immer über jeden Zweifel erhaben. Wer auf anspruchsvollen Prog Metal und Prog Rock steht, kann also auch bei Album Nummer sechs blind zugreifen.

VÖ: 1. September 2023 via Silver Lining Music.

SOEN “Memorial” Tracklist

1. Sincere
2. Unbreakable (Video bei YouTube)
3. Violence (Video bei YouTube)
4. Fortress
5. Hollowed (feat. Elisa)
6. Memorial (Video bei YouTube)
7. Incendiary
8. Tragedian
9. Icon
10. Vitals

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