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SERPENTES: Desert Psalms

Die Leidenschaft des portugiesischen Black Metals trifft auf die dissonante Wut der isländischen Szene: SERPENTES überzeugen mit ihrem Debütalbum „Desert Psalms“, schöpfen ihr volles Pozential aber noch nicht aus.

Wenn NOEVDIA ein Album an so einem symbolträchtigen Datum wie dem Karfreitag veröffentlichen, dann denkt man beim Titel „Desert Psalms“ freilich an die Fastenzeit, die 40 Tage in der Wüste. Dass im Labelkontext die neue Formation SERPENTES den Black Metal also kompromisslos, blasphemisch und vorwiegend boshaft betreibt, wundert nicht. SERPENTES sind dabei eigentlich eine zweite Inkarnation von ANGRENOST, vor allem weil sie einen großen Teil des Line-Ups teilen. Deren Gitarrist und Songschreiber A.Ara führt auch SERPENTES an und hat mit Magnús Skúlasson und Erdsaf zwei weitere Kollegen seiner Hauptband an Bord. Hinzu kommen noch D.G., Chef von MISþYRMING, Ólöf Rún Benediktsdóttir (SVARTþOKA) und fertig ist die portugiesisch-isländische Achse des Bösen.

SERPENTES sind stilistisch somit nicht zufällig nahe an ANGRENOST, ein paar Unterschiede – die auch auf der Hand liegen – gibt es aber schon. „Desert Psalms“ beginnt recht introspektiv und ambientlastig, sowie etwas nordic folkig, fährt aber bald fiese Riffs auf und lässt das Chaos ausbrechen. Hier liegt auch schon der Unterschied zu ANGRENOST: Wo diese sich epischer und symphonischer geben, agieren SERPENTES viszeraler. Trotzdem überzeugt A.Aras neue Band mit gutem Songwriting und einem Händchen für dezent eingesetzte Harmonien. Ihre erhöhte Aggression lässt sie zwingender sein als das Material auf „Magnua Lua Ordem Mistica“ es war.

SERPENTES spielen Black Metal dissonant und aggressiv, haben aber auch ein Händchen für Harmonien. Die Würze von „Desert Psalms“ liegt aber in den Dark Ambient-Momenten zwischen dem Lärm.

Das liegt einerseits an der cleveren Struktur von „Desert Psalms“, aber auch an der Handschrift derer, die hier mitmischen. In den rasenden Momenten zeigen SERPENTES kompromisslos die Zähne, vergessen vor lauter Impulsivität hier und da ihre Songs und es geht die eine oder andere gute Idee im allgemeinen Tumult unter. Wenn sie aber atmosphärische Momente einbauen, erzeugen SERPENTES manche Sternstunde. Schon der knapp zehnminütige Opener, der mit dunkler Atmosphäre noch fernab von Black Metal beginnt und sich kurz darauf drohend und schwarz, aber auch brutal erhebt, schindet Eindruck. Das anschließende „II“ macht theoretisch alles richtig, bis die packenden Momente auftauchen, vergehen aber fast vier Minuten.

Auch das vorletzte Stück schafft es in weniger als fünf Minuten, sich von entfesselter Gewalt hin zu einem Song mit epischen Momenten aufzuspannen und führt so direkt in das mit morbidem Piano beginnende Instrumental „VII“, das „Desert Psalms“ ausgewogen und kontrastreich, aber wunderbar fließend beendet. Den besten Song verstecken SERPENTES aber in der Mitte des Albums: „V“ baut nach einem anschwellenden Intro Spannung mit klug eingesetzten Leadgitarren, akzentuiertem Drumming und einer starken Basslinie auf, das sich unvermittelt entlädt und das Stück schier explodieren lässt. Hier stimmt alles: die eiskalten, harmonischen Riffs, die Boshaftigkeit, das Drumming, das Gift und Galle speienden Vocals, die Klimax. Und spätestens hier stechen sie auch „Austere Dawning“ von MONTE PENUMBRA aus, die zwar mehr Chaos beschwören, es aber nicht ganz so gut beherrschen.

„Desert Psalms“ schindet Eindruck mit starker Instrumentalarbeit und Songwriting mit großem Erfahrungswert – SERPENTES hätten dennoch mehr Eigenständigkeit wagen dürfen.

Dass SERPENTES vor allem in der zweiten Hälfte ihres Debüts so sicher zwischen packenden Momenten und abstoßender Gewalt balancieren, ist schon einer Erwähnung wert. Den großen Wurf macht die portugiesisch-isländische Formation indes noch nicht; „Desert Psalms“ passt etwas zu genau in die Label-Schiene und scheut sich, Großes zu wagen und aus dem Genre auszubrechen – was mit dieser Besetzung aber theoretisch möglich wäre. Warten wir ab, wie sich SERPENTES entwickeln, ob sie ihr Potenzial nach dieser Findungsphase voll ausschöpfen können. Die Zeichen stehen jedenfalls gut: Mit starker Instrumentalarbeit, Songwriting mit großem Erfahrungswert und einer wie erwartet sehr guten Produktion, sowie der ein oder anderen Überraschung und einer durchdachten Dramaturgie ist „Desert Psalms“ ein erschöpfender, aber intensiver Ausflug in die Wüste – den man auch nach 40 Tagen nicht müde wird, aufzulegen, sofern es einer kultivierten Form des Hasses bedarf.

Wertung: 5 von 7 Fastenzeiten

VÖ: 18. April 2025

Spielzeit: 46:09

Line-Up:
A.Ara
Dagur Gíslason
Magnús Skúlason
Erdsaf
Ólöf Rún Benediktsdóttir

Label: Norma Evangelium Diaboli

SERPENTES „Desert Psalms“ Tracklist:

I
II
III
IV
V
VI (Official Audio bei Youtube)
VII

Mehr im Netz:

https://serpentes.bandcamp.com

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