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RICARDO DONOSO: Sarava Exu

"Sarava Exu" ist purer Exorzismus und ein Sinnbild für das unbeschreibliche Grauen, mit sich selbst konfrontiert zu werden.

Die Seele ist niemals rein, niemals nur gut oder böse. Sie ist das Produkt des Kontaktes eines Menschen, der mit der Umwelt in Kontakt getreten ist. Um dieses beschmutzte, nicht greifbare Etwas in unserer Brust freizulegen, in seiner ganzen Reinheit, braucht es nichts Anderes als Magie. Und das wird schmerzen, wenn Schicht für Schicht wie mit einem Hobel abgetragen wird, bis nur noch das pure Selbst übrig ist. Es steht auf der Rückseite des Albums Sarava Exu jedoch geschrieben: Innocence, once lost, can never be regained. Darkness, once gazed upon, can never be lost. Wagen wir es dennoch, uns zu reinigen, zu säubern?

Der Exilbrasilianer RICARDO DONOSO schickt uns auf die brutalste aller Höllenfahrten. Ohne Schockeffekte oder Ähnliches. Es ist die pure Konfrontation mit uns selbst, die so sehr verstört. Erzielt wird das mit elektronischer Musik, zwischen dem akustischen Horror von THE HAXAN CLOAK – die genauso bedrohlich klingen wie RICARDO DONOSOs Visionen – und der bizarren, aber kraftvollen Welt von BEN FROST. Dann sind es wieder schwere Drone-Wände, die uns zu zermalmen drohen und das Gesamtbild vervollständigen. Es sind eher Soundfragmente, die auf den Hörer hereinbrechen, immer wieder bäumt sich die Musik auf, wirft uns sogleich eine weitere Stufe in den Abgrund hinunter. Wir fallen und fallen, und jedes Stockwerk ist vergleichbar mit einem anderen Horror, mit einer anderen Schicht, die von uns selbst abgekratzt wird.

Was zunächst willkürlich wirkt, versteht sich schon bald als planvolle Tortur. Aus anfänglichen Soundkollagen entstehen mal subtile Stücke, dann wieder brutale Ausbrüche. Alles kann aber im nächsten Moment wieder abgewürgt werden oder erst so richtig detonieren. Entsprechend gibt es keine Längen, nur Fragmente, die ineinander übergehen. Sarava Exu ist ein atemloses Album, zärtlich und brutal zugleich, ohne Hast, aber mit einer eigenen Logik der Zeit. Multiinstrumentalist RICARDO DONOSO, der bereits bei der Avant-Death Metal-Band EHNAHRE tätig war, versteht sich übrigens weniger als Soundbastler. Neben Synthesizern kommen Schlagzeug und Percussions vor, die selbst mit Filtern und Effekten belegt noch Power haben und authentisch klingen. Auch Streicher und Gitarren setzt RICARDO DONOSO auf Sarava Exu ein, um dem abstrakten Horror ein mittelbares Gesicht zu geben. Die Devise ist Authentizität.

Mit Crepusculum beginnt das musikalische Martyrium bereits sehr düster, aber es steigert sich immer mehr in Richtung totaler Schwärze, Gallicinium beispielsweise ist nahezu unerträglich. Der Zenit wird mit dem abschließendem Diluculum erreicht, das nach einem nervenzerfetzenden Noiseinferno zunächst trügerisch ruhig wird, dann aber im Hidden Track nahezu zwanzig Minuten lang nochmals die Daumenschrauben anlegt. Sarava Exu ist purer Exorzismus und ein Sinnbild für das unbeschreibliche Grauen, mit sich selbst konfrontiert zu werden. RICARDO DONOSO versteht sein Album als Vertonung des Abstiegs in den Hades, was sich mit meiner Interpretation durchaus deckt. Fraglos, Sarava Exu wühlt auf und geht ungeahnt tief. In jedem Fall ist dieses mythische, ungemein verstörende, schwer zugängliche Album mit seinem fantastischen visuellen Design unverzichtbar für Hörer von düsterer elektronischer Musik.

Veröffentlichungstermin: 30. Januar 2015

Spielzeit: 57:53 Min.

Line-Up:
RICARDO DONOSO – Percussion, Piano, Guitar, Electronics

Label: Denovali Records

Homepage: http://www.ricardodonoso.com

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/ricardodonosomusic

Tracklist:
1. Crepusculum
2. Vesperum
3. Conticinium
4. Intempestiva
5. Gallicinium
6. Matutinum
7. Diluculum

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