RAGING SPEEDHORN: How The Great Have Fallen

RAGING SPEEDHORN haben es geschafft jegliche Mode in ihrem Sound gegen Zeitlosigkeit zu tauschen. "How The Great Have Fallen" ist rauer, ehrlicher und eigenständiger als alles, was die Band vorher gemacht hat.

Das Leben ist voll von Zufällen und Ungerechtigkeiten. Durch meine leichte Arroganz und meinem abgrundtiefen Hass gegenüber dem NuMetal habe ich damals RAGING SPEEDHORN verpasst. Irgendein Musik-Legastheniker offerierte damals irgendwo diese Band – und beschrieb sie als NuMetal. Als die Combo schließlich auf einem der großen Sommerfestivals spielen sollte schlenderte ich gemütlich zum Zelt, schließlich fiel auch im Festivalprogramm das böse N-Wort. Allerdings erstarrte ich auf halbe Wege, rieb mir die Ohren und machte kehrt. Diese Tat habe ich nie bereut. Auf der Bühne schredderten sechs coole Jungs mit zwei derben Sänger ein endgrooviges Set brutalen Rock herunter, der in der Form nicht allzu häufig verbrochen wird.

Mit How The Great Have Fallen stehen die Briten nun mit ihrem dritten Longplayer in den Startlöchern und haben nicht alles beim Alten gelassen. Die – zugegebenermaßen zu Zeiten des Debüts wirklich leicht vorhandene – NuMetal-Schlagseite wurde mittlerweile so gut wie über Bord geworfen. RAGING SPEEDHORN anno 2005 frönen dem Rock. Die hochproduzierten dicken Gitarrenwände sind nicht mehr ganz so wuchtig, sondern eher rotzig, der Sound insgesamt dreckiger. Was die Songs angeht, so kann man fast den Mut zu Experimenten erkennen. Der schnelle Opener Different Shade of Shit mit seinen punkigen Riffs und MOTÖRHEAD-Einflüssen macht jedenfalls sofort unmissverständlich klar, was Sache ist. Der Quasi-Titeltrack Oh How The Great Have Fallen… ist trotz gedrosseltem Tempo der sich immer wiederholende Wahnsinn im Quadrat und überrascht mit getragenen Chören und dunklen Growls. Dead Man Walking packt danach die Riff-Keule aus und teilt sackweise Rock´n´Roll aus. Vor allem an einem haben die Jungs von der Insel auf dem neuen Longplayer sichtlich gearbeitet: Die Songs haben höchst einprägsame Refrains, die teilweise durch ihre extrem simpel gestrickte Art sofort im Ohr hängen bleiben, aber nie zu eintönig wirken, was bei Master of Disaster deutlich wird, der sich vom Midtempo bis hin zu flottem Uptempo hochschraubt. Dort bleibt dann Snatching Defeat from the Jaws of Victory auch gleich und rollt fast die komplette Spielzeit mit minimalistischen Hardcore-Punk-Riffs dahin, die aber immer mit kleinen Leads verfeinert werden, um nicht zu monoton zu wirken. Teilweise drosseln RAGING SPEEDHORN das Tempo so stark, dass man schon von doomigen Songs sprechen kann, zum Beispiel im stark BLACK SABBATH-beeinflussten Fuck You! Pay Me! oder im zähen Abschlusstrack Don´t Let the Bastards Grind You Down.

Gesangstechnisch setzen die Briten nach wie vor auf heftige Shouts, wütendes Brüllen, wahnsinniges Schreien und ab und an auch mal tiefes Growlen – alles was gut ist findet also Verwendung. Und diese Mischung (die Crème de la Crème des Gesangs praktisch) gewinnt sowieso immer.

RAGING SPEEDHORN sind mit How The Great Have Fallen mehr Rock als je zuvor, präsentieren aber zugleich auf gewisse Weise ihr reifstes Werk. Die Scheibe kommt nämlich jeglichen Trends keinen Schritt entgegen und man sieht förmlich den Mittelfinger, den die Band emporreckt. Jeglicher Massenkompatibilität zeigt How The Great Have Fallen gepflegt die Arschkarte. Dafür sind RAGING SPEEDHORN 2005 wesentlich zeitloser und eigenständiger, als auf den Vorgängeralben.

Nach dem aggressiven Doom-Stück Don´t Let the Bastards Grind You Down endet dann das reguläre Album. Aber erst nach gut 10 Minuten Leerlauf, einem endlustigen Joke-Telefonat (MUSS man hören!) und den zwei Bonus-Tracks God of Thunder und Hatred ist dann wirklich Schluss.

RAGING SPEEDHORN haben es geschafft jegliche Mode in ihrem Sound gegen Zeitlosigkeit zu tauschen. How The Great Have Fallen ist rauer, ehrlicher und eigenständiger als alles, was die Band vorher gemacht hat. Man könnte fast sagen: RAGING SPEEDHORN haben einen Schritt zurück getan, der sie dafür drei nach vorne bringt.

Veröffentlichungstermin: 23. 05. 2005

Spielzeit: 62:05 (inkl. 10 Leerminuten und zwei Bonustracks) Min.

Produziert von RAGING SPEEDHORN und Mark Daghorn
Label: SPV/Steamhammer

Homepage: http://www.ragingspeedhorn.co.uk

Tracklist:
01. Different Shade of Shit

02. Oh How The Great Have Fallen…

03. Dead Man Walking

04. Master of Disaster

05. Snatching Defeat from the Jaws of Victory

06. How Much Can a Man Take?

07. Fuck You! Pay Me!

08. Slay the Coward

09. Infidel Is Dead

10. Don´t Let the Bastards Grind You Down

11. God of Thunder

12. Hatred

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