NORMA JEAN: Redeemer

THE DILLINGER ESCAPE PLAN für Emo-Kids?

Insgeheim habe ich mich ja dagegen gewehrt, diese Scheibe gut zu finden. Warum? Na hört sie euch doch an. Eine typische US-Chaoscore-Band, die nach Emo schielt, um sich gut zu verkaufen und die Suicide-Girls vom Bahnhof zu beeindrucken. Ich könnte kotzen. Aber halt, NORMA JEAN sind anders als ihre chaotischen Freunde aus aller Welt, denn sie machen Musik, die nach einiger Zeit richtig fest im Kopf bleibt, die man laut aufdrehen kann und die stellenweise sehr unter die Haut geht.

Sie ist eigenwillig, die christlich angehauchte Band aus Atlanta, Georgia. Verschrobene Arrangements, dissonante Melodien, dicke Riffs mit rhythmisch-akrobatischen Künststücken und Drumming im MESHUGGAH-Stil machen den Einstieg in dieses Album nicht gerade leicht, nach und nach verinnerlicht man jedoch diese verrückte Scheibe, aber nur wenn man immer schön brav genau hinhört. Und wer möchte es für möglich halten, immer wieder schleichen sich kleine Hooklines ein, seien es Moshriffs, kurze Melodien oder auch mal ein saftiger Groove. Einige Male schenken sie dem Hörer aber auch Ohrwürmer, die so verdammt im Ohr kleben bleiben, ohne kitschig-poppig zu sein. Zum einen Songs Sound Much Sadder, der vollkommen anders ist, das genau das ist, was eine Band erschaffen muss, um kommerziellen Selbstmord zu begehen, zum anderen das abschließende No Passenger : No Parasite, das geradezu hypnotisierend wirkt.

All das strukturierte Chaos, die Eigensinnigkeit, die Sturheit, die verdammte Menge an Potenzial machen NORMA JEAN zu etwas Besonderem. Etwas, das eigentlich nerven müsste, es aber nicht tut. Etwas, das mit Niveau Arsch tritt wie viele andere Bands und doch komplett anders ist. Mich treiben die fünf Amis zur Weißglut, weil sie einfach mit ihrer konsequenten Haltung alles richtig machen. Auch wenn mir persönlich nicht alles an Redeemer gefällt, wie die Metalcore-lastigen Breakdowns, NORMA JEAN stehen einfach dazu. Zu jeder Note auf diesem Album. So intensiv wie die Songs eingespielt sind, kein Zweifel. Da hat sich wohl jemand im Studio die Finger blutig gespielt. Apropos Studio, an dem fetten Soundgewand von Ross Robinson gibt es rein gar nichts zu meckern. Der ist fett und differenziert, nur die Seele, die kleinen Unsauberkeiten fehlen.

Halten wir fest: Die Musik ist wild, abwechslungsreich, anspruchsvoll, intensiv. THE DILLINGER ESCAPE PLAN für Emokids? Nicht ganz, aber so ähnlich. Der Gesang ist abwechslungsreich und aggressiv, die Musiker sind begnadet, die Songs haben immer wieder eingängige Passagen drin. Ein sehr ausgewogenes, kurzweiliges Album also, eines das man nicht immer hören kann, das aber weit nicht so schwer im Magen liegt wie die letzten Werke anderer, überirdischer Hirnfickbands wie HORSE THE BAND oder CURL UP AND DIE. Vergleichen darf man die Bands mit diesen Koryphäen allerdings noch nicht, da liegt noch einiges dazwischen. Trotzdem, hyperaktive Moshkids sollten in Redeemer mal reinhören.

Veröffentlichungstermin: 3. November 2006

Spielzeit: 41:45 Min.

Line-Up:
Cory Brandan – Vocals
Chris Day – Guitar
Scottie Henry – Guitar
Jake Schultz – Bass
Daniel Davison – Drums

Produziert von Ross Robinson
Label: Century Media Records

Homepage: http://www.normajeannoise.com

Tracklist:
1. A Grand Scene for a Color Film
2. Blueprints for Future Homes
3. A Small Spark vs. a Great Forest
4. A Temperamental Widower
5. The End of All Things Will Be Televised
6. Songs Sound Much Sadder
7. The Longest Lasting Statement
8. Amnesty Please
9. Like Swimming Circles
10. Cemetery Like a Stage
11. No Passenger : No Parasite

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