Wenn wir dem Albumtitel glauben, dürfen wir hoffen, dass bei MY EDUCATION kein Forever Alone-Bandmitglied dabei ist – ansonsten ist verdursten angesagt. Aber ich glaube, dass MY EDUCATION im Laufe ihrer Karriere schon viel herumgekommen sind, in jedem Hafen ihre sprichwörtliche Braut haben, und somit aus der feucht-fröhlichen Feierei gar nicht mehr heraus kommen. Aber hier geht es weniger um schlichte Feierei, als um ein Gedenken an die Toten. Wenig verwunderlich also, dass A Drink For All My Friends über weite Strecken ein recht melancholisches Post Rock-Album ist, dass es sich elegisch durch große Teile der Spielzeit zieht. Vielleicht ist diese besoffen-schwermütige Stimmung aber auch nur gegeben, weil MY EDUCATION nicht so recht wissen, von wem sie eigentlich als nächstes klauen sollen. Originell ist das sechste Album der Texaner nämlich leider wirklich nicht.
Da hören wir EXPLOSIONS IN THE SKY heraus, wenn es klassischer Post Rock ist, es klingt nach MONO, wenn es orchestral, schwer und dramatisch wird, schließlich wird es beschwingt und rockt so sexy wie bei MASERATI. Durcheinandersaufen ist die Devise, ein Wunder, dass wir keinen Mordskater davon bekommen. Vielleicht weil das alles nicht so richtig hochprozentig ist, ein sanftes Stößchen statt einem herzhaften Prost. Immerhin, der Einstieg A Drink…, in diese Dreiviertelstunde ist fantastisch, Roboter-Höhlenbewohner ist treibend, verspielt, poetisch und nicht von ungefähr dem verstorbenen MASERATI-Drummer Jerry Fuchs gewidmet, und ebenso gelungen ist Black Box mit seinem unwahrscheinlich schönen, melancholisch-zurückhaltenden Finale. Ansonsten gibt es viel solides Material, aber nur wenig, das nachhaltig unter die Haut geht.
Die sechsköpfige Band voller Multiinstrumentalisten hat vor knapp drei Jahren mit Sunrise ein wunderbares Album veröffentlicht, das natürlich Erwartungen schürte. Diese können mit A Drink For All My Friends leider nicht gehalten werden: MY EDUCATION bewegen sich trotz der aufwändigen Instrumentierung unauffällig in der Masse der Post Rock-Bands mit. Es bleibt dennoch ein positiver Gesamteindruck, nicht zuletzt wegen den kleinen folkigen und neoklassischen Elementen, die immer wieder aufblitzen und den Hörer erkennen lassen, dass da noch mehr ist, als das übliche Gedüdel. Von überall her kommen verschiedenste Klänge, die Instrumentierung ist dicht, und doch haben die zahlreichen Gitarren, das Schlagzeug, Cello, Saxofon und alles weitere genügend Platz sich zu entfalten.
MY EDUCATION haben also ein schwer zu bewertendes Album parat. Einerseits fehlt deutlich die Originalität, andererseits ist das Material gut, einerseits ist das Album unentschlossen, andererseits hält es viele Überraschungen parat und ist sehr gewitzt. Und ja, selbst bei Beerdigungen kann hier und da ein nostalgischer Scherz gerissen werden, deshalb ist A Drink For All My Friends zwischen der ganzen Melancholie auch mal ausgelassen. Wer nicht zwingend Originalität, und auch keine durchgehende Intensität im Instrumental Rock und Post Rock-Bereich braucht, der kann MY EDUCATION auf diesem Trip begleiten, wer die Texaner bisher noch nicht kannte, sollte sich vorher aber erst an Sunrise heranpirschen.
Veröffentlichungstermin: 29. März 2013
Spielzeit: 46:51 Min.
Line-Up:
James Alexander – Viola, Guitar, Programming
Chris Hackstie – Acoustic, Electric, Pedal Steel Guitars
Brian Purington – Guitar
Vincent Curcan – Drums, Percussion
Scott Telles – Electric Bass Guitar
Henna Chou – Piano, Keyboards, Cellos
with:
Sarah Norris – Vibraphone
David Samartin – Saxophone
Kirk Laktas – Keyboards
Label: Golden Antenna Records
Homepage: http://www.myeducationmusic.com
Mehr im Netz: http://www.facebook.com/myeducationmusic
Tracklist:
1. A Drink…
2. …For All My Friends
3. Mister 1986
4. Black Box
5. Roboter-Höhlenbewohner
6. Happy Village
7. Homunculus