Hach waren das Zeiten, Mitte bis späte 80er, als im Wochentakt irgendwelche Megagitarristen neue Instrumentalplatten rausbrachten, gern aus dem Shrapnel-Stall. Als einen Flitzefinger wie TONY MACALPINE oder VINNIE MOORE zur Verzweiflung gebracht haben, wenn man wochenlang versuchte, z.B. dessen „Mind´s Eye“ nachzuspielen. Damals reihte sich auch HAWAII-Gitarrist MARTY FRIEDMAN ein, der gemeinsam mit Saitenzauberer JASON BAKER mit CACOPHONY auftrumpfte. Zwei tolle Scheiben „Speed Metal Symphony“ und „Go Off“, später ging man eigene Wege, JASON zu DAVID LEE ROTH und MARTY bekanntlich 1990 für gut 10 Jahre zu MEGADETH. Danach machte der in Maryland aufgewachsene Mann sein eigenes Ding, ist irgendwann 2003 in Japan hängengeblieben und lebt dort ein Leben als hoch angesehener Künstler, Musiker und Fernsehmann. Kürzlich wurde er sogar von der japanischen Regierung zum Botschafter des japanischen Kulturerbes ernannt. Und präsentiert uns nun den dritten Teil seiner „Juke Box“-Reihe. Immer schon fasziniert von der Melodieführung japanischer Musik, zerlegt er hier allerlei Lieder, baut sie auf seine Weise wieder zusammen, was in der Regel in ein extravagantes Gitarrengewitter endet.
MARTY FRIEDMAN interpretiert auf „Tokyo Juke Box 3“ wieder japanische Lieder neu
Euphorisch und erhaben startet der Opener durch. Melodien bis zum Abwinken, die eine Geschichte erzählen. Man lässt sich sofort einfangen vom aberwitzigen Spiel des Gitarristen, bis der Song fies und heavy kurz zusammenfällt. Alles klingt modern, bringt aber zugleich die Vibes der Guitarhero-Zeiten zurück. Auch „Senbonzakura“ klingt fröhlich auf, drückt sich aber immer wieder durch heavy Windungen mit reichlich Modern Metal-Ecken. Rasant geht es zu bei „Gurenge“, das schöne Solo in „Echoes“ begeistert. Obwohl hier alles rein instrumental kommt gibt es keine Langeweile. Die Songs erzählen ihre eigene Geschichte, natürlich durch das faszinierende Gitarrenspiel von FRIEDMAN. Aber auch seine Kollegen an Bass und Drums holen sich ihre Momente raus. Eine egomane One-Man-Show ist das hier nicht, und das bringt Leben in die Songs.
„Tokyo Juke Box 3“ ist keine egomane One-Man-Show
Nochmal mehr Abwechslung bietet „The Perfect World“, hier gibt es liebliche Vocals von der angesagten japanischen Pop-Sängerin Alfakyun. Man denkt sofort an melodramatische Szenen in einem Zeichentrickfilm. Und ja, der Song gehörte 2018 zum Soundtrack der Anime-Serie „B: The Beginning“. Damals noch mit anderer Sängerin wollte FRIEDMAN diesen Song einem breiteren Publikum präsentieren. Eine schöne Mischung aus Disney-Soundtrack, WITHIN TEMPTATION spielen Symphonic Metal aus Bella Italia und einem wunderschönen Solo des Hausherrn. Ähnlich abwechslungsreich geht es weiter, oft mit fröhlichen, gar tanzbaren Melodien, nichts wiederholt sich. Alles macht Spaß und gute Laune, ein paar spinnige oder derbe Momente falten die Songs kurz zusammen, die dann mit catchy Melodien wieder zusammengesetzt werden. Man fühlt sich durchgehend eingeladen zuzuhören.
Der musikalische Botschafter FRIEDMAN bringt einem mit „Tokyo Juke Box 3“ erfolgreich die japanische Musik näher
Der „Japan Heritage Song“ beendet ein hoch interessantes, unterhaltsames Album. Hier wird es traditionell, das Tokyo Philharmonic Orchestra spielt mit MARTY FRIEDMAN. Eine Art moderne Nationalhymne nach schweren Zeiten, dieser Song begleitet so manche offizielle Veranstaltung der japanischen Regierung. Und der musikalische Botschafter erreicht sein Ziel, er bringt einem mit „Tokyo Juke Box 3“ die japanische Musik näher, die auf ganz eigene Weise ihren Charme zeigt. Und das, was uns Europäern oft so kitschig erscheint in dieser Musik, das fegt FRIEDMAN mit seinem fantastischen Gitarrenspiel beiseite. Ein rundum gelungenes Album, das durchgehend Spaß macht. Sofern man bereit ist für eine totale Vollbedienung aus schwindelerregenden Leads und betörenden Melodien.
Veröffentlicht am 16.04.2021
Spielzeit: Min.
Lineup:
Marty Friedman – Guitars
Kiyoshi Honma – Bass
Anup Sastry – Drums
Alfakyun – Vocals (6)
Label: Mascot Label Group
Homepage: http://www.martyfriedman.com
Mehr im Web: https://fb.com/martyfriedman.official
Die Tracklist von „Tokio Juke Box 3“:
1. Makenaide (Video bei youtube)
2. Senbonzakura
3. Gurenge
4. Kaze Ga Fuiteiru (Video bei youtube)
5. Echo
6. The Perfect World Feat. Arufakyun (Video bei youtube)
7. U.S.A.
8. Shukumei
9. Ikuze Kaitou-Shoujo
10. Sazanka
11. Time Goes By
12. Japan Heritage Official Theme Song