Der Druck muss enorm sein. Nach dem überwältigenden Erfolg ihres Drittwerks „Lost In The Waves“ (2021) ist die Erwartungshaltung an LANDMVRKS heutzutage natürlich eine ganz andere. Man schreibt eben nicht einfach so die Spielregeln des Metalcore nach eigenem Gusto um, ohne sich den Folgen zu stellen. Eigenständig und kreativ zeichnete sich die Herangehensweise der Franzosen aus, die nun in der Folge vor dem Sprung auf die großen Bühnen stehen und dennoch mit sich selbst hadern. Das deutet „The Darkest Place I’ve Ever Been“ zumindest im Titel an: sich aus dem Loch zu ziehen die erste große Herausforderung, um in eine neue Ära zu starten.
Jene schmücken LANDMVRKS mit vertrauten Klängen aus, die sie mit einer neu gewonnenen Experimentierfreude garnieren. Gefühlvolle Melodien und packende Gesangslinien packt das Quintett weiterhin in aller Regelmäßigkeit aus, wagt ansonsten aber noch zielstrebiger den Blick über den Tellerrand.
LANDMVRKS legen wenig Wert auf Scheuklappen und implementieren stilfremde Mittel noch zielgerichteter als zuletzt
Zunächst aber schlägt der Titeltrack noch den Spagat zwischen alt und neu. Vertrautes Riffing zwischen Hard- und Metalcore folgt auf den furiosen Blastbeat, bevor der finale Breakdown mit Shoegaze-Vibes im Hintergrund kurioserweise zu gleichen Teilen erhebend sowie erdrückend wirkt. Aufs Gaspedal tritt die Hitsingle „Creature“, deren Elan uns sofort mitnimmt, während Gangshouts wachrütteln und Florent Salfatis variable Vocals im Refrain neue Höhen erklimmen.
Noch stärker als in der Vergangenheit bringt der Frontmann überdies seine Muttersprache zur Geltung, wenn er beispielsweise im melancholischen Auftakt von „Blood Red“ oder „La Vals Du Temps“ auf seinen charakteristischen Sprechgesang zurückgreift. Anstatt aufgesetzt zu sein, fügen sich die Rap-Parts jedoch nahtlos in das Soundbild ein. Hier kommt LANDMVRKS zugute, dass sie bereits in der Vergangenheit ähnliche Stilmittel verwendet haben und grundsätzlich wenig Wert auf Scheuklappen legen.
„The Darkest Place I’ve Ever Been“ ist vielfältig, aber auch weniger dringlich als „Lost In The Waves“
Daher funktioniert sogar der pathetische Weltschmerz von „A Line In The Dust“ besser als gedacht, bei dem Gastsänger Mat Welsh (WHILE SHE SLEEPS) eine weitere Klangfarbe beisteuern darf. Viele Feinheiten verbergen sich derweil unter der Oberfläche: Zwischen dem emotionalen Refrain sprenkelt „Sulfur“ vorsichtig ein paar (Modern-)Thrash-Zitate ein, bevor sich das Interlude „Sombre 16“ nahezu komplett dem mit Drum’n’Bass unterlegten Sprechgesang verschreibt.
Dass auf „The Darkest Place I’ve Ever Been” in weniger als 40 Minuten derart viel passiert, lässt die Spielzeit wie im Flug vergehen, schafft aber auch Angriffspunkte. Denn was zwischen dem wandelbaren „Requiem“ und den Alternative-Rock-Ausflügen von „The Great Unknown“ abhandenkommt, sind die Spontaneität und Konsequenz, die „Lost In The Waves“ seinerzeit auszeichneten. War der Albumfluss des Vorgängers noch ein Stück besser, muss das neue Material auch in puncto Aggression zurückstecken.
Manchmal scheint es, als suchten LANDMVRKS gezielt das Risiko
LANDMVRKS agieren dadurch keineswegs weichgespült, aber doch nochmals zugänglicher, als es in der Vergangenheit der Fall war. Dem Minus an Dringlichkeit begegnen die fünf Musiker derweil mit einem Schwung frischer Ideen, die all jene mit offenen Armen begrüßen dürften, welche die emotional verletzliche Seite der Gruppe liebgewonnen haben. Das ist selbstredend keine Kapitulation vor der Erwartungshaltung, die „Lost In The Waves“ zwangsweise folgen ließ, sondern Ausdruck der eigenen Entwicklung.
Anstatt ängstlich den Kopf einzuziehen, finden LANDMVRKS einen Weg nach vorne, der bei aller Evolution zuvorderst authentisch bleibt. Das schließt selbstverständlich die abschließende Piano-Ballade „Funeral“ mit ein, die letztendlich den kompletten Gegenentwurf zum bissigen Vorgängerwerk darstellt und trotzdem die eigene DNA durchschimmern lässt. Es scheint somit, als hätten LANDMVRKS ihren Weg nach vorne bestens geplant – andernfalls würde man bei so viel Druck auf den Schultern wohl nicht derart unbeschwert das Risiko suchen.
Veröffentlichungstermin: 25.04.2025
Spielzeit: 38:10
Line-Up
Florent Salfati – vocals
Rudy Purkart – bass
Nicolas Exposito – guitar
Paul C. Wilson – guitar
Kévin D’Agostino – drums
Produziert von LANDMVRKS und Florent Salfati
Label: Arising Empire
Homepage: https://www.landmvrks.com/
Facebook: https://www.facebook.com/LANDMVRKS/
Instagram: https://www.instagram.com/landmvrks
Bandcamp: https://landmvrks.bandcamp.com/
LANDMVRKS “The Darkest Place I’ve Ever Been” Tracklist
1. The Darkest Place I’ve Ever Been
2. Creature (Video bei YouTube)
3. A Line In The Dust (feat. Mat Welsh) (Video bei YouTube)
4. Blood Red (Video bei YouTube)
5. Sulfur (Video bei YouTube)
6. Sombre 16 (Video bei YouTube)
7. The Great Unknown
8. La Valse du Temps
9. Deep Inferno
10. Requiem
11. Funeral