Alle Achtung. Nach nur einem Demo haben die süddeutschen Epic-Metaller HELANGAR sich also daran gemacht, in Eigenproduktion ein über siebzigminütiges Konzeptalbum basierend auf der Mythologie der Wikinger zu produzieren. Dass diese Band also aus der Liebe zur Musik und nicht aufgrund kommerzieller Hintergedanken agiert, dürfte damit schnell klar sein, zeigt sich aber auch daran, dass viele Songs eine Länge zwischen sieben und zehn Minuten aufweisen und dass sich zwischen jedem Song eine gesprochene Zwischensequenz befindet, was eine hörspielähnliche Atmosphäre aufkommen lässt. Dieses Album ist dazu gedacht, als Ganzes betrachet zu werden, das wird schnell klar.
Ob sich HELANGAR mit der Produktion eines aufwändigen Konzeptalbums vielleicht etwas übernommen habe, ist dann aber wieder eine ganz andere Frage. Schnell wird jedenfalls klar: das Album hat eine bessere Produktion verdient, denn der Sound ist etwas dumpf und ziemlich drucklos, da gibt es im Bereich der Eigenproduktionen schon deutlich professionellere Resultate. Insbesondere die Gitarren und die Drums könnten mehr Biss vertragen, die Keyboards sind teilweise zu sehr im Vordergrund. Rein psychologisch war es vielleicht nicht so klug, ein solch bombastisches Intro an den Beginn des Albums zu setzen, denn dagegen wirkt der Sound der dann folgenden Musik erst recht dünn.
Musikalisch sind HELANGAR nicht wirklich als Viking Metal einzuordnen, wie man aufgrund des Bandnamens und des Konzeptes vielleicht hätte vermuten können. Vielmehr fabriziert das Sextett epischen, melodischen Metal in der BLIND GUARDIAN-Richtung. Der Wechsel zwischen akustischen und schnellen, aggressiven Passagen, das Gitarrenspiel und Drumming weisen gewisse Charakteristika auf, die typisch für die Krefelder sind. Gerade aber wenn Thomas Melchert von seinem rauhen, aggressiven Gesangsstil Gebrauch macht, erinnert er ziemlich an Hansi Kürsch. Melchert singt dabei zwar abwechslungsreicher – neben dem rauhen und cleanen Gesang sowie den Chören, die bei HELANGAR natürlich nicht ganz so bombastisch ausfallen, gibt es des öfteren auch Black/Death-mäßiges Gekreische zu hören – doch klingt er im cleanen Bereich ziemlich schwach. Seine Stimme ist dünn und er trifft nicht immer sicher den richtigen Ton.
Trotzdem Evening In Valhalla als Gesamtwerk gesehen werden sollte, will es aber nicht so recht gelingen, sich in das Werk versinken zu lassen und es auf sich wirken zu lassen. Zu unterschiedlich ist die Qualität der einzelnen Songs. HELANGÅR agieren zwar abwechslungsreich, aber die Arrangements sind oft noch verbesserungswürdig, etwa beim zehnminütigen Baldrs Draumar, wo die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Parts doch ziemlich abrupt sind und es nicht gelingt, den Hörer über zehn Minuten hinweg mit einer ordentlichen Spannungskurve bei der Stange zu halten. Der Song zieht sich hin, die Wahrscheinlichkeit, der verführerischen Skip-Taste nachzugeben, steigt mit jeder Sekunde. Ansonsten ist es auch oft die Produktion, die vieles kaputt macht. So sind etwa bei Nida Mountains die Gitarren im Refrain unerträglich dünn, wo richtig Power angezeigt wäre.
Dem gegenüber stehen einige Songs in der zweiten Hälfte des Albums. Numb With Cold erinnert an die BLIND GUARDIAN-Balladen mit fantastischenm Konzertgitarrenspiel, ist aber nicht so eingängig. Hommage To The Beast kommt auf den Punkt – kraftvoller Midtempo-Epic Metal mit akustischen Passagen und einem eigentlich sehr einfachen Riff. So geht es also auch. Das abschließende The New World kommt ebenso wie das nicht minder zu begeisternde Lament Of Mankind getragen daher, mit großartigen Melodien und mächtigen Chören und einer etwas düsteren Atmosphäre wirkt dieses Stück so richtig majestätisch.
Bei allen aufgezählten Kritikpunkten bleibt Evening In Valhalla dennoch ein beeindruckendes Album. Wenn HELANGAR es schaffen, an die Highlights der CD anzuknüpfen, kann man sicher noch ganz Großes von ihnen erwarten. Fans von epischem, leicht düsterem Bombast Metal machen aber auch mit Evening In Valhalla trotz der schwankenden Qualität bestimmt keinen Fehlkauf, denn im Grunde sind alleine die erwähnten Highlights schon ihr Geld wert.
VÖ: bereits veröffentlicht
Spielzeit: 71:07 Min.
Line-Up:
Johannes Fuss – Lead, Rhythm & Acoustic Guitars, Backing Vocals
Thomas Melchert – Lead & Backing Vocals
Nicolas Menze – Drums & Percussions, Narrator Vocals
Florian Fuss – Bass Guitar, Grim Vocals
David Höffler – Keyboards & Orchestral Stuff
Johannes Mentzel – Rhythm & Acoustic Guitars, Backing Vocals
Homepage: http://www.helangar.de
Email: helangar@web.de
Tracklist:
1. Departing For Midgard
2. Ragnarøk
3. The First Sign
4. Baldrs Draumar
5. Proclaiming The End
6. Nida Mountains
7. Unavoidable Fate
8. The Sinner
9. Darkness In My Mind
10. Farewell Valhalla
11. Mother Earth
12. Numb With Cold
13. The Asens Death
14. Lament Of Mankind
15. Nifelheim
16. Hommage To The Beast
17. At The Battlefield
18. Angels Of Death
19. Spring
20. The New World
21. And We Failed…