archenemy will to power CD Cover

ARCH ENEMY: Will To Power

“Will To Power” – der Wille zum Charterfolg mit Songs, die vom Reißbrett zu kommen scheinen

“Will To Power” ist das zehnte Album von ARCH ENEMY, das zweite mit Sängerin Alissa White-Gluz. Mit Jeff Loomis und Sharlee D’Angelo in der Band kann man ja bald schon von einer Allstar-Truppe reden, wenn man das dann unbedingt wollen würde. Natürlich kommt bei Allstar-Truppen selten was wirklich Essentielles heraus. Das gilt leider auch für dieses Album. Es fängt beim relativ nichtssagenden Cover an, geht über die klinisch tote Produktion, die mit der Dynamik eines Ziegelsteins aufwarten kann bis zu den Songs, die teilweise wirken wie am Reißbrett entworfen.

Mit dem flotten und trotzdem höllisch groovenden “The Race” geht es gar nicht mal übel los. Leider geht es danach deutlich abwärts. Musikalisch und textlich werden fleißig Ideen recycled, nur dass dabei schwächere Songs rauskommen. “The World Is Yours” fängt mit ordentlich Druck an, der Refrain versaut dann aber alles. Moderner Thrash in den Strophen mündet in einem zuckersüßen, aber auch irgendwie total egalen Refrain. Allgemein wirken gerade die melodischen Momente irgendwie aufgesetzt. “The Eagle Flies Alone” dürfte wohl der Tiefpunkt eines insgesamt schon schwachen Albums sein. Da nudelt die Band ein generisches AMON AMARTH-mäßiges Riff durch und Alissa singt dazu “I choose my own path…”. Das kannst du dir nicht ausdenken… Im Refrain wird es dann ganz schlimm, sowohl was die verzweifelt auf Eingängigkeit getrimmte Melodie, als auch den Text angeht. “I go my own way, I swim against the stream, forever I will fight the powers that be – the eagle flies alone”. Ernsthaft?

“Will To Power” wird dem Niveau der beteiligten Musiker zu keiner Sekunde gerecht

Bei der Halbballade “Reason To Believe” kann Alissa mit ihrer klaren Stimme überzeugen. Der Song startet als klassische Ballade und gerade denkt man sich, dass die Band hier mal die Kurve zu einem durchgehend starken Song bekommt, da fängt sie plötzlich an rumzuschreien… Dieses Mal ist es der plötzliche Härte-Ausbruch, der den Song zumindest für mich ruiniert. Und der gegrunzte Refrain ist leider auch wieder Käse. Hätte man es bei den balladesken Passagen belassen, wäre da eine für ARCH ENEMY ungewöhnliche, aber richtig gute Nummer bei rausgekommen.

Mit dem flotten “Murder Scene” geht es danach erfreulicherweise wieder ein wenig aufwärts. Der relativ simple, straighte Song geht gut ins Ohr, ohne wirklich nachhaltig zu beeindrucken. Aber immerhin, das ist mehr, als man über so manches andere Stück auf “Will To Power” sagen kann. “Blood On The Water”, “First Day In Hell” oder “My Shadow And I” – alles hörbare Songs, die aber vergessen sind, sobald sie zu Ende sind. Songs von der Klasse eines “We Will Rise” oder “Under Black Flags We March” sind hier nirgendwo zu finden. Am Ende stehen mit “Dreams Of Retribution” und “A Fight I Must Win” noch zwei lange Stücke, die zumindest gute Ansätze zeigen, in ihrer Gesamtheit aber auch nicht über guten Durchschnitt hinweg kommen. Zumindest die Streicher bei “A Fight I Must Win” machen sich ziemlich gut.

Alissa White-Gluz macht Ihren Job als Frontgrunzerin eigentlich ziemlich gut, macht gegen Ihre Vorgängerin allerdings keinen Stich. Angela Gossow würde Alissa zum Frühstück verspeisen, wenn sie nicht wie Ihre Nachfolgerin Veganerin wäre. Instrumental läuft bei ARCH ENEMY natürlich alles auf Top-Niveau. Vor allem die Soli von Jeff Loomis sind absolute Weltklasse. Schade, dass er sich von seinen Soli abgesehen nicht weitergehend kreativ einbringen konnte. Der Platte hätte es sicher nicht geschadet. Kein Wunder, dass der Mann schon vorsichtig die Schienen in Richtung NEVERMORE-Reunion stellt. Auch der Rest der Band ist spielerisch ganz vorne mit dabei. Über die Qualitäten solcher Musiker wie Michael Amott, Sharlee D’Angelo oder Daniel Erlandsson muss man ja auch keine Worte mehr verlieren – das sind erfahrene und versierte Musiker. Aber all die spielerischen Fähigkeiten nutzen nichts, wenn beim Songwriting höchstens Durchschnitt herauskommt.

“Will To Power” – der Wille zur Macht hat sich ausgezahlt – Charteinstieg auf Platz 3 in Deutschland

Und somit muss ich leider sagen, dass ich auf dem zehnten ARCH ENEMY-Album nicht viel gefunden habe, was mich überzeugen konnte. Sicher, ich war nie ein Die Hard-Fan der Band, aber auf vergangenen Alben fand ich die Band trotzdem deutlich überzeugender. Das hier wird dem Niveau der beteiligten Musiker nicht ansatzweise gerecht. Aber scheinbar stehe ich mit meiner Meinung zu “Will To Power” relativ alleine da – ein Großteil der Kritiken sowie der Charteinstieg auf Platz drei sprechen da eine deutliche Sprache. Nachvollziehen kann ich weder das eine noch das andere. Diese Band kann – oder konnte – mehr. Und in einem Jahr, das mit starken Alben nun wirklich nicht geizt, gibt es für mich keinen Grund, sich “Will To Power” ins Regal zu stellen.

VÖ: 08.09.2017

Spielzeit: 50:16

Line Up:
Alissa White-Gluz – vocals
Michael Amott – guitars
Jeff Loomis – guitars
Sharlee D’Angelo – bass
Daniel Erlandsson – drums

Produziert von: Michael Amott & Daniel Erlandson, mixed by Jens Bogren

Label: Century Media

Bandhomepage: archenemy.net
Facebook: facebook.com/archenemyofficial

Tracklist ARCH ENEMY „Will To Power“

1. Set Flame To The Night (01:20)
2. The Race (03:15)
3. Blood In The Water (03:55)
4. The World Is Yours  (Video bei YouTube)  (04:53)
5. The Eagle Flies Alone (Video bei YouTube) (05:16)
6. Reason To Believe (04:48)
7. Murder Scene (03:50)
8. First Day In Hell (Audio) (04:48)
9. Saturnine (01:09)
10. Dreams Of Retribution (06:40)
11. My Shadow And I (04:05)
12. A Fight I Must Win (06:35)

 

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