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APRON: Der Punch

Starkes Crossover-Konzeptalbum über eine verschlagene Handpuppe. Kreativ, originell und intelligent!

Schon in William Goldings Inselabenteuer “Herr der Fliegen” spielte Maskierung eine zentrale Rolle. War es dort die Kriegsbemalung, die es Antagonist Jack erlaubte, den eigenen Trieben und Begierden nachzugeben, ist es in APRONs “Der Punch” eine Handpuppe, die dem unscheinbaren Herrn Kleinmann als Vehikel dient. Das Puppentheater als Ausdruck unserer Urinstinkte – damit hätte sogar Sigmund Freud seinen Spaß gehabt. Mit der teuflischen Puppe Mr. Punch im Gepäck, welche den unerfüllten Wünschen und Sehnsüchten des farblosen Herrn Kleinmanns eine Stimme verleiht, schicken uns die Münchner mit diesem Konzeptalbum auf den mühsamen Weg der Sinnfindung. Eine Reise, die – das wird schnell deutlich – eigentlich nicht gelingen kann. Und doch halten uns APRON den Spiegel vors Gesicht, zeigen uns, wie wir Menschen ticken und weshalb wir uns früher oder später selbst in Kleinmanns Situation finden dürften.

SCHANDMAUL-Sänger Thomas Lindner mimt auf “Der Punch” den gutmütigen Erzähler

Dass es kaum möglich ist, über APRONs Werk zu sprechen, ohne die interpretatorische Ebene zu bedenken, sagt bereits viel über “Der Punch” aus. Die inhaltliche Ebene ist eng mit der Musikalischen verzahnt. Zusammengehalten wird diese Bindung durch den gutmütigen Erzähler, gesprochen von SCHANDMAUL-Frontmann Thomas Lindner, welcher zwischen den Stücken die Handlung in knappen Häppchen weiter voran spinnt.

Die insgesamt zwölf Songs stellen nicht minder bedeutende Etappen in Kleinmanns Streben dar, welches im schlagkräftigen Crossover-Sound des Quartetts auf fruchtbaren Boden trifft. Drückende Riffs und peitschendes Drumming berichten ab der ersten Sekunde von der Unentschlossenheit und Unzufriedenheit unseres Protagonisten. Ein Ausbruch dieser Frustration ist nur eine Frage der Zeit, das wird schon bei “Raus Hier” klar.

APRON grenzen sich von Genrekollegen ab

Der Kampf, dem sich Kleinmann mit der Puppe Mr. Punch stellen muss, wird darüber hinaus von Sänger Till Herence (LOONATARAXIS) eindrucksvoll zur Schau gestellt. Ob Feuereifer (“Showtime”), Zerrissenheit (“Raus Hier”, “Judith”), Hochmut oder blinder Wahnsinn (“Das Krokodil”, “Taktstock”), die mitreißend in Szene gesetzten Emotionen erwecken die handelnden Figuren und damit die Musik zum Leben. In “Joey der Clown” erinnert das entfernt an LOONATARAXIS, ansonsten grenzen sich APRON deutlich von Genrekollegen ab.

Wenngleich mächtige Riffwände ihre Schneisen ziehen und das Schlagzeug präzise wie ein Uhrwerk die Birne weichklopft, ist “Der Punch” ein erstaunlich dynamisches Album. Der Gnadenlosigkeit von “Taktstock” oder “So Einfach” steht die Zerbrechlichkeit von “Judith” gegenüber. Den Ohrwurmrefrain von “Hangman” unterstreichen die Jungs durch eine hektisch-treibende Strophe und im nachdenklichen Jahrmarktschunkler “Zirkus” drehen sich nicht nur die Gedanken im Kreis.

APRON machen unsere Triebe, Sehnsüchte und Wünsche zum Akteur

Dass es trotz des starken Finales um den Quasi-Titelsong “Mr. Punch” aber nahezu unmöglich ist, einzelne Stücke aus dem Kontext herauszulösen, spricht für die Integrität und Schlüssigkeit des umgesetzten Konzepts. “Der Punch” funktioniert als vertontes Theaterstück – es ist laut, es ist ruppig, es ist originell und nicht zuletzt überaus intelligent. Wo Goldings Jack durch seine Kriegsbemalung eine Mauer zwischen sich und der zivilisierten Welt hochzog, gehen APRON mit ihrer Handpuppe einen Schritt weiter, indem sie unsere Triebe, Sehnsüchte und Wünsche selbst zum Akteur machen. Die Frage, die wir dadurch beantworten müssen, ist selbstredend unbequem: Wer ist letztlich die Puppe und wer ist der Spieler?

Die Handlung des Konzeptalbums ist überdies als hochwertiger 120-seitiger Graphic Novel mit Illustrationen des Künstlers Andi Papelitzky und Texten des APRON-Schlagzeugers Medusa erhältlich. Zu beziehen ist dieser direkt über die Band.

Veröffentlichungstermin: 17.10.2014

Spielzeit: 43:15 Min.

Line-Up:
Till Herence – Vocals
Sebi – Gitarre
Marvin Seymour – Gitarre, Bass
Medusa – Drums

Produziert von Marvin Seymour, Engine und APRON
Label: Golden Core Records

Homepage: http://www.apronline.de/
Mehr im Netz: http://www.facebook.com/apRonofficial

APRON “Der Punch” Tracklist

01. Vorhang Auf! (Video bei YouTube)
02. Der Biedermann
03. Raus Hier
04. Unterm Dach
05. Showtime
06. Judith
07. Auf Dem Jahrmarkt
08. Das Krokodil
09. Kurzes Interesse
10. Joey Der Clown
11. Der Weg Nach Oben
12. So Einfach
13. Verzieh Dich
14. Taktstock
15. Aufgeben
16. Zirkus
17. Die Genehmigung
18. Hangman
19. Der Letzte Akt
20. Mr. Punch
21. Die Moral

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