AMESOEURS: Amesoeurs

Eine bittersüße und eigenständige, stellenweise sogar brillante Mischung aus KLIMT 1918, JOY DIVISION und SATYRICON

Ein altes Sprichwort heißt: Neugierige Katzen sterben früh. Und das kann ich, nach einer harten Jugend auf dem Land, nur bestätigen. AMESOEURS, bei denen ehemalige PESTE NOIRE-Musiker mitmischten, war auch so eine Katze. Neugierig bis dorthinaus, das hat ihr das Genick gebrochen. Nach nur einer EP und einem Album hat diese Band bereits das Zeitliche gesegnet, bevor das Debüt überhaupt veröffentlicht wurde, unüberbrückbarer musikalischer Differenzen wegen. Und in der Tat, Amesoeurs ist ein wilder Ritt, quer durch Genres, die vom Gefühl her gut zusammen passen, aber in dieser Form nur selten zusammen geprallt sind.

Die Rede ist von Black Metal und Shoegaze. Beides ist sehr melancholisch ausgerichtet, und genau hier findet sich der gemeinsame Nenner. Auf dem ersten und einzigen Album von AMESOEURS überwiegt allerdings der Shoegaze-Anteil leicht, wird gepaart mit Anleihen von JOY DIVISION, gegenüber dem rauen, teilweise hypnotischem Black Metal. Dennoch hat die Band in den bissigen Momenten ebenso viel zu bieten, wie wenn sie sich in den ruhigen Stellen treiben lassen. Als würden SATYRICON gemeinsame Sache mit KLIMT 1918 machen. Das ist absolut ungewöhnlich und eigenständig, wirklich originell ist es aber nicht.

Das Songmaterial überzeugt dennoch fast ausschließlich. Schon das Intro Gas in Veins ist mehr als nur ein Auftakt, hier gibt es nach ein paar ruhigen Minuten monotonen, aber sehr mitreißenden Black Metal instrumentaler Natur zu hören. Mit schönen Stücken wie Les Ruches Malades, Recueillment, und Amesoeurs haben die Franzosen tolle Momente parat, allerdings plätschern sie auch gerne mal ein wenig dahin, wie in Faux Semblants oder Video Girl. Wenn sie die Zähne zeigen, werden solche Momente allerdings wieder vergessen gemacht. Heurt und Trouble (Éveils Infâmes) sind zwar keine wirklich brutalen und hasserfüllten Stücke, aber minimalistisch und schön unbequem. Wirklich gutes Songwriting gibt es zu hören, wenn im zunächst poppig anmutendem La Reine Trayeuse mit seiner krassen zweiten Hälfte und dem abschließenden Au Crépuscule De Nos Rêves beide Facetten der Band sensationell verschmelzen.

Passend zur Musik sind die Texte rein französisch gehalten, eine schöne Sprache für solche Musik, solche bittere Poesie und laszive Dystopie. Hervorragend ist die Stimme von Sängerin Audrey, unschuldig und sanft klingt sie, aber im richtigen Moment wild, verrucht und verrückt. Passend dazu ist das simple, aber sehr effektive Drumming und die schöne Gitarrenarbeit. Die andere Seite der Band zeichnet sich durch ähnliche instrumentale Arbeit aus, eben nur auf schnelle, heftige Art und Weise. Dazu kommt das verzerrte Geschrei von Gitarrist Neige, so dass die Band es vermag, in jeder Lage authentisch zu klingen.

A kaleidoscopic soundtrack for a modern era steht im schön schwarzweiß aufgemachtem Booklet, das trifft es nur bedingt, nachvollziehen lässt sich das anhand der vielen Facetten auf jeden Fall. Diese Bezeichnung ist etwas zu romantisch, um wirklich die Realität zu treffen, und genauso ist es mit der Musik auch. Denn so treten ein paar plätschernde Stellen auf, ein paar Songs mit Längen, die interessanter gestaltet hätten werden müssen. AMESOEURS hätten dennoch eine unglaubliche Ausgangsbasis gehabt, auf derer basierend sie noch einige tolle Alben veröffentlichen hätten können, diese Auflösung ist angesichts so großen Potenzials wirklich betrüblich. Und dass PESTE NOIRE künftig in diese Richtung gehen, ist auch eher unrealistisch. Melancholiker aller Art sollten dennoch in die schillernde Welt dieses Albums abtauchen und ein paar bittersüße, wehmütige und leidenschaftliche Stunden erleben.

Veröffentlichungstermin: 27. März 2009

Spielzeit: 58:23 Min.

Line-Up:
Neige – Vocals, Guitar, Bass
Audrey S. – Vocals, Piano
Fursy T. – Guitars, Bass
Winterhalter – Drums

Label: Code 666
MySpace: http://www.myspace.com/amesoeurs

Tracklist:
1. Gas in Veins
2. Les Ruches Malades
3. Heurt
4. Recueillement
5. Faux Semblants
6. I XIII V XIX XV V XXI XVIII XIX – IX XIX – IV V I IV
7. Trouble (Eveils Infâmes)
8. Video Girl
9. La Reine Trayeuse
10. Amesoeurs
11. Au Crépuscule De Nos Rêves

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