AGRYPNIE: Exit

Wer sich eine moderne Weiterentwicklung von NOCTE OBDUCTA vorstellen kann, der darf dieses Werk nicht verpassen.

Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber in Sachen Schwarzes Metall kommt aus Norwegen dieser Tage nur noch selten etwas Innovatives, Frisches. Die Koryphäen sind entweder tot, zerstritten oder langweilen mit dämlichen Streitereien, neue Bands, die dieser Szene frischen Wind einhauchen, sind weit weg. Blicken wir auf das ewige Land der Fans, nämlich unsere eigentlich von lauter Idioten bevölkerte Nation, sieht die Sache in letzter Zeit durchaus anders aus. Trauen sich die Deutschen mehr? Bei den Gedanken an die großartigen letzten Alben von FARSOT und DARK FORTRESS, sowohl an die erstaunlich intensiven Scheiben von COLDWORLD scheint die Sache klar zu sein. Dem nicht genug, jetzt geben auch AGRYPNIE richtig Gas.

Exit, das zweite Album der Kopfgeburt von NOCTE OBDUCTA-Sänger Torsten, hat alles, was ein innovatives, spannendes, tiefes und modernes Extrem Metal-Album braucht. Ich erwähne extra nicht den Terminus Black Metal, weil, du wirst es dir schon denken, das hier geht deutlich hinter das, was Black Metal ist. Exit beinhaltet eine sehr eigenständige Atmosphäre, großartiges Songmaterial und die richtige Menge Hingabe. Torsten, der immer ziemlich im Schatten von NOCTE OBDUCTA-Bandchef Marcel stand, war dieses Album schlicht und ergreifend nicht zuzutrauen. Wenn du glaubst, ich rede Schwachsinn, einfach die CD einlegen und überzeugen lassen. Denn Mauern ist das beste Eröffnungsstück, das ich seit langem gehört habe. Ein verdammt mächtiger, teilweise rasanter Black Metal-Song, der sich aber genügend Zeit zum Atmen nimmt und sehr schön komponiert und arrangiert ist.

Man merkt, dass dieses Album kein Schnellschuss ist, denn jeder Song ist mit Maß und Ziel dargeboten, abwechslungsreich, wartet mit einer großen Fülle an Details auf. Hier und da verlieren sich AGRYPNIE in der Musik, wie im ausufernd langen Fenster zum Hof, das gegen Ende doch ein paar Längen beinhaltet. Musikalisch gibt es allerdings rein gar nichts zu beanstanden, tolle Gitarrenarbeit, schöne, schlau eingesetzte Leads sorgen für einige Momente, die nicht aus dem Kopf weichen wollen, das Drumming ist so sauber und versiert, dass die Kinnlade droht, nach unten zu sacken. Angeführt von den aggressiven, aber leidenschaftlichen Vocals, sowie begleitet von den dezenten, sehr atmosphärischen Keyboards eine wirklich runde Sache.

Aus den großen technischen Fähigkeiten und den vielen Ideen entstehen auch tolle Songs. AGRYPNIE legen eine enorme Bandbreite an den Tag, von brutalen, extremen Songs wie dem bereits erwähnten Mauern, Während du schläfst und dem treibenden In den Weiten bis hin zu etwas gezügelten Stücken wie Wohin und den bizarren, düsteren Wellen von Schwarz und dem wunderbar hymnischem R40.2 ist viel Platz, viel Raum. Es gibt viel zu entdecken, viel zu erleben. Exit ist kein depressives Album, kein bedrückendes, viel mehr eines, das von seiner ernsthaften Stimmung lebt und diese auf den Hörer transportiert. Schade nur, dass die Produktion zu sauber und steril ist, was teilweise ein wenig distanzierend wirkt. Hier wäre etwas direkteres, raues deutlich angebrachter gewesen.

Alles in allem zeigen AGRYPNIE, dass sie mehr können als nur stumpf zu prügeln. Sie verlieren sich nicht in Klischeekisten, präsentieren ausgewogenen, anspruchsvollen, aber auch zugänglichen Post-Black Metal, der Zukunft hat. Eine klare Empfehlung an alle, die von dieser Musikrichtung schon lange etwas Neues, Interessantes, aber nicht zu Abgefahrenes erwarten. Wer sich eine moderne Weiterentwicklung von NOCTE OBDUCTA vorstellen kann, der darf dieses sehr schön und stilvoll aufgemachte Werk nicht verpassen.

Veröffentlichungstermin: 8. August 2008

Spielzeit: 61:55 Min.

Line-Up:
Torsten – Vocals, Guitar, Keys
Andreas – Live Guitar
Domenik – Live Guitar
Carsten – Bass
René – Drums

Label: Supreme Chaos Records

Homepage: http://www.agrypnie.de

MySpace: http://www.myspace.com/agrypnieband

Tracklist:
1. Mauern
2. Die Last der Erinnerung
3. Zivilisation
4. 0545
5. Fenster zum Hof
6. Wohin
7. Während du Schläfst
8. Schwarz
9. R40.2
10. In den Weiten
11. Exit

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