Das Klima ist ein wesentlicher bestimmender Faktor bei der Ausprägung einer eigenen Kultur. So wären beispielsweise die kriegerischen, unerbittlichen Götter der nordischen Mythologie in tropischen Breitengraden unvorstellbar gewesen. Gleiches zeichnet sich auch in der Musik ab, ist sie doch Teil einer jeden Kultur. Wo im Norden der frostige Black Metal beheimatet ist, haben im Mittleren Osten bei ORPHANED LAND orientalische Einflüsse ihr zu Hause gefunden. Dieses Weltbild wurde jedoch jüngst zum Wanken gebracht, denn obwohl AETERNAM ebenfalls mit orientalischen Klängen experimentieren, stammen sie aus einer ganz anderen geografischen Ecke, nämlich aus Kanada.
Okay, genau genommen gab es bereits zuvor derartige Ausnahmen, wie unter anderem die ähnlich gelagerten NILE beweisen, aber das soll nun nicht das Thema sein. Die Amerikaner sind nichtsdestotrotz ein Einfluss auf “Disciples Of The Unseen”, wenngleich AETERNAM weniger technisch und dafür insgesamt eingängiger agieren.
Der moderne Death Metal auf “Disciples Of The Unseen” geht gut ins Ohr
Immer wieder einfließender Klargesang wie bei “Esoteric Formulae” und orientalisch anmutende Instrumentierung, die ihren Höhepunkt im akustischen Intermezzo “Iteru” findet, lassen dafür ab und an kleinere Anleihen an ORPHANED LAND durchschimmern, ohne jedoch zu progressive Songstrukturen aufzufahren, oder gar die Sperrigkeit eines “The Never Ending Way Of ORwarriOR” zu zelebrieren. Stattdessen herrscht kraftvoll produzierter Death Metal, dessen Riffs gut ins Ohr gehen und dem Dank dezenter Keyboarduntermalung und effektiver Details wie den Chorgesängen im Finale von “Angel Horned” ein zusätzlicher Schuss Dramatik und Epik verpasst wird.
Da, wie bereits angedeutet, AETERNAM nicht den Fehler begehen, von Anfang bis Ende alles in Grund und Boden zu knüppeln, bleibt “Disciples Of The Unseen” durchgehend spannend. So folgt nach dem ruppigen Auftakt mit “The Coronation Of Seth” ein Song, der nahezu komplett auf Frontmann Achraf Loudiys tiefe Growls verzichtet und dafür mit dominierender Leadgitarre und Klargesang besticht, bevor Antoine Guertin bei “Hamunaptra” mit ausladenden Blastbeats das Tempo anzieht, wodurch das Stück zugleich das härtestes des Albums darstellt. Aber wie soll man der Stadt der Toten denn auch auf andere Weise würdig Tribut zollen? Mit dem thrashigen “Goddess Of Masr” sowie dem schwedisch eingefärbten “Ouroboros” machen AETERNAM schließlich den stilistischen Reigen komplett und beweisen somit, dass moderner Death Metal qualitativ eben nicht nur an Dampfwalzensound, möglichst tiefem Gegrunze und aufgeblasener Plastikproduktion gemessen wird.
AETERNAM verkörpern die Frische, die dem Death Metal lange Zeit gefehlt hat
“Disciples Of The Unseen” ist heavy, melodisch, brachial, aufgeschlossen – und obwohl an einigen wenigen Stellen ein strafferes Vorgehen dem Gesamteindruck sicherlich nicht geschadet hätte, verkörpert die Platte in ihrer Frische genau das, was dem modernen Death Metal seit langer Zeit gefehlt hat. Mehr kann man sich von einem Debütalbum beim besten Willen nicht wünschen.
Veröffentlichungstermin: 12.02.2010
Spielzeit: 44:11 Min.
Line-Up:
Achraf Loudiy – Vocals, Guitar
Alex Loignon – Guitar
Jonas Lapointe – Bass, Vocals
Samuel Dubois – Keyboards
Antoine Guertin – Drums
Produziert von JeF Fortin
Label: Metal Blade
AETERNAM “Disciples Of The Unseen” Tracklist
01. Ars Almadel
02. Angel Horned
03. Esoteric Formulae
04. The Coronation Of Seth
05. Hamunaptra
06. Iteru
07. Goddess Of Masr
08. Ouroboros
09. Circle In Flames
10. Through The Eyes Of Ea