Jahresrückblick 2018 von Boris

Das Jahr 2018 war für mich extrem ereignisreich, über weite Strecke kompliziert und mit vielen Höhen und Tiefen versehen. Als einer, der‘s eher ruhig mag, bin ich froh, dass der Hund nun die Regentschaft an das Schwein übergeben hat, und ich mich endlich zurücklehnen und entspannt ins vergangene Jahr zurückblicken kann.

10. UNIFORM: „The Long Walk“

Habe die Scheibe erst drei Monate nach dem Release entdeckt und mich sofort in sie verliebt. Ohne jetzt zu übertreiben, das muss eine der aggressivsten Scheiben sein, die in den fünf Jahren gehört habe. KEN Mode auf Crack und ein Eimer Sand in den Blender wirft – genauso hört sich das Ganze an. Richtig krasser Shit. Und wer danach noch mehr will, dem sei die Collab mit den großartigen THE BODY wärmstens ans Herz gelegt.

9. WINDHAND: „Eternal Return“

Hatte die Ehre, dazu ein Review zu schreiben. Ein klare Steigerung zum Vorgänger und qualitativ lediglich knapp hinter „Soma“ (2013) anzusiedeln. Bin gespannt auf die Deutschland Auftritte im März.

8. A PERFECT CIRCLE: „Eat The Elephant“

Mann, was das Geheule groß, als die Scheibe endlich rauskam. Vierzehn Jahre lang gewartet und kein zweites „Thirteenth Step“ (2003) bekommen. Ein Skandal! Also für mich persönlich bietet hier Maynard seine beste Gesangsleistung überhaupt und nimmt endlich kein Blatt vor Mund, wenn es um die Politik oder die Gesellschaftskritik geht. Auch musikalisch ist die Platte auf alle Fälle erhaben, daher Hut ab auch vor Billy Howerdel, der es jedes Mal schafft, APC neu zu erfinden ohne dass dabei die eigene Identität abhanden kommt. Warum nur Platz 8? Na dann guck Dir doch das miserabelste Plattencover des Jahres an!

7. SECRET CUTTER: „Quantum Eraser“

Endlich kommt eine Band, die in die großen Fußstapfen von GAZA treten kann. Geiles Brett – unbedingt anhören!

6. CYPRESS HILL: „Elephants On Acid“

Wozu den Trends folgen, wenn man die selbst setzen kann? Seit dreißig Jahren regieren CYPRESS HILL die Westküste und das Ende ist nicht in Sicht. Für mich ist CYPRESS HILL die beste Hip-Hop Band der Gegenwart, die seit ihrer Gründung ihre Sache konsequent durchzieht ohne dabei in die Belanglosigkeit abzurutschen oder redundant zu wirken. „Elephants On Acid“ ist dabei keine Ausnahme – knackige Beats, saftige Bässe, sehr guter Flow und fast könnte man meinen, dass es sich hierbei um eine Debütscheibe eines jungen vielversprechenden Künstlers handelt. Alles klingt frisch und unverbraucht. Anschließend muss man sich fast schon ungläubig die Augen reiben, als man auf dem Albumcover CYPRESS HILL liest, wo das jüngste Bandmitglied demnächst 49 wird. Das ist, wenn man so will, Qualität, und davon könnte sich auch manch eine gestandene Metalband eine dicke Scheibe abschneiden.

5. NOTHING: „Dance On The Blacktop“

NOTHING liefern hier ihre bis dahin ausgereifteste Platte ab. Mal melancholisch, mal sarkastisch, mal verträumt, mal wütend, mal verbittert, mal hoffnungsvoll – das Album lebt von seinem emotionalen Facettenreichtum und weiß musikalisch ebenfalls zu überzeugen.

4. PORTAL: „ION“

Lange gab es Gerüchte, dass PORTAL das Album canceln wollten, weil sie zwischenzeitlich mit dessen Qualität nicht ganz zufrieden gewesen seien. Am Ende ließ sich die Band offenbar, zur Freude aller, vom Gegenteil überzeugen und stimmte dann der Veröffentlichung doch noch zu. Obwohl ich den Vorgänger soundtechnisch etwas besser fand, ändert das nichts an der Tatsache, dass „ION“ eine absolute Granate ist.

3. SLEEP: „The Sciences“

Das Album kam wie aus dem Nichts und schlug ein wie eine Bombe. Fünfzehn Jahre nach dem legendären „Dopesmoker“ melden sich Pike & Co. Mit „The Sciences“ eindrucksvoll zurück. Zu der Scheibe selbst muss man an dieser Stelle nicht viel sagen, außer dass SLEEP hiermit die gesamte Konkurrenz auf einmal meilenweit hinter sich gelassen haben und ein neues Referenzwerk für Stoner Doom erschufen.

2. NICOLE DOLLANGANGER: „Heart Shaped Bed“

Die zierliche Kanadierin singt mit ihrer engelhaften Stimme von Obssession, Tod und kaputten Beziehungen. Die Platte mit eingebauter Gänsehautgarantie. Und wer sagt eigentlich, dass der Gänsehaut ausschließlich positive Emotionen zugrunde liegen?

1. THE BODY: „I Have Fought Against It, But I Can‘t Any Longer“

Ich mag THE BODY, meine Freunde mögen THE BODY (auch wenn manche das nicht offen zugeben wollen) und wenn Du mein Freund werden willst, dann musst Du auch THE BODY mögen. Haben wir uns verstanden? Gut. In den zwanzig Jahren Existenz hat sich das Metal Duo aus Portland, OR zu einer der treibenden Kräfte des extremen Undergrounds entwickelt. THE BODY ist dermaßen unverzichtbar geworden, dass man sich inzwischen immer öfter fragen muss „Wo wären wir jetzt eigentlich ohne die beiden?“. Mit „I Have Fought Against It…“ haben THE BODY nicht nur den vorläufigen Höhepunkt ihrer gesamten Karriere erreicht, sondern auch ein Stück Weltkulturerbe geschaffen, die noch lange als Inspirationsquelle für die Jugend dienen wird.

Flops waren anno 2018 zum Glück Mangelware. Spontan fallen mir lediglich zwei Platten ein, die ich als schlecht bzw. enttäuschend bezeichnen würde.

2. ANAAL NATHRAKH: „A New Kind Of Horror“

Seit Jahren habe ich das Gefühl, dass die Band seit „Desideratum“ (2014) einfach nur auf der Stelle tritt. Zwar brachte 2016 die Verbesserung in Form von „The Whole Of The Law“, aber mit „A New Kind Of Horror“ geht es nun allerdings mal so richtig abwärts. Man erkennt hier und da die verzweifelten Versuche, aus den mittlerweile ausgelutschten Schemata auszubrechen und die neuen Ufern anzusteuern, es gibt jedoch nach wie vor den feinen Unterschied zwischen gut gemeint und gut getan. Von einer gestandenen Band wie ANAAL NATHRAKH kann und soll man um einiges mehr erwarten als das, was sie mit „A New Kind Of Horror“ abgeliefert haben.

1. INTEGRITY & KRIEG: „Split LP“

Das war wohl der Gipfel der Unverschämtheit. Hier wurde einfach alles, ALLES falsch gemacht, was man bei einer Veröffentlichung falsch machen kann. Keiner der Beteiligten hat sich hier in irgendeiner Weise mit Ruhm bekleckert. Das Ding trieft buchstäblich vor bodenloser Frechheit, Stumpfsinn, Realitätsverlust und Profitgier. Da kannst Du mir ruhig glauben: Übler als das dürfte es kaum noch gehen.

Was Gigs angeht, gab es wiederum einiges zu sehen. Hier mal die fünf von denen, die sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt haben.

5. ZEAL & ARDOR am 15.11.18 im Feierwerk München

Zwar heißt es bei mir fast immer „Never trust the hype!“, aber die Schweizer Überflieger haben micht aus den Socken gehauen.

4. CONVERGE am 20.04.18 auf dem Roadburn Festival

Der nächste große Traum ist in Erfüllung gegangen und nach „Jane Doe“ (im Jahr 2016 ebenfalls auf dem Roadburn) durfte ich nun auch „You Fail Me“ in voller Länge live erleben. Gänsehaut pur!

3. DÄLEK am 16.06.18 in der Roten Sonne München

Unverständlicherweise unfassbar schlecht besuchte, aber nichtsdestotrotz eine wahnsinnig geile Show der Amis.

2. SLEEP am 18.05.18 im Technikum München.

Wie auch 2017 in einer absoluten Topform und dazu noch mit neuem Album im Gepäck.

1. THOU x THE BODY am 21.04.18 auf dem Roadburn Festival

Das war schon heftig. Zwischenzeitlich hatte ich sogar Angst, dass das Koepelhal, wo die Show ausgetragen wurde, wie ein Kartenhaus einstürzen würde. Das war nach UNSANE vor sieben Jahren wahrscheinlich das Brutalste, was ich jemals live erleben durfte.

Die besten Momente waren, sind und bleiben wahrscheinlich meine leider viel zu selten gewordene Besuche im schönen Bremen und die grenzenlose Freude darüber, die Familie und die alten Kumpels mal endlich wiederzusehen. Ansonsten speziell 2018 das Redaktionstreffen bei Markus und Andrea im vampster HQ in Steinheim.

Enttäuschungen gab es wie auch jedes Jahr nicht gerade wenige, aber eine ragt dabei besonders negativ stark heraus: das Verhalten des Publikums auf dem bereits erwähnten SLEEP Konzert in München. Kaum war eine Stunde rum, da flogen aus der Menge gleich mehrere Bierbecher in Richtung Bühne. Zwei haben es am Ende auch geschafft. Gleich im Anschluss kam es jedoch noch dicker, als Matt Pike aus vorderen Reihen mit irgendwelchem Müll beworfen wurde. Ich glaube, das waren Papierkügelchen, Zigarettenstummel und Kaugummis. Also das war jetzt keine Enttäuschung, sondern vielmehr ein noch bis heute tief sitzender Schock. Ich möchte gerne wissen, was in den Köpfen dieser Menschen vor sich geht, dass sie so etwas lustig finden. Umso mehr Respekt habe ich hingegen vor Matt, Al und Jason, die ihre Show nicht nur fortgesetzt, sondern eine fette Zugabe draufgepackt haben. Anbetracht dessen, was sich am 18. Mai im Technikum abgespielt hat, wäre es also nicht verwunderlich, wenn solche Bands wie SLEEP in Zukunft einen großen Bogen um die Landeshauptstadt machen würden. Um jetzt aber die Gelegenheit zu nutzen, möchte ich an dieser Stelle Matt Pike, der neulich aufgrund der Verschlechterung seiner Diabetes die nordamerikanische Headliner Tour mit HIGH ON FIRE absagen musste, eine schnelle Genesung und viel Kraft im Kampf gegen diese tückische und unbarmherzige Krankheit.

War sonst noch was? Ach ja, zusätzlich zu meiner Top Ten der besten Alben habe ich für Dich eine kleine Playlist auf Spotify zusammengestellt. Also wenn Du Lust auf mehr hast, dann kannst Du gerne hier vorbeischauen.

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