The Art of Sickness-Tour: CRYPTOPSY, HAEMORRHAGE, SPAWN und PROFANITY am 12. April 2002 in der Lachheimer Scheune

Nichts für Weicheier war dieses Festmahl für Death Metal-Freaks und Grindcore-Liebhaber.

Ich bin kleine Dörfer gewohnt, wohne selbst in einem Dörfle in Oberbayern. 75 Einwohner, nicht mal eine Straßenbeleuchtung, von anderen Metallern keine Spur. Lachheim in Mittelfranken schien sogar noch kleiner, aber zumindest gibt es eine Straßenbeleuchtung und eine Scheune in der viele Langhaarige ihr Unwesen treiben. Drinnen offenbart sich eine gemütliche Atmosphäre zu der gut gerockt und sündhaft teures CRYPTOPSY-Merchandise erstanden werden kann, auch wenn es an diesem Abend trotz der 250 Fans ziemlich kalt war.

Die Kälte wurde jedoch ganz schnell vergessen, als das Trio PROFANITY leicht verspätet die Bühne betrat. Dadurch, dass es der erste Tag der Tournee war, gab es eine kleine Verspätung von anderthalb Stunden. Technisch überaus versiert und dennoch voll auf die Zwölf wussten PROFANITY dem Publikum zu gefallen. Mir gefiels auch, obwohl die Songs etwas wenig abwechslungsreich waren. Der verflucht schnelle Basser, die Soli vom sympathischen Sänger/Gitarristen Tom und das flotte Schlagzeug ließen darauf schließen, dass die süddeutschen Techniker gut auf die Tour vorbereitet waren. Die Songs, u.a. ein cooles Cover von Zombie Ritual, waren allesamt sauber gespielt. Bei der Zugabe Fear of Napalm (TERRORIZER) war dann viel weniger im Publikum los, da Sänger Tom alle Konzertbesucher auf die Bühne zitierte, von denen um die 15 dann auch brav folgten und wild rummoschten.

SPAWN machten mit technischem Death Metal im Stil von DYING FETUS und Konsorten weiter, waren ebenfalls gut vorbereitet, aber hinterließen einen eher zwiespältigen Eindruck. Alleine dieses Jahr habe ich schon mehr als 5 Platten gehört, die genauso klangen wie die Berliner SPAWN. Auch wenn ihr System Full of Victims gefiel, wurde mir doch klar, dass es zu wenig Bands gibt, die sich abheben. Leider gehören SPAWN nicht dazu, doch zu den Besseren der Sorte sollte man sie zählen, denn an den Instrumenten waren sie fit, hatten viel Blast und einige Grooves eingebaut, die sogar den jüngeren Mädels (von denen man das nicht unbedingt erwartet hätte) in der Location gefielen. Irgendwie lustig war, dass auch der Sänger englische Ansagen machte. Dabei ist die Scheune doch in Mittelfranken, selbst wenn viele glauben, dass da nicht Deutsch geredet wird.

Weiter gings im lustigen Reigen der Knüppler mit den Spaniern HAEMORRHAGE. Wenn ich ehrlich bin konnte ich auf Platte noch nie viel mit den Jungs anfangen, dementsprechend war ich eher negativ eingestellt. Als dann der Sänger, der beim Soundcheck noch wie ein spanischer Bankangestellter aussah, blutbeschmiert die Bühne betrat und zum eher belanglosen Grindcore zu keifen begann, war ich nicht allzu begeistert. Aber mit zunehmender Dauer des 45-minütigen Sets fand ich es dann doch okay. Den Bangern und dem Moshpit zufolge teilte das Publikum die Meinung nicht unbedingt mit mir. Die waren schlichtweg begeistert. Irgendwie hatte es ja auch was Lustiges, als sich der Sänger mit dem Mikro simulatorisch die Pulsadern aufschnitt, sein Blut trank und sich dann von einem Banger, der auf der Bühne verweilte ein Bier anbieten ließ. Viele Songs vom neuen Album Morgue Sweet Home, natürlich auch vom Kult-Album Grume und das CARCASS-Cover, Rotten to the Gore, wurden zelebriert und hinterließen bei vielen Besuchern funkelnde Augen.

Die bekam ich, als dann endlich um 0:45 Uhr meine Lieblinge CRYPTOPSY die Bühne betraten. Das kanadische Quintett präsentierte ihre ganz eigene Art of Sickness mehr als überzeugend. Sie fegten mit dem altbekannten Crown of Horns los, so präzise wie auf Platte, aber mitunter noch schneller. Die Songauswahl war allererste Sahne, alte Songs wie Open Face Surgery und Phobophile wurden ebenso freudig empfangen wie die neueren Kracher Cold Hate Warm Blood, And then it Passes, We Bleed und Screams go Unheard. Unglaublich war, was die Mucker abzogen. Besser geht es nicht mehr, Drum-Tier Flo de Mournier konnte die eh schon hohen Erwartungen noch übertreffen, indem er sich auch für die Backing-Vocals verantwortlich zeigte. Die Gitarristen Jon Levasseur und Alex Auburn spielten die kompliziertesten Riffs und Soli mit einer Leichtigkeit runter, die ihresgleichen sucht. Besonders hervorzuheben ist der Bassist Eric Langlois, dessen Finger nicht mehr zu sehen waren. Schneller kann man dieses Instrument nicht spielen. Das Bassintro von Sore and Envision Sore Vision ist hinterließ offene Münder, egal wo man hinsah. Der neue Sänger Martin Lacroix stellt einen mehr als würdigen Ersatz zu dem im letzten Sommer ausgestiegenen Mike di Salvo dar. Tiefes Gebrüll und fiese Screams (bis zu 20 Sekunden lang am Stück, mehr als beeindruckend!) wechselte er bravorös ab. Das Publikum feierte die Frankokanadier ohne Ende ab und bekam als Nachtisch noch lecker Defenestration serviert. Geschafft, aber mehr als glücklich machten wir uns um 1:45 Uhr auf die zweieinhalb Stunden dauernde Heimfahrt, und ließen diesen Konzertabend als mehr als gelungen in Erinnerung. An Tagen wie diesem kommt selbst verlorenen Schafen der Glaube an den DEATH METAL zurück.

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