NIGHTINGALE, TOMORROW´S EVE & DYNAMIC LIGHTS: 18.04.2005, Krefeld, Schymys Pub

NIGHTINGALE zeigten eine unglaubliche Spielfreude und schafften es ohne Mühe, alle Anwesenden mitzureißen.

Dan Swanö ist wohl eine der außergewöhnlichsten und in mancherlei Hinsicht unterbewertetsten Persönlichkeiten der Rock- und Metallandschaft. Schon zu Beginn seiner musikalischen Karriere wohnten zwei Seelen in seiner Brust, die des Prog- und Hardrockers, gerne mit einer guten Prise Pop-Appeal, und die des Death-Metallers. Bekannt und erfolgreich wurde der Schwede hauptsächlich durch das Ausleben der letztgenannten Seite – der Einfluss von EDGE OF SANITY dürfte unbestritten sein, und auch mit BLOODBATH konnte er sich einen Namen machen. Mit NIGHTINGALE, zunächst als Soloprojekt gegründet, ist der Schwede nun aber auch schon zehn Jahre aktiv. Von vielen aufgrund der Anfänge noch jahrelang in die Gothic Rock-Ecke gesteckt, produzieren NIGHTINGALE, vorangetrieben durch das kreative Bruderpaar Dan und Dag Swanö, nun schon seit Jahren ehrlichen, leicht progressiven Hardrock der Extra-Klasse – und spätestens seit dem vorletzten Album kann man auch von einer echten Band sprechen.

Das zehnjährige Bestehen nahm man zum Anlass für eine Jubliäumstour durch Europa. Im Schlepptau die deutschen Prog-Metaller TOMORROW´S EVE sowie die Italiener DYNAMIC LIGHTS, welche jüngst über DVS Records ihr neues Album veröffentlichten. Leider war das Konzert in Krefeld außerordentlich schlecht besucht. Mehr als 30 Gäste fanden sich im gemütlichen Pub von EVERON-Bassist Schymy leider nicht ein. Dabei spielte sicherlich auch eine Rolle, dass das Konzert erst kurzfristig anberaumt wurde. Ausschlaggebend dürfte jedoch die starke Konkurrenz in dieser Woche gewesen sein. Am gleichen Tag spielten PORCUPINE TREE und ANATHEMA in Bochum, während am folgenden Tag PAIN OF SALVATION in Essen zu sehen waren. Keine der drei Bands ließ sich jedoch davon entmutigen. Das gut aufgelegte Publikum, das für ordentlich Stimmung sorgte, bekam bis in die späte Nacht engagierte und spielfreudige Musiker zu hören und zu sehen.

DYNAMIC LIGHTS-Keyboarder Giovanni Bedetti unterstützte Frontmann Matteo Infante beim Gesang.

Den Anfang machten DYNAMIC LIGHTS mit ihrem recht komplexen und ganz und gar nicht leicht zugänglichen Progressive Metal. Vertracktes Stakkato-Riffing auf der Siebensaitigen, unterlegt von atmosphärischen Keyboardteppichen, wechselte sich ab mit balladesken oder auch mal abgefahrenen Piano-Passagen. Mit ihren vielen Breaks und der oft unkonventionellen Melodieführung machten die Italiener es dem Zuhörer wahrlich nicht leicht, und die virtuosen Gitarren- und Keyboardsoli waren vielleicht etwas zu viel des Guten. In ihren wildesten Momenten erinnerte die Band mitunter ein wenig an die Frickel-Könige ANDROMEDA. Dass die Stimme von Matteo Infante alleine nicht besonders voluminös tönte, verlor dadurch an Bedeutung, dass er meistens von Keyboarder Giovanni Bedetti unterstützt wurde. Für Aufsehen sorgte der Einsatz eines Didgeridoos und einer Kuhglocke durch den Frontmann. Leider setzte man das Instrument nur für einen kurzen Effekt ein, anstatt es wirklich in die eigene Musik zu integrieren. Mit einem etwas mutigeren Umgang mit dem Didgeridoo sowie etwas leichter zugänglicheren Passagen wäre es DYNAMIC LIGHTS wahrscheinlich gelungen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Was bleibt ist ein engagierter und mit wohlwollendem Applaus bedachter Auftritt von technisch überaus begabten Musikern. In Sachen Songwriting und Eigenständigkeit müssen die Italiener, wie so viele ihrer Kollegen, aber noch nachlegen.

Tomorrows
Machte einen sympathischeren Eindruck als sein Vorgänger und konnte stimmlich vollends überzeugen: der neue TOMORROW´S EVE-Sänger Martin Le Mar

TOMORROW´S EVE spielten im Anschluss mit einem neuen Sänger auf. Stimmlich waren zwar keine allzu großen Unterschiede zu seinem Vorgänger festzustellen. Auch Martin Le Mar konnte mit einer mittelhohen, kräftigen Stimme überzeugen. Das Auftreten von Le Mar an diesem Abend war jedoch um einiges sympathischer als das immer etwas überheblich wirkende Stageacting von Rouven Bitz, so dass sich der Sängerwechsel schon in dieser Hinsicht in jedem Fall gelohnt hat. Live funktionierte die Musik der Saarländer besser als die Kompositionen von DYNAMIC LIGHTS. Das Verhältnis zwischen Anspruch und Eingängigkeit war einfach deutlich ausgeglichener, und insgesamt ging man metallastiger vor als die italienischen Kollegen. Live-Standards wie das mit einem tollen Refrain ausgestattete Live Your Dream oder das heftige Crazed Gunman luden dazu ein, die Matte zu schwingen, konnten aber gleichzeitig das Progger-Herz erfreuen. Eine Augenweide war außerdem, wie gewohnt, das jazzige Schlagzeugspiel von Tom Diener, bei dem es einfach Spaß macht zuzuschauen. Wie auch bei DYNAMIC LIGHTS, war der Auftritt der Saarländer durch einen transparenten Sound gesegnet, bei dem sämtliche Instrumente ordentlich zur Geltung kamen. Ein starker Auftritt, bei dem Martin Le Mar als neuer Frontmann eine sehr gute Figur machte.

Als NIGHTINGALE dann aber endlich die kleine, von einer Säule geteilte Bühne betraten, wurde sofort klar, für wen sämtliche Anwesende wirklich gekommen waren, wurden die Schweden doch mit lautem Jubel begrüßt. Schon beim Aufbau zeigte sich, dass man diesmal offenbar ohne Keyboard unterwegs war. Würde man auf die für den Bandsound so wichtigen Synthesizer und Orgeln etwa verzichten? Keinesfalls, doch kamen diese aus der Konserve. Dies und der dicke Ordner, den Dan Swanö vor sich auf der Bühne liegen hatte, ließen zwar zunächst mangelnde Spontaneität und Lebendigkeit befürchten. Schnell aber wurde deutlich, dass NIGHTINGALE eine ernergiegeladene Rockshow spielen würden. Dabei wurden sämtliche Schaffensphasen der Band berücksichtigt. Los ging es mit Nightfall Overture vom Debütalbum, und doch aktueller denn je. Extra zur Tour hatte die Band eine limitierte Auflage des erst im Herbst erscheinenden gleichnamigen Albums dabei, welches Neuaufnahmen alter NIGHTINGALE-Klassiker enthält. Einen Schwerpunkt bildeten natürlich die Stücke der aktuellen CD, Invisible. Seien es nun A Raincheck On My Demise, Atlantis Rising oder Still Alive, die etwas rockigere Ausrichtung stand den Schweden gut zu Gesicht, und besonders der mehrstimmige Gesang von Dan Swanö und Bassist Erik Oskarsson, konnten begeistern. Der Höhepunkt des regulären Sets war dennoch das Alive Again-Meisterwerk Eternal, bei dem Dan Swanö mit seinem gefühlvollen, charismatischen Gesang für Gänsehaut sorgte. In der Zugabe konnte die Stimmung jedoch noch einmal gesteigert werden durch die EDGE OF SANITY-Klassiker Black Tears und Losing Myself – ersterer eingeleitet durch das geniale, sakrale Intro von Enigma. Ganz groß! Kurios und interessant zu beobachten war das Gitarrenspiel von Dan Swanö, spielte der Linkshänder doch auf einer ganz normalen Rechtshändergitarre, benutzte daber dennoch die linke Hand zum Anschlagen und die rechte zum Greifen.

Nightingale
Legte eine enorme Spielfreude an den Tag: NIGHTINGALE-Mastermind Dan Swanö

NIGHTINGALE zeigten eine unglaubliche Spielfreude und schafften es ohne Mühe, alle Anwesenden mitzureißen. Sie versuchen eben nicht zwanghaft kompliziert zu sein, sondern reichern ihren Hardrock vielmehr durch jede Menge Ohrwurm-Melodien an, die beinahe schon Pop-Charakter haben, ohne auch nur im Entferntesten belanglos zu wirken. Eine Schande, dass dies nur so wenige Leute anerkennen. Sehr schön aber, dass die Band sich dadurch an diesem Abend nicht entmutigen ließ und erst gegen 1.30 Uhr unter lautem Beifall ein unvergessliches Konzert beendete.

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