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W.A.S.P.: Klassikerinterview zum Release von Unholy Terror

Eines der besseren W.A.S.P.-Alben wurde im Jahre 2001 veröffentlicht, hieß “Unholy Terror” und war Grund genug für ein Gespräch mit Sänger Blackie Lawless, in dem es nicht nur um Musik ging.

Interviews, die wir euch nicht vorenthalten wollen – ein Klassikerinterview mit Blackie Lawless zum Release von “Unholy Terror”.

Ich finde es immer interessant, den Werdegang einer Band von Beginn an zu verfolgen. Bei zwei meiner Favoriten – KISS und BLACK SABBATH – war das altersbedingt (ich bin ein 69er-Jahrgang) gar nicht möglich. Doch dann gibt’s Lieblinge meinerseits, da verfolge ich den Karriere-Verlauf vom Debüt an. Neben Bands wie RUNNING WILD, SAVATAGE, METALLICA oder den PRETTY MAIDS sind es auch W.A.S.P., deren Weg ich seit dem Debüt aufmerksam verfolge. Egal, ob W.A.S.P jetzt für “We Are Sexual Perverts” oder “White Angle Saxon Protestants” steht, die Band um Mastermind Blackie Lawless hat bisher
fast nur Klasse abgeliefert. Das fing mit dem am 17.08.1984 veröffentlichten
Debüt (das damals auf Platz 74 in den US-Charts erreichte und mittlerweile mit
Gold ausgezeichnet wurde) und den darauf enthaltenen Klassikern wie “I Wanna
Be Somebody”, “L.O.V.E. Machine”, “The Flame”, “On Your Knees” und “The Torture Never Stops” an und setzte sich nur ein Jahr später mit “The last Command” fort.
Auch hier etliche Klassiker (“Wild Child”, “Ballcrusher”, “Blind In Texas”,
“The Last Command”) die das Album bis auf Platz 49 in den “Billboard Album-Charts”
brachten. Zwar konnte das im Oktober 1986 veröffentlichte “Inside the Electric
Circus” den Standard der beiden ersten Scheiben nicht ganz halten, doch Songs
wie “Inside The Electric Circus”, “I Don’t Need No Doctor”, “9.5.-N.A.S.T.Y.”
oder “Shoot From The Hip” verhinderten, daß das Album als schwach zu bezeichnen
ist. Zu dem Zeitpunkt waren W.A.S.P sicherlich eine der am meisten gehasstesten
Bands des US-Metals. Politiker, Eltern, religiöse Fanatiker und Lehrer liefen
Sturm gegen Blackie und seine Mannen. Proteststürme und Bombendrohungen während
Tourneen gehörten fast schon zum Repertoire. Die Band ließ sich davon allerdings
NICHT im geringsten beeindrucken und veröffentlichte im April 1989 mit “Headless
Children” das Album, das viele (unter auch ich) als das beste ansehen. Songs
wie “The Heretic (The Lost Child)”, “The Real Me”, “The Headless Children”,
“Thunderhead”, “Mean Man” oder “Forever Free” ließen das Album nicht nur auf Platz 48 der US-Charts schießen, sondern machten die Scheibe auch zum bisher
bestverkauftesten Album bisher. Die Band zeigte sich textlich gereift(er) und
beschäftigte sich erstmals intensiv mit den dunklen Machenschaften von Politikern
– was verständlicherweise bei diesen Leuten nicht sonderlich gut ankam. Eine
Frage mussten sich allerdings ALLE Fans stellen. Wie sollte dieses Meisterwerk
noch getoppt werden? Das ambitionierte (und autobiografische) Konzeptalbum “The
Crimson Idol” (released 1992) bescherte W.A.S.P. ihren erste US-Radio-Hitsingle
mit “Hold On To My Heart” – bei weitem NICHT der beste Song, wenn ich Tracks
wie “The Invisible Boy”, “Arena Of Pleasure”, “Chainsaw Charlie (Murders In
The New Morgue)” oder “The Great Misconceptions Of Me” als Vergleich heranziehe.
Die folgenden Alben waren einfach nur “gut”. Aber kann man erwarten, dass jede
Scheibe ein Meilenstein, ein Klassiker ist? Die Band, die das von sich behauptet,
lügt! “Still not black enough” (1995) und “Helldorado” (“an unabashed return
to W.A.S.P.’s early Sound of Sex, Blood, and Rock’n’Roll”, 1999) gehören in
diese “gutes Album”-Kategorie und beinhalten mit Songs wie “Still not Black Enough”,
“Somebody To Love”, “Black Forever”, “Scared to Death”, “Goodbye America”, “Keep Holding On”, “Rock & Roll to Death” (von “Still not black enough”), “Helldorado”, “Don’t Cry (Just Suck)”, “Damnation Angels”, “Dirty Balls” oder “Saturday Night Cockfight” (von “Helldorado”) gute wie typische W.A.S.P. – Kracher. Leider etwas stiefmütterlich behandelt wurde das 97er-Album “Kill Fuck Die”. Das Album taps into the darker side of the human psyche, was the band’s darkest effort und
überzeugte mit W.A.S.P.-typischen Trademarks, die geschickt mit Loops, Samples
und “computer sequences” vermischt und in eine moderne Produktion verpackt wurden.
Heraus kamen brillante Songs wie “Take The Addiction”, “My Tortured Eyes”, “Killahead”, “Kill, Fuck, Die”, “Kill your Pretty Face”, “Little Death” oder “The Horror” und das wohl brutalste, politisch unkorrekteste und sexuell expliziteste Album.

Und auch im Jahre 2001 ist mit W.A.S.P. noch zu rechnen. Nach etlichen Line-up-Veränderungen
in den letzten Jahren (u.a. gehörten die Gründungsmitglieder Rikk Foxx, Randy
Piper, “first album-only”-Drummer Tony Richards, Ex-KING KOBRA-Basser Johnny
Rod – zu hören auf “Inside…” und “Headless…”, der jetzige L.A. GUNS-Trommler
Steve Riley – Drums auf “The last Command” und “Inside…”, Gitarrist Bob Kulick
und Keyboarder Ken Hensley (“The Crimson Idol”, “Still not black enough”), der
heutige Quiet Riot-Trommler Frankie Banali (spielte auf “Headless”, “Crimson”
und “Still not black”) und Gitarrist Randy Piper zur Band) scheint Ex-Basser,
Gitarrist, Texter, Komponist, Kopfkissen-Killer, Produzent, Schnitzelwerfer
und Sänger Blackie Lawless (geb. am 04.09.54) ein stabiles Line-up am Start
zu haben. Natürlich gehört sein langjähriger Partner Chris Holmes (Leadgitarre
und lediglich auf “The Crimson idol” und “Still not black enough” NICHT zu hören)
dazu, doch auch die Rhythmussektion Stet Howland (Drums auf den letzten vier
Studioalben) und Mike Duda (Basser der letzten drei Alben) spielt auch schon
etwas länger zusammen.

blankIch unterhielt mich mit Blackie Lawless (der früher bei den New York Dolls spielte und dort Johnny
Thunders ersetzte) über das neue Album “Unholy Terror”, das musikalisch nicht sonderlich überrascht, sondern als typisches W.A.S.P-Album zu bezeichnen ist…

Das sagen alle. Es war allerdings nicht so, dass ich mit diesem Gedanken an das Songwriting herangegangen bin. Das einzige Album, von dem ich vorher wusste, wie’s klingen soll, war “The Crimson Idol”. Ich vertrete die Auffassung, dass was immer passieren soll auch passiert.

Ist deshalb auch das “K.F.D.”-Album “passiert”. Ein Album, das ich persönlich zwar sehr mag, das aber doch “anders” klang und nicht überall für Begeisterung sorgte…

Auch das lag nicht an den Stücken. Wenn Du dir mal die Original-Recordings anhören würdest, dann würdest Du Elemente raushören, die wir auf jedem einzelnen unser vorherigen Alben auch hatten. Hier war es einzig und allein der Mix, der dafür sorgte, dass die Songs anders klingen.

Mögen die W.A.S.P.-Fans keine stilistischen Überraschungen!?

blankDas weiß ich nicht. In Amerika bekam das K.F.D.-Album hervorragende Kritiken und verkaufte sich auch dementsprechend. Doch who’s your Master? Amerika? Europa? Asien? No, YOU should be your Master. Man muss das Album machen, was man will. Sollen wir sagen, wir machen noch ein weiteres Album im K.F.D.-Stil, nur weil Amerika es mag? Das möchte ich nicht.
Ich möchte Alben veröffentlichen, die meine Stimmung und meine Verfassung zum
jeweiligen Zeitpunkt reflektieren. Als wir “Headless Children” veröffentlichten,
wart Ihr Europäer völlig begeistert. Die Leute in Amerika waren von dieser Scheibe
weniger angetan. Die EMI wollte das Album anfangs nicht, weil es nicht nach dem klang, was in den Charts war. Doch dieses Album hat meine Karriere gerettet. Ohne diese Scheibe hätte “The Crimson Idol” niemals erscheinen können. Sie hat
den Leuten Augen und Ohren geöffnet, wozu W.A.S.P. fähig sind, und bis heute
ist “Headless Children” das Album, das sich am besten verkauft hat. Die Japaner
haben “Headless Children” bis heute nicht verstanden. Aber da ist wieder die
Frage, für wen ich eigentlich Alben aufnehme? Ganz allein für mich! Es wäre
ein gefährliches Spiel, auf die Charts zu schielen und zu versuchen, “Liebling
der Woche” zu werden.

Worum geht es textlich auf “Unholy Terror”?

Der Großteil der Songs dreht sich um Religion und Politik. Ich selbst war bis zu meinem 18.
Lebenjahr in der Kirche und wurde auch sehr religiös erzogen. Ich fing aber
ab einem gewissen Alter an, Fragen zu stellen. Nur bekam ich auf diese Fragen
keine Antworten. Das stürzte mich für einige Zeit in eine Art Frustration und
Konfusion, wusste aber nicht warum. Ich glaube, dass ich mich mit dem, was in
der Bibel steht, sehr gut auskenne. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, jemals in der Bibel Worte wie “Go out – make war” gelesen zu haben. In der Bibel steht auch nicht, dass man Bomben auf unschuldige Menschen schmeißen soll. In der Bibel ist nicht von einem kleinen Mann im Vatikan die Rede, der sagt, dass ich am Freitag kein Fleisch essen soll. Ich attackiere auf dem neuen Album keinen Einzelnen. Ich befasse mich mit dem, wozu organisierte Religionen in der Lage
sind. Dass sie sich oft anmaßen, dass Denken der Leute zu übernehmen. Dasselbe gilt für Politiker in den unterschiedlichsten Regierungen. Sie lassen einen doch nur die Nachrichten sehen, die sie einen sehen lassen wollen.

wasp klassik interview

Mein Album-Favorit ist “Charisma”…

Das interessante bei diesem Song ist, dass Gitarren und Schlagzeug in unterschiedlichen Time-Signatures
(hier hatte ich leider keine deutsche Übersetzung parat, deshalb das englische
Wort – der Verf.) aufgenommen wurden, was mir das Einsingen dieses Songs unheimlich
schwer machte. An diesem Song hab’ ich allein sechs Wochen gearbeitet and it was the hardest thing I’ve ever done, auch wenn der Song jetzt, wo er fertig ist, sehr simpel klingt.

Andere Bands spielen in sechs Wochen komplette Alben ein…

blankDas hab’ ich auch schon
geschafft (lacht). Normalerweise ist in so einer Zeit das Einspielen eines komplexen
Albums aber nicht möglich. Sicher, jeder Künstler muss selber wissen, wie lange
er einem Album arbeiten möchte. Wenn Du ein tiefgehendes Album wie “Unholy Terror”
aufnehmen möchtest, dann schaffst man das nicht in sechs Wochen. Keiner schafft
das. Hör’ Dir nur den Song und das Leadsolo von “Let it roar” an. Diese Tiefe,
die Du beim Mix erzielen kannst, von der ich gerade sprach, bekommst Du mit
zwei Gitarren einfach nicht hin. Wie gesagt, ich hab’ in der Vergangenheit auch
sehr schnell gearbeitet. Das muss nicht schlecht sein. Nimm z.B. ” Hate to love
me”. Der Song besteht aus zwei Gitarren, Bass, Drums und Gesang. Der simpelste
Song auf dem Album. Aber dieser Song braucht auch nicht mehr. Dann haben wir
“Evermore”. Für diesen Song haben wir im Studio 56 Spuren benötigt. Der Song
hat dadurch eine ganz andere Tiefe als z.B. “Hate to Love me”. Okay, wir hätten
alle zehn Stücke auf diese simple Art und Weise einspielen können, aber dann
hätte “Unholy Terror” in zehn Jahren bestimmt keinen Klassiker-Status. Wichtig
ist auch, an welcher Stelle des Albums du die Songs platzierst. Jeder Song hat seine ganz eigene Farbe.

Wen stufst Du gefährlicher ein? Politiker oder religiöse Fanatiker!? Hängt es davon ab, in welchem Teil der Welt du lebst?

Davon hängt es ab! Es ist sicherlich ein Unterschied, ob Du in Europa oder in Afghanistan lebst, wo sie gerade die “Budda”-Statuen in die Luft gejagt haben. (Der Führer des radikal-islamischen Taliban- Regimes – Mullah Mohammad Omar – hatte Anfang März angeordnet, alle
religiösen Statuen in Afghanistan zu vernichten, weil sie unislamisch seien. Der Befehl hatte in aller Welt Entsetzen ausgelöst – der Verf.).

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Was denkst Du von Eurem neuen Präsidenten?

Was denkst Du?

Für mich ist es ein wenig befremdlich, dass jemand Präsident wird, der weniger Stimmen
als sein Konkurrent erhält?

Du musst natürlich das Wahlsystem in Amerika sehen. Aber ich sage Dir eines. Fast jeder Amerikaner sitzt zu Hause und hofft und
betet, dass in den nächsten vier Jahren nichts “wichtiges” passiert. Jeder Nicht-Amerikaner denkt, dass der Präsident sowas wie ein König ist. Ist er aber nicht, denn wenn
man ehrlich ist, sind doch der Kongress und der Senat für die Politik im Lande verantwortlich. Okay, er hat sicher auch seinen Einfluss auf die diversen Entscheidungen, aber getroffen werden sie größtenteils von anderen.

Ihr hattet auf der “K.F.D.”-Tour (und nicht nur da) eine sehr geile, aber auch Kontroversen hervorrufende Bühnenshow. Zwei Jahre später sah ich MARILYN MANSON live und hatte das Gefühl,
einiges schon mal gesehen zu haben.

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Fühlst Du Dich geschmeichelt, wenn er (teilweise offensichtlich) Sachen bei Dir abschaut?

Ich habe MARILYN MANSON niemals live gesehen. Er hat sich vielleicht einige Sachen von mir abgeschaut, doch auch ich habe mir Dinge bei anderen Leuten abgeschaut, so dass ich damit kein Problem habe.

Apropos MARILYN MANSON:
Im August 1997 war ein Schüler von einer amerikanischen High School geworfen
worden, weil er ein MARILYN MANSON-T-Shirt getragen hatte. Mitte März hat nun das Gericht in Ohio die Klage des Schülers zurückgewiesen. Der Schüler wollte
darauf bestehen, dass die Schuloffiziellen ihm wohl kaum vorschreiben dürften,
welche T-Shirts er trägt. Das amerikanische Gericht sieht das aber anders. Wie
auf Mansons Website geschrieben steht, ist das Hohe Gericht der Ansicht, dass
diese T-Shirts durchaus verboten werden dürfen, denn sie seien ‘vulgär, anstößig
und widersprächen der erzieherischen Mission der Schule’. Soviel zum Thema “Die
spinnen die Amis” Vor kurzem erschien mit “The Sting” bereits Euer drittes Live-Album
nach “Live…in the Raw” (1987) und “Double Live Assassins”.

Zu hören ist der Mitschnitt eines Konzertes vom 22.04.2000 aus dem “Key Club” in Los Angeles. Mit diesem Album habe ich absolut nichts zu tun. Ich habe es noch nicht gesehen oder gehört.
Ich war lediglich an dem Konzert beteiligt, dass Du auf dem Album hören kannst.
Ich habe auch mit dem Label mittlerweile nichts mehr zu tun…

Eine Frage, die mich schon immer interessierte! Wie heißt das erste Album? Heißt es “W.A.S.P.” oder “Winged Assassins”?

Ich bezeichne das erste Album einfach als “W.A.S.P.”. Der Titel “Winged Assassins” war lediglich ein Arbeitstitel, den wir zu Beginn der Aufnahmen in Erwägung gezogen hatten.

Interviewlayout: Andonis Dragassias

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