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THE CROWN: 7 Tage im Studio reichen uns – wir wissen, was wir tun

Wir haben mit Marko Tervonen, Gitarrist bei THE CROWN, über das aktuelle Album “Royal Destroyer” gesprochen. Und  sind dabei auch ein wenig abgeschweift…

 

Mit dem neuen Album „Royal Destroyer“ räumen THE CROWN gerade überall Höchstnoten ab. Wie fühlt sich das an?

Zur Zeit checke ich direkt nach dem Aufwachen meine E-Mails und Socials, das ist das allereste, was ich tue. Die Wochen vor der Veröffentlichung einer neuen Platte sind immer sehr, sehr spannend. Die ersten Reviews trudeln ein, in Interviews bekommen wir weitere Rückmeldungen. Auch nach so vielen Jahren ist das sehr aufregend für uns. Unser zehntes Album bekommt überall zehn von zehn Punkten, das ist fantastisch! Ich bin wirklich überrascht, dass offenbar alle begeistert sind von „Royal Destroyer“. Schließlich haben wir genug andere Platten gemacht, jede hatte für sich etwas eigenes. Ich kenne viele, die “Deathrace King” für unser bestes Album halten – aber auch die geben „Royal Destroyer“ die Höchstpunktzahl.

Nun, „Deathrace King“, euer Album aus dem Jahr 2000, ist eine glatte 11, „Royal Destroyer“ auf jeden Fall mindestens eine 10. Ihr musstet für dieses Album ziemlich viel Geduld aufbringen. Geplant war, dass ihr im Mai 2020 ins Studio geht, wegen Covid19 wurde Oktober draus. Jetzt, wo wir endlich über das Album reden können, ist es März. „Royal Destroyer“ muss für dich doch ein alter Hut sein?

Es gibt zwei Phasen: Wenn wir ein Album fertig haben, höre ich es mir für einige Zeit jeden Tag an. Endlich ist alles aufgenommen und ich will wissen, ob alles, also wirklich jedes Detail,  so geworden ist, wie ich es wollte. Irgendwann kann ich die Songs dann aber echt nicht mehr hören und brauche eine Pause. Nach ein paar Monaten, rechtzeitig zu den Interviews, wird es dann wieder interessant.

the-crown-royal-destroyer-album-cover1Das Coverartwork erinnert sehr die Szenen aus der „Sleepy Hollow“-Verfilmung von Tim Burton, als der kopflose Reiter – gespielt von Christopher Walken – auf der Suche nach seinem eigenen Schädel mordend durch den Ort reitet. Sogar diesen Baum gibt es im Film, dort versteckt der hessische Söldner, der sich hinter dem Reiter steckt, die Schädel seiner Opfer.

Ja, so kann man das sehen – vor allem, wenn man nur das Frontcover betrachtet. Wir haben bislang nur einen Teil des Artworks veröffentlicht. Es ist eigentlich ein Gatefold und die Szene setzt sich fort! Das ist eine kleine Belohnung für alle, die sich die LP oder den Digipak kaufen. Nach unserem letzten Album „Cobra Speed Venom“ wollten wir unbedingt wieder mit Christian Sloan Hall zusammenarbeiten, wir lieben seine detaillierten Bilder, er malt alles von Hand. Magnus meinte, er wolle diesmal ein ‚episches‘ Cover. Wir haben dann überlegt, was ‚episch‘ überhaupt für uns bedeutet. ‚Blood Fire Death‘ von BATHORY hat ein episches Cover oder „Storm Of The Light’s Bane” von DISSECTION. Die Idee, einen Krieger auf das Cover zu packen, ist nun nicht unbedingt originell. Aber wir wussten, dass wir mit den Stil von Christian Sloane Hall und einer eigenen Farbgebung daraus etwas Eigenes machen können. ‚Sleepy Hollow‘ ist eine Sache, aber vielleicht kann man auch etwas von ANTI CIMEX in dem Cover sehen? Denk mal an „Scandinavian Jawbreaker“. Es gibt Bands, blankdie mit ihren Artwork einen eigenen Style, eine eigene Optik mit Widererkennungswert geschaffen haben – AMON AMARTH zum Beispiel.Wir hatten für jedes unserer Alben ein Cover mit einem neuen Stil, die Artworks unterscheiden sich schon ziemlich voneinander.

Überragend finde ich nach wie vor das komplette Artwork von „Possessed 13“, wo sogar das Textblatt richtig aufwändig gestaltet ist. Und natürlich den ganzen Kram, den man nur nach und nach entdeckt: Das „Cobra Speed Venom“-Cover ist nicht nur eine Hommage an Dan Seagrave und MORBID ANGELs „Altars Of Madness“, es grinst einem in der Masse der Monster auch der Joker entgegen. Oder die VENOM Anspielung auf „Death Is Not Dead“ – dort steht auf dem Flipper „Insert Soul To The Gods Of Rock N’n‘ Roll“.

the-crown-possessed-13-coverSolche Dinge fallen uns dann ein, wenn schon ein Großteil des Artworks steht – das ist ein bisschen wie ein PingPong-Spiel. Wir Mittvierziger haben uns im Laden durch Plattencover geflippt und zu Hause die Artworks von Dan Seagrave bewundert. Das mag ich bis heute – und das fehlt mir bei digitaler Musik. Und ein echter Seagrave zuhause an der Wand wäre schon eine geile Sache. Wobei die Original von Seagrave erstaunlich klein sind, ich hatte mir die immer als große Gemälde vorgestellt. Ich kenne die Originale von Necrolord, also Christian Wahlin, und die sind richtig groß.

Warum gibt’s diesmal eigentlich keine Collector’s Edition wie die Box von „Cobra Speed Venom“?

Ich weiß es nicht – und ich bin ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht darüber! Die „Cobra Speed Venom“-Box war sehr schnell ausverkauft, daran sollte es also nicht liegen. Es gibt aber verschiedene Vinyl-Auflagen mit einem Poster und ein Bundle mit Shirt.

Der Sound von „Royal Destroyer“ ist ungewöhnlich rau und erinnert fast ein wenig an das „Hell Is Here“-Album von 1999.

Ja, da steckt ein bisschen Punk drin. Schon „Cobra Speed Venom“ war dreckiger als die Alben zuvor. Da wir damit bis heute extrem zufrieden sind, haben wir uns wieder für das Fredman Studio und Fredrik Nordström als Produzenten entschieden. Wir wollten wieder einen ungekünstelten Zugang haben, nichts Überproduziertes oder Hochglanzpoliertes. Wir wollen zeigen, dass wir unsere Instrumente beherrschen. Auf „Royal Destroyer“ ist kaum etwas editiert oder nachbearbeitet, vielleicht ein, zwei Kleinigkeiten pro Song. Wir haben einen Rekord aufgestellt und das komplette Album im nur sieben Tagen eingespielt. Für ‚Deathrace King‘ oder ‚Possessed 13‘ haben wir vier Wochen gebraucht. Aber mit dem Alter gewinnst du auch an Selbstvertrauen – wir erkennen nun, wenn ein Take gut ist und müssen uns nicht versichern, dass es vielleicht nicht doch besser ginge. Wir müssen nicht alles bis ins Detail analysieren oder auf dem Pro Tools-Bildschirm starren und dort prüfen, ob alles tight ist. Wir spüren es und wir hören es.
Vieles, was heute veröffentlicht wird, hat eine supersaubere, glänzende Produktion. Das sind aber nicht wir. Jüngere Fans, nennen wir sie einfach Kids, sind an diesen Sound gewöhnt und tun sich vielleicht schwer mit unserem Gerumpel. Für mich ist aber dieser Sound der Goldstandard. Ich fand es spannend, als vor vielen Jahren diese sehr transparenten Produktionen aufkamen, ich denke es begann mit TESTAMENTs „The Gathering“ und den ganzen Sachen, die Andy Sneap produziert hat. Das war eine Zeitlang spannend, langweilte mich aber nach einiger Zeit. Die Dynamik fehlt, das Leben fehlt. Es ist eben nur perfekt – und steril. Und der Gedanke, dass ich mich an die Kids anpassen solle, bereitet mir schlaflose Nächte. Denn dann wären wir ja nicht mehr wir!

Du arbeitest selbst auch als Produzent und hast ein Studio (facebook.com/StudioMarkoTervonen). Warum wolltest du „Royal Destoyer“ nicht selbst produzieren – wie euer 2014er Album „Death Is Not Dead“?

Es war schön, bei den Aufnahmen von „Cobra Speed Venom“ nur der Gitarrist zu sein und sich auf diese eine Sache konzentrieren zu können. Ich habe blindes Vertrauen in Frederik, er ist ein Vollprofi. Ich liebe es, andere Bands zu produzieren. Aber wenn es um THE CROWN geht, wird es einfach zuviel für mich. „Death Is Not Dead“ habe ich selbst produziert und auch noch das Schlagzeug neben meinen Gitarren eingespielt, weil unser damaliger Drummer Janne Saarenpää wegen eines Jobangebots in den USA die Band verlassen hatte. Das war brutal. Ich war bei diesem Album sehr viel alleine im Studio und habe mit Soundfiles gearbeitet, es gab keine Diskussionen keinen Austausch mit den anderen. Wir haben damals gelernt, dass THE CROWN eine Band ist, die ins Studio geht und Songs einspielt. Für die Produktion brauchen wir jemanden von außen.

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Die “Royal Five” und aktuelle Besetzung von THE CROWN: Johann Lindstrand (Gesang), Magnus Olsfeld (Bass), Henrik Axelsson (Drums), Robin Sörqvist (Gitarre), Marko Tervonen (Gitarre)

Ihr seid jetzt wieder unüberhörbar „The Royal Five“, eine Band, die zusammengewachsen ist. Wie vor 20 Jahren – heute allerdings mit einem anderen Line-up.

„Death Is Not Dead“ war nicht das Album einer Band, unser Gitarrist Robin Sörqvist kam kurz zur Band nach dem es fertig war, Henrik Axelsson spielte damals nur einen Bonus-Song ein (die B-Seite der ‚Headhunter-Single von 2014, das NAPALM DEATH Cover „Unfit Earth“) und kam später als festes Bandmitglied dazu. Es fügte sich alles zusammen. Kurz nachdem „Cobra Speed Venom“ fertig war, fragte ich mich, ob es vielleicht nur ein einmaliger Glückstreffer war, dass die Band so gut funktioniert hatte. Als wir mit „Royal Destroyer“ angefangen haben, wurde mir aber klar, dass es noch besser laufen wird. Wir sind wieder eine richtige Band mit festen Rollen und haben mit Robin und Henrik zwei Leute gefunden, die perfekt zu uns passen. Wir sind untereinander sehr offen, ich freue mich, wenn Hendrik mir einen Gitarrenpart vorschlägt oder Robin oder Magnus. Wir schreiben die Songs wieder zusammen, wir arbeiten zusammen.

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THE CROWN-Gitarrist Marko Tervonen tauscht sich über seine Songs auch mit seinem 16-jährigen Sohn aus.

Habt ihr dabei eine gemeinsame Vision? Wisst ihr schon vorher, wie ein Album klingen soll oder legt ihr es vorab fest?

Ja und nein. Wenn wir anfangen, an einem Album zu arbeiten, bringt jeder all seine Ideen ein. Es kann ein Punk-Album werden, Thrash Metal oder Death Metal. Erst wenn es ein paar Songs gibt, deute sich eine Richtung an. Bei „Royal Destroyer“ waren wir uns fast bei allem einig. Nur über „We Drift On“ haben wir wochenlang diskutiert – ob wir uns in eine falsche Richtung bewegen, ob wir auswhimpen. Aber am Ende ist der Song ja doch recht heavy.

„Beyond The Frail“, einer der stärksten Tracks von „Royal Destroyer“, sollte ursprünglich nur als Bonustrack verwendet werden.

Der Song war noch nicht mal als Bonussong vorgesehen! Wir haben immer mehr Songs als nötig, das ist ziemlich komfortabel. Wir haben jetzt auch schon wieder zig neue Stücke geschrieben. Als wir zehn Songs für „Royal Destroyer“ hatten, haben wir überlegt, ob sie gut genug sind und dann beschlossen, sie aufzunehmen. Wir haben sie im Mai aufgenommen, da gab es weder „Beyond The Frail“ noch „We Drift On“. Stattdessen hatten wir die Songs „Absolute Monarchy“ und „Diven By Desaster“ aufgenommen. Die Covid-Zwangspause bescherte mir einen weiteren Alptraum, ich war sicher, dass „Beyond The Frail“ auch auf das Album müsse – also musste aber ein anderer Song weg. Johan und Magnus kamen noch mit „Baptized In Violence“ an. Das brachte unsere Pläne noch mehr durcheinander. Denn „Baptized In Violence“ Song löste „Driven By Desater“ als extremsten Song des Albums sofort ab.

Nach den ersten Durchgängen dachte ich, „Glorious Hades“ ist der beste Song des Albums, „Beyond The Frail“ holt aber auf. Das Riff von „Glorious Hades“ ist trotzdem schon jetzt klassisch oder meinetwegen auch episch

Oh, die Idee dazu ist ziemlich alt. Ich bin froh, dass ich sie endlich verwenden kann. Eigentlich dachte ich, dass „Glorious Hades“ auch eine Single wird, aber Metal Blade waren dagegen. Es ist immer sehr spannend, wie Songs bei verschiedenen Leuten ankommen.

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THE CROWN live in Mannheim, 2018

Habe ich mich verhört oder wiehert in dem Song ein Pferd?

Ja, das ist ein Pferd. Ich kämpfe schon seit Jahren darum, in einem Song ein Pferd unterzubringen – hat wahrscheinlich mit „Blood Fire Death“ von BATHORY zu tun.

Nun, BATHORY haben ja auch Spuren hinterlassen: Der Akustikpart von „Glorous Hades“ könnte auch von Quorthon sein.

Als ich den Akustikpart schrieb, dachte ich an BATHORY und wusste: Jetzt ist die Gelegenheit, das Pferd unterzubringen!

Ist „Baptized In Violence“ der D-Beat-Song, der schon auf „Cobra Speed Venom“ sein sollte? Du hast mir mal erzählt, dass „Where My Grave Shall Stand“ eigentlich als Crust oder D-Beat-Nummer angelegt war, dann aber zu etwas ganz anderem wurde.

Manchmal lassen sich Ideen nicht umsetzen, oder es dauert Jahre. Das ist der Fluch der Kreativität, sie lässt sich nicht steuern. Bei „Baptized in Violence“ stehen alle Regler auf 11, es ist der perfekte Opener oder Rausschmeißer für Konzerte.

„Let The Hammering Beginn“ bezeichnet ihr selbst als Tribute an SLAYER-Gitarrist Jeff Hannemann. Es hat etwas gedauert, bis ich verstanden habe, was damit gemeint ist: Es ist kein typischer SLAYER-Song, es gibt auch kein Hannemann-Gitarrensolo. Aber der Song ist aufgebaut wie „Angel Of Death“: Gitarrenriffs und dann der Schrei.

Ja, stimmt – so hatte es Magnus auch gemeint. Als er den Song vorstellte, erkannte ich nichts von Hannemann darin. Der Song hat eine ähnliche Struktur und ist arrangiert wie „Angel Of Death“.

Ihr habt wieder ein bisschen mit Soundeffekten gespielt, das Pferd, ein paar sphärische Keyboards, die an NOCTURNUS erinnern.

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Henrik Axelsson vergisst im Gegensatz zu seinen Bandkollegen von THE CROWN zwischen zwei Proben keine Songs – behauptet Gitarrist Marko Tervonen

Ja, und ein Amboss in „Let The Hammering Beginn”. Vor dem Mastering habe ich die Songs mit in mein Studio genommen und ein paar Kleinigkeiten ergänzt. Ich wollte eigentlich Soundeffekte auf dem ganzen Album, so dass es keine stillen Momente gibt. Das hat nicht hingehauen, aber ein paar Ideen haben überlebt. Donner am Anfang von „Glorious Hades“, Kriegsgeschrei auf „Devoid Of Light“ und so weiter.

Stilistisch seid ihr schwer zu fassen, das ist kein reiner Death Metal, schon gar nicht amerikanisch oder schwedisch. Aber auch kein Thrash und kein Punk, obwohl von beidem genug drinsteckt. Genau dasselbe kann man über „Royal Destroyer“ sagen.

Die besten THE CROWN-Alben sind die, die anders klingen als der Vorgänger. „Deathrace King“ ist anders als „Crowned In Terror“, „Doomsday King“ anders als „Possessed 13“. Man kann das negativ auslegen und sagen, wir hätten nie unseren Stil gefunden. Wir waren nie Teil der Göteborger oder Stockholmer Szene. Wir waren irgendwie immer überall und nirgends. Das ist kommerziell gesehen natürlich nicht schlau. Aber ich mag es, stur zu sein und mein eigenes Ding zu machen.

„Motördeath“ ist der „Deathrace King“-Track auf dem neuen Album: METALLICA trifft MOTÖRHEAD, dazu gibt’s Punk und Rock n Roll.

Es ist ein High Intensity-Old-School-Song. Schon der Titel sagt, wo’s langgeht. Mein Sohn und ich haben beim jammen festgestellt, dass der Song nach METALLICAs „Motorbreath“ klingt, der Schritt zu „Motordeath“ war nicht besonders groß. Was als Arbeitstitel gedacht war, hat schließlich überlebt. Wir haben den Song übrigens im Original in 195 bpm gespielt. Wegen eines Fehlers war plötzlich ein anderer Beat in der Studiosoftware vorgegeben und auf einmal hatte der Track eine Geschwindigkeit von 210 bpm. Er wurde schneller, es war nicht einfach, ihn so schnell zu spielen – aber es klang so viel besser.

Du diskutierst deine Songs mit deinem Sohn?

Ja, seine Meinung ist mir wichtig. Er hat – wie alle jungen Menschen – einen anderen Zugang zu Musik. Er liebt Musik, im April wird er 16 und er ist schon jetzt fast ein besserer Gitarrist als ich! Nachdem er lange viel Death Metal gehört hat, entdeckt er jetzt DEVILS BLOOD und andere Rock-Bands. Wir beide lieben TYPE O NEGATIVE. Er hat seine eigene Band, SARCATOR und auch schon das erste Album veröffentlicht. Es ist erstaunlich, wie diese Generation mit Musik umgeht, er bringt sich sehr viel bei, indem er Videos bei YouTube ansieht.

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THE CROWN-Bassist Magnus Olsfeld hat ein Händchen für coole Formulierungen. “Viking Punk” ist seine neueste Schöpfung.

“Ultra Faust“ könnte auch von „Possessed 13“ stammen. Der Song erzählt eine Geschichte und hat sowohl doomige Parts als wüste Blastbeats.

Das Intro hat uns viel Arbeit gekostet, die Drums und die Steigerung am Anfang. Es ist ein typischer Magnus-Song, er hat eine ganz eigene Handschrift als Songwriter. Er hat eine simple, fast schon primitive Art, Songs zu schreiben – das klingt negativ, ist aber anders gemeint. Wenn er eine Idee hat, legt er die Gitarre nicht zu Seite, bis ein Song fertig ist. Er schreibt etwas und die Riffs fließen ineinander. Bei mir ist es das krasse Gegenteil: Ich schreibe ein Riff und mache damit einen Monat lang rum, bis es weitergeht.

Der Ausdruck „Viking Punk“ aus „Ultra Faust“ kommt vermutlich von ihm?

Ja, es ist eine coole Phrase, der dich zum Nachdenken bringt. Der Viking Punk könnte auch der Typ auf dem Cover sein, oder? Magnus geht sehr kreativ mit Sprache um. Wenn du etwas von ihm liest, verstehst du zunächst nur wenig. Aber mit der Zeit erkennt man häufig doch einen Sinn darin. Er ist ein cleverer Kerl, der seine Gedanken gerne ein bisschen versteckt und maskiert.

Ihr habt diesmal auch einen Text in schwedischer Sprache geschrieben.

Der Text zu „Scandinavian Satan“ ist im Prinzip geklaut von der schwedischen Legende Völuspá, die das Ende der Welt beschreibt. Der erste Vers ist Englisch, der zweite Schwedisch. Es war zunächst bizarr, Johan schwedisch singen zu hören, aber ich glaube, es funktioniert ganz gut.

Johans Gesang ist vielseitiger denn je. Er konnte schon immer so brüllen, dass man trotzdem die Texte versteht. Dazu kommen jetzt seine Sprechstimme und sein Flüstern.

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THE CROWN-Sänger Johan Lindstrand kann auch flüstern – nachzuhören auf dem neuen Album “Royal Destroyer”

Seine Performance im Studio hat mich am allermeisten überrascht. Es hat mich umgehauen, wie schnell, sauber und präzise er war. „Glorious Hades“ ist meiner Meinung nach seine bislang beste Gesangsleistung – absolut überragend. Gesang aufzunehmen war nie einfach für uns. Normalerweise nimmst du erst alle Instrumente auf, und der Sänger muss dann mit der Studiozeit klarkommen, die übrig ist. Das bedeutet viel Druck für alle. Wir haben es diesmal anders gemacht: zwei Songs instrumental aufgenommen und dann den Gesang. Dann wieder zwei Songs, dann wieder den Gesang. Das machte es für Johan einfacher – und er war einfach verdammt gut vorbereitet. Vieles hat er in einem Take eingesungen, das gab es so bislang noch nicht. Wir sind von drei Stunden Zeit für die Gesangsaufnahmen mit immer neuen Änderungen zwischendurch runter auf fünf, sechs Minuten. Das hört man, es ist viel intensiver.

Ihr habt viel Video-Material aus dem Studio geteilt. Man konnte Mäuschen spielen und bekam den Eindruck, dass ihr zwar konzentriert, aber auch entspannt an den Songs arbeiten könntet.

Ja, genauso war es. Wir waren so gut vorbereitet – wir hatten ja genug Zeit dafür im Corona-Sommer. Wir wollten aber auch schnell fertig werden und diese Stimmung konservieren. Also haben wir rund um die Uhr aufgenommen. Als Frederik nach Hause ist, haben wir weitergemacht. So schafft man es in sieben Tagen – wir haben ständig gearbeitet und auch im Studio übernachtet. Es stand alles, wir haben nur einige Kleinigkeiten spontan ergänzt.

Wie die Kuhglocke, die ex-Schlagzeuger Janne Saarenpää eingespielt hat?

Ja, genau solche Ideen. Er muss nun halt mit seinem Abstieg klarkommen, von THE CROWN-Drummer zu dem Typen mit der Cowbell, haha!

Nun mit Henrik Axelsson, der seit 2016 bei THE CROWN ist, habt ihr ja mehr als adäquaten Ersatz gefunden.

Ja, die jungen Leute. Henrik ist unglaublich, er kann gar nicht falsch spielen. Wir proben nur einmal pro Woche, sonntags. Nach einer Woche hat die Hälfte von uns vergessen, wie der neue Song ging – auße Henrik. Er kann sich immer erinnern, ist superschnell und superpräzise.

Euer Gitarrist Robin Sörqvist bringt nicht nur klassische Gitarrenleads mit, er hat auch wieder einige Vocals übernommen, oder?

Ja, wir haben keine Gäste auf dem Album – das kommt alles von Robin. Zum Beispiel bei „Full Metal Justice“.

Wie waren denn die Reaktionen auf eure zweite Single „We Drift On“? Einerseits ist der Song ungewöhnlich ruhig für THE CROWN, andererseits habt ihr mit Instrumentals wie „Meduseld“, Dream Bloody Hell“, „In Memoriam“ schon immer auch sanftere Stücke gemacht.

Ich hatte einen größeren Shitstorm erwartet. Wir haben intern viel über den Song diskutiert. Aber ich wollte auch mal eine andere Seite von uns zeigen – wir haben sonst immer die brutalen Sachen als Single rausgehauen. Die Leute wissen inzwischen, dass wir das können. Ich wollte alle wissen lassen, dass wir auch etwas anders können. Und, ich geb’s zu, die Struktur ist von „The Unforgiven“ geklaut. Ich wollte aber kein Instrumental daraus machen, also war die Frage: Wie muss der Gesang für dieses Stück sein? Man kann über die unverzerrten Parts nicht growlen, das ist albern. Wir kamen dann auf das Flüstern.

THE CROWN Hell Is HereMich hat nur überrascht, dass es eine Single wurde. Das der letzte Song eines Albums ein bisschen anders ist, ist nichts neues bei THE CROWN, das gab‘ schon mit „Death By My Side“ auf “Hell Is Here” oder “Killing Star” auf “Deathrace King”.

Ja, das hatten wir schon immer. Schwere, epische Stücke hatten wir bislang immer als letzten Song. Das ist diesmal anders. Wir haben uns mit „Beyond The Frail“ für einen sehr schnellen Song entschieden! Einfach genau andersherum wie sonst.

Hat der Song eine spezielle Bedeutung für dich?

Auf „Cobra Speed Venom“ habe ich keinen einzigen Text geschrieben. Bei „Royal Destroyer“ verfasste ich die Lyrics für „Beyond The Frail“ und „We Drift On“. Es ist gar nicht so einfach, einen Text für einen Death Metal-Song zu schreiben. Er soll zur Musik passen, aber dieses ganze Brutalitäts-Ding ist ja irgendwie langweilig. Also versuche ich, eher was Persönliches reinzubringen. In „Beyond The Frail“ geht es darum, dass wir gut sein wollen, aber immer wieder an uns selbst scheitern, weil wir im Grunde uns doch egoistisch verhalten. Wir alle wissen, wie man gut und korrekt ist. Und trotzdem tun wir Dinge, die weder uns selbst noch anderen nutzen, sondern schaden. Musikalisch ist der Song für mich der große Bruder von „In Bitterness And Sorrow“ vom „Eternal Death“-Album. Melodie trifft auf Blastbeats. Ich bin sehr stolz auf das Lyrics-Video, es erklärt den Song vielleicht auch ein bisschen besser – es wird in Kürze veröffentlicht.

„Devoid Of Light“ ist der MORBID ANGEL-Song des Albums und passt zur “Crowned In Terror”-Ära.

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Robin Sörqvist kam 2016 zu THE CROWN – und übernimmt seitdem auch die Backing Vocals. Es spricht also nichts mehr dagegen, “Give You Hell” auch mal live zu spielen!

Ja, wenn Robin einen Death Metal-Song schreibt, wird’s amerikanisch. He knows where the slime lives. Und er hat gleichzeitig eine Schwäche für Hardrock-Bands, das hört man seinen Leads an, er kennt die Licks, die kicken.

Was habt ihr jetzt vor? Gibt’s in absehbarer Zeit einen Livestream von THE CROWN? Konzerte sind ja gerade eher schwer zu planen.

Es ist so schade, dass wir die neuen Songs auf absehbare Zeit nicht live spielen können. Wir haben kein einziges Konzert gebucht – es gab zwar Anfragen, aber wir haben nichts zugesagt. Dabei geht es uns ja noch richtig gut. Wir haben ein Leben neben der Musik, und sind nicht auf die Einnahmen aus den Touren angewiesen. Diesen Kollegen geht es wirklich sehr, sehr schlecht. Wenn du 200 Shows im Jahr spielst und dann plötzlich ein Jahr lang zu Hause sitzen musst, ist das schrecklich, finanziell gesehen und auch sonst. Dein Leben bricht zusammen. Klar, auch wir hatten viele Pläne für unser 30jähriges Bandjubiläum und unser zehntes Album. Ich bin aber nicht sicher, ob ein Livestream für uns funktioniert. Ich habe den Livestream von PARADISE LOST gesehen, es war ok. Aber es funktioniert nicht, wenn eine Band so tut, als ob sie vor Publikum spielt. Vielleicht sollte man etwas ganz anderes machen. Mir tun die Bands leid, die diese Fake-Shows ohne Publikum spielen müssen. Es ist ruhig zwischen den Pausen, und du fühlst keine Energie aus dem Publikum. Wir brauchen eine clevere Idee, wie man diese Streams anders machen kann. Vielleicht sollten wir draußen im Schnee spielen oder so etwas. Aber man muss das neu denken.

In Deutschland gab es die so genannten Drive-in oder Auto-Konzerte, bei denen man die Shows aus dem Auto verfolgte. Der Sound kam aus dem Autoradio, über Kopfhörer oder andere Empfangsgeräte, zum Teil auch über eine PA. Eine gute Sache für die Veranstaltungstechniker, aber als Konzert kommt das für mich persönlich nicht in Frage.

Echt? Das klingt verrückt! Ich weiß nicht, ob ich dahingehen würde, ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Aber es steckt Kreativität dahinter, das ist gut. Für Musik ist es vielleicht nicht die allerbeste Lösung. Denn wir brauchen neue Ideen. Ich glaube, das Streaming-Ding wird sich weiterentwickeln. Nicht als Konzertersatz, aber als Möglichkeit, seine Musik Fans auf der ganzen Welt zu präsentieren – dafür ist es unschlagbar und wird sich bestimmt auch parallel weiterentwickeln, wenn Konzerte wieder möglich sein werden.

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THE CROWN live vor über 30 Jahren bei den X-MAS FESTIVALS im Dezember 2000 in Straßburg

 

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