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AEON: Blond oder brünett – warum nicht beides?

Einfach nur brutal reichte ihnen nicht mehr. Mit "Aeons Black" rückten die Schweden von AEON ihren zermalmenden Death Metal in ein kontrastreicheres Licht. Ohne an Härte einzubüßen, verfeinerte das Quintett anno 2012 ihr kompromissloses Auftreten mit häufigen Tempowechseln und ruhigen Interludes. Weil das Resultat dieses ungemütlichen Cocktails eine intensive wie fordernde Erfahrung war, baten wir Gitarrist Zeb Nilsson auf elektronischem Weg zum Gespräch, um mehr über das düstere Konzept, wichtige Entscheidungen im Produktionsverlauf sowie die Rückkehr von Schlagzeuger Arttu Mallki zu erfahren.

Einfach nur brutal reichte ihnen nicht mehr. Mit “Aeons Black” rückten die Schweden von AEON ihren zermalmenden Death Metal in ein kontrastreicheres Licht. Ohne an Härte einzubüßen, verfeinerte das Quintett anno 2012 ihr kompromissloses Auftreten mit häufigen Tempowechseln und ruhigen Interludes. Weil das Resultat dieses ungemütlichen Cocktails eine intensive wie fordernde Erfahrung war, baten wir Gitarrist Zeb Nilsson auf elektronischem Weg zum Gespräch, um mehr über das düstere Konzept, wichtige Entscheidungen im Produktionsverlauf sowie die Rückkehr von Schlagzeuger Arttu Mallki zu erfahren.

blankHi, Zeb! Ich hoffe, dir geht es gut in Schweden! Ich habe einige Kritiken zu eurem neuen Album “Aeons Black” gelesen und bin dabei zum Großteil auf sehr positives Feedback gestoßen. Hast du mit derartigen Reaktionen gerechnet? Immerhin habt ihr als Band viel Aufwand betrieben, um das Songwriting im Vergleich zum Vorgänger “Path Of Fire” variabler zu gestalten.

Ich habe in der Tat recht gute Kritiken erwartet, da ich mit dem Endergebnis wirklich zufrieden bin. Es ist einfach alles vorhanden: Gute Songs, ein gutes Artwork und eine gute Produktion. Ich habe nicht mit ganz so euphorischen Rückmeldungen gerechnet, wie wir sie letztendlich bekommen haben, aber ich war sehr zuversichtlich, dass dieses Album gut angenommen werden würde. Ich hoffe allerdings, dass mich das nicht wie eine Diva klingen lässt, haha.

Keine Sorge, die Gefahr besteht nicht. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man durchaus auf den Gedanken kommen, dass sich der Titel eures neuen Albums “Aeons Black” auf den langen und dunklen schwedischen Winter bezieht. Ich weiß, dass zumindest Daniel (Dlimi, Gitarre – Anm. d. Verf.) kein allzu großer Freund des schwedischen Klimas ist. Haben die nordischen Umstände also einen Einfluss auf eure Persönlichkeit und damit auf euer musikalisches Schaffen?

Ich kann deinen Gedankengang nachvollziehen, aber der Titel hat nichts mit dem schwedischen Winter zu tun. Doch es gibt sicherlich Ähnlichkeiten. Der Albumtitel “Aeons Black” dreht sich um das unausweichliche Ende und die absolute Vernichtung von Welten, wenn eine Sonne ausbrennt. Es gibt schlicht keine Überlebenden und nichts, was man dagegen tun könnte. Kein Gott wird uns retten. Und wie du schon sagtest: Auch vor dem schwedischen Winter kann uns kein Gott schützen (lacht).

Analog dazu fühlt sich “Aeons Black” düster an, beizeiten sogar mehr noch als “Path Of Fire“. Ich denke, das ist zum Teil auf die größere Zahl langsamer und zäher Songs zurückzuführen, die den Hörer gleich einer trägen, aber unaufhaltbaren Macht niederwalzen. Sind diese Veränderungen im Songwriting direkte Folge des zentralen lyrischen Themas, nämlich Tod?

Nicht wirklich. Wir wollten auf diesem Album einfach mächtigere Songs haben. Eigentlich war meine Absicht damals, “Path Of Fire” sehr heavy zu gestalten, aber dort hatte ich wirklich versagt, ha ha. Also schrieben wir diesmal einfach mächtigeres Material, doch das hatte nichts damit zu tun, wie das textliche Konzept letztendlich aussehen würde. Ich machte mir bei diesem Album außerdem nie große Gedanken darüber, ob ein Riff zu AEON passt. Ich komponierte einfach drauf los und war das Ergebnis cool, dann blieb es auch drin.

Außerdem wollte ich meinen Blick diesmal auf das Ganze zu richten, so dass ich das ultimative Death Metal-Album schreiben konnte, anstatt des ultimativen Death Metal-Songs, so wie ich es früher getan hatte. Ich habe mich bemüht, den Schwerpunkt diesmal auf eine gesamtorientierte Perspektive zu setzen.

Da ihr also das Death in Death Metal regelrecht in Großbuchstaben schreibt, würde mich interessieren, was für dich der faszinierendste Aspekt dieser übergreifenden Thematik ist. Ist es einfach die unausweichliche Vergänglichkeit allen Seins?

Wow, ich habe bisher nie wirklich darüber nachgedacht, aber es stimmt, der Tod hat mich seit meiner Kindheit schon immer fasziniert. Ich habe schon immer viel über Tod reflektiert, was danach geschieht und solcherlei Dinge. Wenn man es sich vor Augen führt, dann sind sowohl das Leben als auch der Tod ein Mysterium – und definitiv ein gutes Thema für Songtexte.

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Uns klappte die Kinnlade herunter, so gut fing Necrolord das textliche Konzept des Albums quasi blind ein.

Das Artwork stellt den Tod als einen in Roben gekleideten menschenähnlichen Dämon dar. Sowohl die Farbwahl als auch die wehenden Gewänder erwecken den Eindruck, dass der Tod leise und kalt kommt – fast so, als würde er auf dem Wind reiten. Kurz gesagt, das Cover fängt die Lyrics des Titelsongs visuell sehr überzeugend ein – war das absichtlich so gewählt?

Als wir Necrolord ursprünglich wegen eines Artworks kontaktierten, wollte er das Album zuerst hören, also schickten wir ihm eine Vorproduktion der Platte. Daraufhin meldete er sich bei uns mit der Nachricht, dass er die Covergestaltung gerne übernehmen würde. Aber er fügte an, dass er bereits ein fertiges Gemälde hätte, das seiner Meinung nach perfekt zur Thematik des Albums passen würde und das wir gegebenenfalls nutzen könnten. Also schickte er uns dieses wirklich düstere und fantastische Gemälde, das wir am Ende offensichtlich auch auf das Cover packten. Uns klappte regelrecht die Kinnlade herunter, so gut fing es das textliche Konzept des Albums quasi blind ein.

Diesmal habt ihr mehrere kurze Interludes wie “The Voice Of The Accuser” oder “Aftermath” auf dem Album. Würdest du mir zustimmen, dass deren Hauptaufgabe die Ausformulierung eines dynamischeren Handlungsstrangs ist? Ich mochte beispielsweise “Total Kristus Inversus” vom Vorgänger “Path Of Fire” deshalb so gerne, weil es die Ruhe vor dem Sturm verkörperte.

Ja, das war in etwa unsere Absicht. Wir wollten den Songs mehr Dynamik verleihen, eine dichtere Atmosphäre kreieren und den Hörer mehr auf das Album fokussiert wissen. Wir haben diese Stilelemente bisher auf all unseren Alben eingesetzt, besonders auf unserem Debüt “Bleeding The False”. Wir versteckten sie nur meistens am Ende eines Songs. Diesmal bekamen alle Intros und Interludes ihre eigene Indexnummer auf der CD, was auch bedeutete, dass wir sie alle benennen mussten. Das macht sie natürlich auffälliger, so dass sie nun von mehr Leuten bemerkt werden.

Obwohl ich den Eindruck habe, dass ihr eine Menge Arbeit in den Abwechslungsreichtum des Albums gesteckt habt, ist “Aeons Black” für den Hörer genauso anspruchsvoll wie “Path Of Fire“. Das ist größtenteils eine gute Sache, doch aufgrund der gestiegenen Gesamtspielzeit wirkt die CD in der zweiten Hälfte manchmal etwas langgezogen.

Bei diesem Punkt kann ich dir nicht zustimmen. Wir hatten uns über die Songreihenfolge erst Gedanken gemacht, als alles bereits aufgenommen war. Es war also nicht so, als wäre die Hälfte unserer Stücke gut gewesen und die andere nur dazu da, um die Spielzeit aufzufüllen. Ich finde Songs wie “Sacrificed”, “Blessed By The Priest” und “Die By My Hand” auch sehr cool. Aber Musik ist immer Geschmackssache, man kann es nicht jedem recht machen. Solange man also selbst mit seinem Werk zufrieden ist und ein gutes Gefühl dabei hat, muss man einfach die Zuversicht haben, es zu veröffentlichen.

An “Path Of Fire” gefiel mir die warme und organische, dabei zeitgleich massive, Produktion besonders gut. “Aeons Black” klingt dagegen eher nach gewöhnlicher Extreme Metal-Produktion, wie man sie an jeder Ecke findet. Sie ist solide, aber dem Sound fehlt der individuelle Charakter, der “Path Of Fire” auszeichnete. Warum habt ihr euch diesmal für den erprobten Weg entschieden?

Mir gefallen beide Mixe gut. “Path Of Fire” hatte die prägnanteren Gitarren, während “Aeons Black” meiner Meinung nach das charakteristischere Schlagzeug hat. Beide Abmischungen sind wirklich cool, aber auch komplett verschieden voneinander. So wie ich das sehe, muss man sich nicht unbedingt für einen Favoriten entscheiden, sondern kann beide mögen – man kann ja sowohl Blondinen als auch Brünette gut finden, ha ha!

Ja, da hast du natürlich recht (lacht). Auf der anderen Seite scheint das Mastering von “Path Of Fire” auf den ersten Eindruck hin ein Stück lauter zu sein als der von “Aeons Black” – sofern man das anhand der Promo-MP3s überhaupt beurteilen kann. Macht ihr euch immer noch stark gegen den so genannten Loudness War?

Ich habe die beiden Alben nicht miteinander verglichen, um zu sehen, welches davon lauter ist. Wir haben außerdem keine Vorbehalte gegenüber einem lauten Mastering. Wenn es gut klingt, dann ist es auch gut. Ich denke, man muss das Mastering nicht weiter analysieren als bis zu diesem Punkt.

Interessant, dass du das so siehst. In unserem Brainstorming-Interview mit Daniel hat dieser seinerzeit eine ganz andere Meinung vertreten. Aber weiter: Nachdem Nils (Fjellström, Schlagzeug – Anm. d. Verf.) die Band verlassen hatte, kehrte nach langer Suche Gründungsmitglied Arttu (Mallki, Schlagzeug – Anm. d. Verf.) als sein Nachfolger zur Band zurück. Ich sag mal, alte Liebe rostet nicht, oder?

Nein, Arttu ist ein wirklich guter Freund aus alten Zeiten und er hat wirklich hart gearbeitet, um unsere Songs spielen zu können. Er ist absolut solide und hat seinem Schlagzeug im Studio einiges abverlangt, wie man beim Hören des Albums feststellen kann. Und weißt du was…es ist cool, ein Gründungsmitglied zur Band zurückzuholen.

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Der Tod hat mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Ich habe immer viel über Tod reflektiert, was danach geschieht und solcherlei Dinge.

“Nothing Left To Destroy” ist ein aggressives Biest und vielleicht einer der unnachgiebigsten Songs, die ihr seit geraumer Zeit geschrieben habt. Und wie du sagtest, ist das Schlagzeug schlicht zermalmend. Was war denn Arttus Rolle im Schreibeprozess? War er direkt involviert oder stieß er erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt zur Band?

Arttu war Teil der Band, bevor wir überhaupt die erste Note geschrieben hatten. Ich schätze aber, dass wir an manchen Stellen seinen Stil im Hinterkopf hatten, so dass wir die Songs so schreiben konnten, dass sie perfekt zu seiner Spielweise passten. Er hatte einen gewissen Anteil an der Umsetzung der Schlagzeugtracks, aber ansonsten programmierten wir, wie früher mit Nils in der Band auch schon, den Großteil der Schlagzeugspuren so, wie wir sie haben wollten, und Nils beziehungsweise Arttu spielten sie dann auf diese Weise ein. Aber natürlich hat er eine Menge Fills und sonstige Details aus eigener Hand beigesteuert.

“The Glowing Hate”, einer meiner Favoriten, ist eine herbe Abrechnung mit Religion. Trotz seiner grundlegenden Thematik drängt sich mir im Refrain eine kleine “Twin Peaks”-Referenz auf, oder bilde ich mir das nur ein?

“Twin Peaks”? Ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst, ha ha.

Tommy (Dahlström, Vocals – Anm. d. Verf.) singt die Zeile “Fire walk with me”, falls es das ist, was du meinst. Aber das hat nichts mit dem Film zu tun.

Na, dann kann ich ja wieder ruhig schlafen. Einer der stärksten Titel der Platte ist der Rausschmeißer “Die By My Hands”. Die morbide Atmosphäre, die von den Gitarren ausgeht, verfolgt mich nach Songende noch minutenlang weiter. Da auch “Path Of Fire” mit “God Of War” einen fantastischen Schlusstrack hatte, nehme ich an, dass die endgültige Songreihenfolge für euch eine große Rolle im Produktionsprozess spielt.

Ja, ich denke schon. Ich bin der Meinung, dass man unbedingt einen starken Song braucht, um ein Album abzuschließen. Wenn wir eine Nummer haben, die etwas anders als die anderen ist, aber dennoch stark, dann setzen wir sie entweder ans Ende oder in die Mitte des Albums.

Im offiziellen Statement zu Arttus Rückkehr habt ihr den Wunsch formuliert, in Zukunft häufiger auf Tour zu gehen. Kannst du uns schon etwas über eine potenzielle Tour zum neuen Album verraten?

Ja, wir werden im März 2013 in Deutschland als Support für OBSCURA unterwegs sein. Ich hoffe, ich sehe dich dort.

Das mag gut sein. Eine Entwicklung auf dem Konzertmarkt beschäftigt mich derzeit besonders: Für kleinere Bands wird das Touren immer schwieriger, weshalb sich viele Formationen in Gruppen zu je fünf bis sieben zusammenschließen. Was hältst du von diesen dicht gepackten Tour-Line-Ups? Wäre das auch eine Option für AEON?

Nun, wir würden prinzipiell bei jeder Tour mitmachen, die für uns finanziell Sinn ergibt.

Das ist wohl die vernünftigste Sichtweise. Das Jahr 2012 geht dem Ende zu, lass uns also über die diesjährigen musikalischen Höhepunkte sprechen. Was sind deine persönlichen Kandidaten für das Album des Jahres?

Ich kann mir nicht einmal alle Alben merken, die in den letzten Monaten des Jahres erschienen sind. Aber “Torture” von CANNIBAL CORPSE und “Incurso” von SPAWN OF POSSESSION sind sehr coole Platten.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Meine letzte Frage ist eine einfache: Stell dir vor, ein Zombie lebt in deinem Schrank und er fängt langsam an lästig zu werden, da er ständig versucht, dein Gehirn zu essen. Also willst du ihn töten, aber alles, was du hast, ist eine Karotte, ein Stück Schnur, einen schizophrenen Hamster und einen schottischen Dudelsack. Was machst du?

Ich denke, ich würde dem Hamster die Karotte in den Hintern stecken, was ihn noch schizophrener und wahnsinniger machen würde. Dann spiele ich ein paar Kriegsmelodien auf dem Dudelsack, so dass der Hamster gegen den Zombie in den Krieg zieht. Nachdem der Hamster den Zombie getötet hat, fessele ich ihn mit der Schnur, bis er sich wieder beruhigt hat und mich nicht auch noch tötet.

Artwork und Fotos © Metal Blade / AEON.

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