Hexenverbrennungen als maximal düsteres Kapitel der Menschheit im an Grausamkeiten nicht gerade armen Mittelalter ist natürlich der passende Stoff für Black Metal. Klar, dass TREST nicht die Ersten sind, die auf diese Idee kommen, aber für den äußerst rohen und finsteren Sound der anonym agierenden Band, passt dieses Konzept eben wie die Faust aufs Auge. Mit ihren ersten Demos „Ordalium“ aus dem Jahr 2019 und „Chambre Ardente“ aus vergangenen Januar gibt es nun eine spannende Zusammenstellung des bisherigen Schaffens.
Mit Einflüssen aus dem US-Black Metal als auch aus der zweiten Welle erschaffen TREST eine interessante Mischung auf „Ordalium / Chambre Ardente“
Nun ist der Bereich Raw Black Metal, in dem TREST wildern, auch ein wenig wie ein Hexenprozess. Die meisten Akteure werden der Sünde überführt, absolut unzulänglichen, redundanten, aber trotzdem überhypten Lärm zu fabrizieren, der sich als eher unfreiwillig komisch herausstellt, den man getrost den Flammen übergeben darf. Nur hier und da finden sich Formationen, die die gefährliche Magie beherrschen. TREST gehören zu den wenigen aus der zweiten Gruppe, denn sie schaffen es, mit ihrem schmutzigen Klang eine Menge Atmosphäre aufzubauen und klingen dennoch sowohl boshaft als auch zeitweise episch.
Interessant ist auch, woher TREST ihre Inspiration beziehen. LEVIATHAN und LURKER OF CHALICE ist in ihrer musikalischen DNA ebenso präsent, wie die klassische zweite Welle der Neunziger. „Ordalium“ beginnt mit einem starken Verweis in Richtung LEVIATHAN mit „1st Witch: Horne“, das genau das rohe Drumming und sie sägenden Riffs verwendet, die auch Wrest gerne einsetzt. Ab „2nd Witch: Debaraz“ vermengen TREST dann beide Inspirationsquellen recht gut. Mal rast die Band durch die Stücke, mal sind es recht schleppende Tracks, hin und wieder wird die Verbindung daraus etwas konfus, wie im Finale von „3rd Witch: Zdunk“. „4th Witch: Palles“ als kurze, schnelle Nummer und „5th Witch: Gesche“ mit etwas mehr epischen Momenten zeigen dann wiederum recht routiniertes, wenn auch nicht weltbewegendes Songwriting.
TREST haben mit „Ordalium“ und „Chambre Ardente“ zwei gute Beispiele, wie Raw Black Metal funktionieren kann
„Chambre Ardente“ rattert mit „Brinvilliers“ ziemlich hässlich und humorlos los und rückt acht Minuten lang nicht von seiner Linie ab, bis ein gesampelter, sehr morbider Chor das stoische Geholze ablöst. Der zweite Song dieser EP ist dann deutlich besser komponiert, zeigt mehr Abwechslung, zumindest ein bisschen Dynamik und ein durchaus episches Finale. Wenn die Prämisse von TREST also ist, eher unhörbarer zu werden, ist ihr Vorhaben geglückt. Die ersten fünf Tracks sind etwas leichter verdaulich und haben bessere Ideen, aber auch „Chambre Ardente“ besticht durch seine ungute Atmosphäre und die konsequent-rohe Performance.
Auch der kleinen Qualitätsunterschiede zum Trotz haben TREST mit „Ordalium“ und „Chambre Ardente“ zwei gute Beispiele parat, wie Raw Black Metal funktionieren kann. Sie beweise, dass auch in dieses Genre eine gewisse kompositorische Arbeit hineingesteckt werden darf, ja muss. Somit sticht die vierzigminütige Zusammenstellung positiv aus der Masse von Veröffentlichungen heraus, auch wenn TREST damit in der Szene noch keine wirklichen Impulse setzen können. Allein schon die morbide und unheimliche Atmosphäre sind es wert, dass diejenigen, die es so unpoliert wie einen Hexenhorrorfilm aus den Sechzigern und Siebzigern mögen, hier ein Ohr riskieren.
VÖ: 22. April 2022
Spielzeit: 41:09
Line Up:
TREST
Label: Sol Records (CD) / Amor Fati (LP)
TREST „Ordalium / Chambre Ardente“ Tracklist
1. 1st Witch: Horne
2. 2nd Witch: Debaraz
3. 3rd Witch: Zdunk
4. 4th Witch: Palles
5. 5th Witch: Gesche
6. Brinvilliers
7. Cour des poisons