HEDNINGARNA: 1989-2003

Eine äußerst gelungene und gleichzeitig eigenwillige Synthese von schwedischer Folklore, vom Kalevala inspiriertem Gesang und Elementen der Moderne.

Zeit ist kostbar, und deswegen sei gleich zu Beginn erwähnt, dass HEDNINGARNA mit Metal nichts, aber auch gar nichts zu tun haben und nur diejenigen weiter zu lesen brauchen, die ein Faible für folkloristische Musik im allgemeinen, und skandinavische im besonderen haben. HEDNINGARNA, die 1993 für ihr zweites Album Kaksi! den schwedischen Grammy für das beste Folkmusik-Album abräumen konnten, präsentieren dem Hörer eine äußerst gelungene und gleichzeitig eigenwillige Synthese von schwedischer Folklore, vom Kalevala inspiriertem Gesang und Elementen der Moderne. Letztere erhalten hauptsächlich durch die Instrumentierung Einfluss auf die Musik der Schweden, denn während sich zu den traditionellen Instrumenten wie Harfen, Geigen, Sackpfeifen und Maultrommeln Drums (echte wie auch programmierte Loops), Bass und E-Gitarren gesellen und die traditonellen Instrumente gerne auch mal durch den Verzerrer gejagt werden, so ist man rein kompositorisch doch eher in der traditionellen Folklore verwurzelt und versucht nicht krampfhaft, neuzeitige Musik mit alten Instrumenten anzureichern. Diese Synthese der traditionellen Musik mit der Moderne ist also nicht so plump umgesetzt wie bei den meisten deutschen Bands, die Mittelalter mit Rock oder auch Electro zu verbinden trachten, sondern recht subtil und, wie es scheint, mit einem höheren künstlerischen Anspruch.

1989-2003 deckt sämtliche Schaffensperioden von HEDNINGARNA ab und ist nicht nur für Interessierte, die bisher nicht mit der Musik der Band in Berührung gekommen sind, als Einstieg geeignet. Vielmehr macht der Kauf auch für Fans der Band Sinn, denn das Grammy-Album Kaksi! ist mit fünf Songs sehr stark vertreten. Trä immerhin mit drei Songs, beide Alben sind in Deutschland nicht erschienen und nur als Importe zu bekommen. Die zwei neuen Stücke, die ebenfalls enthalten sind, sollten zwar theoretisch auch einen Kaufanreiz für Fans darstellen, zählen aber eindeutig nicht zu den Highlights der Scheibe. Suet Ulvo ist ein ziemlich kurzer, flotter Song mit modernem Drumbeat und ziemlich abgedrehtem Gesang, hier fehlt es einfach an großartigen Melodien, die typische HEDNINGARNA-Atmosphäre will nicht so recht aufkommen. War schon bisher der eigenständige, ungewöhnliche Gesangsstil – kräftige, aber etwas aufdringliche Stimmen – ein Punkt, mit dem manche Leute so ihre Probleme haben, so gilt dies für das aktuelle Line-up (es hat mal wieder ein Sängerinnen-Wechsel stattgefunden) wohl mehr denn je. Vettoi, das andere komplett neue Stück, kommt mit einem nicht ganz so straighten Rhythmus daher und ist etwas vertrackter und kann eigentlich nur durch ein cooles Sackpfeifensolo hervorstechen. Man darf also gespannt sein, was man in Zukunft von der Band zu erwarten hat. Doch zum Glück befinden sich ja auf 1989-2003 jede Menge älterer Songs, die es wirklich in sich haben. Tina Vieri etwa vom Trä-Album ist mit programmierten Drums unterlegt, fängt sehr ruhig und beschaulich an mit einem beinahe schon elfenhaften, zarten Gesang und Harfenklängen. Gesang und Drums steigern sich dann immer mehr in ihrer Intensität, bis schließlich zum typischen mehrstimmigen Power-Gesang die Sackpfeife einsetzt. Der Song besitzt einfach eine tolle Dynamik und steht beispielhaft für die bezaubernde Klangwelt, in die einen HEDNINGARNA entführen. Auch Skåne vom Instrumentalalbum Hippjokk sticht heraus. Geigen und Sackpfeifen spielen hier tolle folkloristische Melodien in einer tanzbaren Rhythmik, dazu im Kontrast allerdings die Rhythmusfraktion, die mit ihrem sich ständig wiederholenden Pattern eine beinahe schon meditative Stimmung erzeugt. Dazu gesellt sich schließlich noch eine elektrische Leadgitarre, die aber niemals zu aufdringlich ist, sondern sich hervorragend in das Klanggebilde einfügt.

HEDNINGARNA sind eine außergewöhnliche Band, durchaus experimentell, mit der sicherlich nicht jeder klarkommen wird. Folk-Puristen werden ihre Probleme haben, ebenso dürfte der Gesang nicht jedermanns Geschmack sein. Wer jetzt jedoch Blut geleckt hat, der findet in dieser Compilation den perfekten Einstieg in diese Band. Fans, denen noch die ersten, in Deutschland nicht veröffentlichten Alben fehlen und diese nicht als Import auftreiben können, werden mit 1989-2003 auch bestens bedient.

VÖ: bereits erschienen

Spielzeit: 77:31 Min.

Line-Up:
Anders Norudde – Harding, Fiddle, Swedish bagpipe, Bowed harp, Mora-keyed fiddle, Willow-flute, Bassharp, Jew´s harp

Hållbus Totte Mattson – Lute, Teorb, Marshall-lute, Hurdy-Gurdy, Fiddle, String-drum, Mandora, Swedish Dulcimer, Mora Oud

Björn Tollin – Tambourine, Drums, Frame drum, Drone String-drum, Bass Mandora, Keyed Fiddle, String-drum, Percussion, Programming, Sampling

Sanna Kurki-Suonio – Vocals (1, 3, 4, 6, 12, 13, 14, 16)

Tellu Turkka – Vocals (1, 2, 3, 4, 8, 12, 13), Fiddle

Anita Lehtola – Vocals (6, 16)

Liisa Matveinen – Vocals (2, 8)

Magnus Stinnerbom – Fiddle (2, 8)

Christian Svensson – Drums, Percussion (2, 8)
Label: Westpark Music

Tracklist:
1.Tuuli

2.Suet Ulvo

3.Kruspolksa

4.Tina Vieri

5.Chicago

6.Ukonen

7.Dolkaren

8.Vettoi

9.Viktorin

10.Navdi/Fasa

11.Fulvalsen

12.Vottikaalina

13.Juopolle Joutunut

14.Gorrlaus

15.Höglorfen

16.Neidon Laulo

17.Skåne

18.Björnlaten

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner