GARY MOORE: Scars

„Scars“ steht im Schatten eines Mannes, der bereits vor über 30 Jahren starb: Jimi Hendrix.

Ich vermute, so ganz sicher, wie nun die Band heißt und wie das Album, ist sich weder GARY MOORE, noch sein Label Sanctuary Records. Im Info des Albums wird „Scars“ als neue Band und dieses Album als deren Debüt angepriesen. Auf dem Cover ist allerdings der Name GARY MOORE nicht zu übersehen und auf der kommenden Tour werden ZZ TOP in den Anzeigen nicht durch SCARS, sondern durch GARY MOORE supportet.

Ein konfuses Wortspiel also, hinter dem letztendlich ein außergewöhnliches Album steht. Entgegen allen Vermutungen, Gary würde wieder zum Hardrock der 80er Jahre zurückkehren, ist „Scars“ letztendlich zwar härter als die letzten Bluesscheiben, allerdings schlägt der irische Gitarrero einen für ihn neuen, aber bekannten Stil ein. „Scars“ steht im Schatten eines Mannes, der bereits vor über 30 Jahren starb: Jimi Hendrix! Mehr als alle anderen Tracks versprüht der Opener When The Sun Goes Down Hendrix-Feeling pur. Verantwortlich dafür ist die Gitarrenarbeit. Sie klingt rein, hart und freakig. Überhaupt steht die Gitarre eindeutig im Mittelpunkt des Albums. Dazu beigetragen hat die neue Bandkonstellation mit Cass Lewis (ex-Skunk Anansie) am Bass und Darrin Mooney (ex-Primal Scream) an den Drums. Diese Rhythmusfraktion sorgt für den treibenden Groove im Background und rückt Gesang und Gitarre ins Rampenlicht. Bis auf einige Gitarreneffekte, z.B. in Wasn´t Born in Chicago gibt es bei allen zehn Songs nur diese drei Instrumente (plus Gesang) zu hören. Das heißt z.B. auch, dass Hendrix-typische Soloeskapaden von Gary himself glasklar zu erkennen sind und nur Drum & Bass für den Rhythmus sorgen. Bei soviel Transparenz wird die Qualität der Lieder überdurchschnittlich wichtig! Und wer seine Ohren für diesen Sound geöffnet hat, erkennt wirklich geniale und vor allem abwechslungsreiche Songs. Um für soviel Abwechslung zu sorgen, zitiert Gary dann doch noch seine eigene Vergangenheit und fördert neben einigen Riff-Attacken vor allem sein ausgeprägtes Blues Feeling zu Tage. My Baby (She´s So Good To Me) ist einer der Blues Songs, während bei World Of Confusion und Ball And Chain wieder Jimi Hendrix Pate gestanden hat. Speziell Ball And Chain und Who Knows (What Tomorrow Will Bring) sind sehr interessante Songs, da die Band es schafft über die gesamten 10 bzw. 12 Minuten Länge das Interesse aufrecht zu erhalten. Verantwortlich für die durchaus vorhandene Härte von „Scars“ ist neben der glasklaren Produktion von Chris Tsangarides auch die Rückkehr von Gibson Liebhaber Moore an die Fender Stratocaster, die Mutter aller Rockgitarren.

Böse Zungen mögen behaupten, Gary Moore kopiert seit „Still Got The Blues“ (1990) nur noch seine Faves (zuerst Bluesgrößen wie B.B. King, jetzt Jimi Hendrix) und hat nichts eigenes mehr zu bieten. Ich gebe ihnen sogar zum Teil Recht. Aber kaum jemand außer Gary Moore schafft es, die Kopie mit so viel Feingefühl, Inbrunst und Leben zu füllen, um mit den Originalen Schritt zu halten.

„Scars“ ist nichts für Headbanger. Die Zeiten von „Victims Of The Future“ und „After The War“ sind vorbei. Es gibt genügend Platten von ihm in diesem Stil. Erst wer alle besitzt, darf nach mehr verlangen und bleibt doch unerhört. Love It Or Hate It!

Jens Koch

Spielzeit: 59:54 Min.

Line-Up:
Gary Moore (v./g.)

Cass Lewis (b./back.v.)

Darrin Mooney (d.)

Produziert von Chris Tsangarides und Gary Moore
Label: Sanctuary Records

Homepage: www.gary-moore.com

Tracklist:
1. When The Sun Goes Down

2. Rectify

3. Wasnt Born In Chicago

4. Stand Up

5. Just Cant Let You Go

6. My Baby (Shes So Good To Me)

7. World Of Confusion

8. Ball And Chain

9. World Keep Turnin Round

10. Who Knows (What Tomorrow May Bring)?

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